1244 - Traumwelt Terra
hier von einer ertrusischen Flotte empfangen werden sollen. Was, wenn sie die Annäherung der Ertruser als einen Akt der Feindseligkeit empfinden? Wie werden sie reagieren - im Bewußtsein ihrer Übermacht?
Und was werden die Ertruser tun, wenn ihnen der erste Schuß vor den Bug gesetzt wird?"
Mein Gott, einen klareren Akt von Aufpeitscherei habe ich noch nie erlebt, dachte Fredo.
Meysenhart dagegen fuhr nach kurzer Pause fort: „Sehen wir uns das Geschehen aus der Nähe an. Der erste Funkkontakt zwischen den beiden Flaggschiffen hat stattgefunden. Wie wird es weitergehen?"
Seine Stimme klang belegt, zitternd vor Spannung. Er wünscht sich, daß es zur Auseinandersetzung kommt, fuhr es Fredo durch den Sinn. Er will den Kampf - nur um seiner Sendung willen.
Fredo Gopher sah in diesem Augenblick dasselbe Bild, das auch Bontan Burian wahrnahm. Der grüne Fleck des ertrusischen Flaggschiffes bewegte sich auf das vorderste Fahrzeug der Mnaskiten zu. Ein paar Sekunden lang hielt Fredo den Atem an.
Dann meldete sich Krohn Meysenhart wieder. Er hörte sich entspannt, wenn auch ein wenig enttäuscht an.
„Gott sei Dank ist das Schlimmste vermieden worden. Ertruser und Mnaskiten tauschen die üblichen Formalitäten aus. Es gibt keinen Kampf. Die Vernunft hat gesiegt. Wir haben Sonden ausgefahren. Hört, ihr Medien-Freaks, was unser Translator aus dem Gespräch zwischen den beiden Kommandanten macht."
Es rauschte einen Augenblick lang, dann war die dröhnende Stimme eines Ertrusers zu hören.
„... Lionel Pradam. Im Namen der Völker der Milchstraße, im Namen der GAVÖK und nicht zuletzt im Namen meiner Heimatwelt, des Planeten Ertrus, heiße ich den Verband der Endlosen Armada im Kreit-System willkommen. Es wird uns eine Ehre sein, den Armadaverband nach Terra zu geleiten. Ihr müßt uns nur sagen, wann ihr aufbrechen wollt."
Ein paar Sekunden vergingen, bevor eine Antwort empfangen wurde. Sie lautete, aus dem mechanischen Mund des Translators: „Das Volk der Mnaskiten und achtzehnhundert Einheiten der Endlosen Armada danken für den freundlichen Empfang. Wir sind stolz darauf, daß uns eine solche Ehre widerfährt.
Unser Fahrplan sieht vor, daß wir binnen zwölf eurer Standardstunden die Fahrt fortsetzen und den Raumsektor Sol-Alpha Ce-Sirius anfliegen. Euer Geleit ist uns über alle Maßen willkommen..."
Fredo Gopher atmete auf. Das Unglück, das Krohn Meysenhart mit seinen suggestiven Phrasen hatte heraufbeschwören wollen, war nicht materialisiert. Die Begegnung verlief friedlich. Einer der letzten Armadaverbände stand kaum mehr als 6000 Lichtjahre von Terras Toren entfernt Plötzlich kam Fredo Gopher die Bedeutung des Augenblicks zum Bewußtsein. Anderthalb bis zwei Tage noch, gewiß nicht mehr als drei - und der ganze gewaltige Heerhaufe der Endlosen Armada würde in diesem Raumsektor erscheinen.
Annähernd eine Milliarde von Raumschiffen, die zwischen hier und Alpha Centauri, zwischen dort und dem Großen Hundsstern materialisieren würden. Er versuchte, sich vorzustellen, wie Millionen neuer Sterne plötzlich am Firmament erschienen - weitaus die meisten allerdings viel zu lichtschwach, als daß das menschliche Auge sie ohne Hilfe wahrnehmen könnte. Aber da waren ja noch die Medien, Reporter wie Krohn Meysenhart.
Sie würden schon dafür sorgen, daß die Menschheit das unvorstellbare Schauspiel zu sehen bekam - in den falschen Farben ihrer computergestützten Darstellung.
Die Begegnung zwischen Ertrusern und Mnaskiten verlief weiterhin friedlich, wenn nicht gar freundschaftlich. Fredo Gopher war drauf und dran, dem Telecommander mitzuteilen, daß er zu Bett zu gehen wünsche, da geschah das Unerwartete.
Er sah Blitze, die lautlos durch die Schwärze des Alls zuckten. Er sah feurige Bälle, die in weißblauer Glut leuchteten, sich aufblähten und wieder vergingen. Im ersten Augenblick glaubte er, Krohn Meysenharts makabre Prophezeiung hätte sich in letzter Sekunde doch noch erfüllt. Da bemerkte er seinen Irrtum. Was er sah, war keine Direktbeobachtung. Er erkannte es zuerst daran, daß das Bild nicht seinen gesamten Blickwinkel umfaßte.
Jenseits der Bildränder waren andere, merkwürdig vertraute Dinge: eine Teppichwand, ein Büchergestell, ein Gemälde...
Es dauerte eine Zeitlang, bis er begriff, was geschehen war. Er empfing die Sendung nicht mehr direkt, sondern durch die Vermittlung eines anderen Empfängers. Er verstand nicht, auf welche Weise ein solcher Effekt zustande kommen konnte.
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