1245 - Satansblut
benahm sich trotzdem nicht wie der Elefant im Porzellanladen, sondern schlich auf leisen Sohlen in Richtung Tür, denn durch das Fenster wollte er nicht steigen.
Ganz konnte er die Geräusche nicht vermeiden, was auch nicht tragisch war, denn der andere hörte ihn nicht. Er schreckte erst zusammen, als die Tür weiter aufgezogen wurde und tat etwas, womit Jorge nicht gerechnet hatte.
Er zog eine Waffe!
Der Schmuggler konnte nicht mehr zurück. Er ging noch einen Schritt nach vorn und hob automatisch die Hände.
»Komm näher!«
»Ja.«
Jorge war auf französisch angesprochen worden und hatte auch so geantwortet. Er ließ die Arme oben, als er weiterging und stoppte, als ihm der Mann den Befehl gab.
Der Fremde trug dunkle Winterkleidung. Die Mütze hatte er abgenommen, sodass sein blondes Haar zu sehen war. Auch in der Dunkelheit war er recht gut zu erkennen, und er machte auf Jorge einen sympathischen Eindruck, trotz der Waffe in seiner Hand.
Er ließ seine Arme sinken, was den Fremden nicht störte.
Dann sagte Jorge mit leiser Stimme: »Der Tote ist mein Bruder. Man hat ihm die Kehle durchgeschnitten, aber ich bin es nicht gewesen, das kann ich schwören. Ich war es nicht.«
»Wer dann?«
»Ich habe keine Ahnung, aber ich weiß, dass der Schweinehund noch in der Nähe ist.«
»Wie kommst du darauf? Hat dir das jemand gesagt?«
»Das habe ich gespürt, und ich glaube auch, ihn gesehen zu haben.«
Der Blonde verzog die Lippen, aber Jorge wusste nicht, ob er lächelte. Dann sagte der Mann: »Ich denke, dass es besser ist, wenn du mir alles von Beginn an erzählst und auch, weshalb ihr euch gerade hier oben herumgetrieben habt?«
»Unser Wagen ist verreckt. Wir wollten Ware über den Pass bringen. Die letzte Fuhre in diesem Jahr…«
»Schmuggelware?«
Jorge zuckte nur mit den Schultern.
»Rede weiter. Das interessiert mich nicht.«
Der Spanier atmete auf. Er hatte den Fremden also doch richtig eingeschätzt, und jetzt spürte er, wie groß das Vertrauen war, das er diesem Mann entgegenbrachte, obwohl er nicht mal dessen Namen kannte. Es sprudelte nur so aus ihm heraus, und der Mann hörte sehr genau zu, wobei er keine einzige Frage stellte, selbst dann nicht, als Jorge ihm das Erlebnis auf dem Dach schilderte.
»Das ist alles, was ich dir sagen kann. Und ich schwöre im Angesicht meines toten Bruders, dass ich nicht gelogen habe. Es entspricht alles der reinen Wahrheit.«
Der Blonde ließ sich Zeit mit der Antwort. Schließlich sagte er die beruhigenden Worte: »Ja, das denke ich mir.« Er steckte jetzt seine Waffe weg und fragte nach Jorges Namen. »Wie heißt du?«
»Jorge. Jorge Amado.«
»Spanier?«
»Si.«
»Gut, ich werde dir auch meinen Namen sagen. Ich heiße Godwin de Salier.« Der Blonde hatte seinen Namen mit einem bestimmten Unterton in der Stimme ausgesprochen, als warte er auf eine bewusste Reaktion seines Gegenübers, doch Jorge hob nur die Schultern, denn dieser Name sagte ihm nichts.
»Du hast noch nie von mir gehört?«
»Nein.«
»Das ist gut.«
Amado musste lachen. »Gut? Ich weiß nicht, ob das gut ist. Aber mich würde interessieren, weshalb du hierher gefahren bist. Die Gegend ist verdammt kalt und einsam.«
»Ich suche etwas.«
»Was oder wen?«
»Einen Mann«, erklärte de Salier, »oder auch mehrere. Ich weiß, dass es sie gibt. Dass sie ausgezogen sind, um ihre Freunde zu suchen. Es sind Mörder, die im Namen eines anderen killen.«
»Wer ist das?«
»Satan!«
Godwin de Salier hatte den Begriff einfach nur so über seine Lippen fließen lassen, aber Jorge hatte ihn verdammt gut verstanden. Er lachte nicht, was er bei jedem anderen getan hätte, doch in diesem Fall blieb er stumm und merkte auch, dass er weiche Knie bekam.
Niemals hätte er sich als abergläubig bezeichnet, aber hier sah das anders aus. Es konnte an der düsteren Umgebung liegen und zugleich an den zahlreichen Geschichten, die er schon als Junge gehört hatte. Denn oft genug hatte in diesen alten Bergsagen und Legenden der Teufel eine große Rolle gespielt.
Jetzt war er erneut damit konfrontiert worden, doch hier lagen die Dinge anders. Er war erwachsen, sein Gegenüber war es ebenfalls, und seine Stimme hatte verflucht ernst geklungen.
Wie bei jemandem, der an den Teufel glaubt.
»Du hast es gehört, Jorge?«
Der Schmuggler nickte.
»Dann kannst du davon ausgehen, dass einer dieser Satansdiener deinen Bruder getötet hat. Einer, der mit dem Blut der Hölle getauft worden ist.«
»Aber
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