1245 - Satansblut
wieso?« Jorge stand zitternd da. Er zweifelte nicht an den Worten seines neuen Verbündeten. Er nahm alles hin, und aus seinem Mund drang ein Stöhnen.
»Der Teufel hat einen langen Arm, Jorge. Aber manchmal ist er für ihn nicht lang genug. Dann will er ihn länger haben. Dann will er noch tiefer in das menschliche Geschehen eingreifen. Er kann nie genug Diener bekommen, er ist immer wieder auf der Suche nach neuen Vasallen. Das mal als Information.«
»Und warum bist du gekommen?«, fragte Jorge. »Was… was… willst du hier finden?«
De Salier zuckte die Achseln. »Es ist etwas kompliziert. Ich möchte an die Quelle heran. An die Quellen des Teufels, mein Freund. An die Blutquelle.«
»Wieso?«
»Ja, es gibt sie. Es gibt eine Quelle, aus der Blut sprudelt. Man sagt, dass es dem Teufel gehört und diese Quelle eine Verbindung zur Hölle hat. Es kann eine Sage sein, aber so recht glaube ich nicht daran. Und diese Quelle möchte ich finden, um sie zum Versiegen zu bringen. Das ist alles.«
»Soll sie denn hier oben sein?«
»Nein, aber man vermutet sie hier in der Nähe. Ich habe meine Informationen.«
»Ja, das glaube ich dir. Aber… aber…warum bist du dann überhaupt hier? Warum hast du nicht woanders gesucht. Ich kenne mich auf dieser Höhe aus. Hier gibt es keine Quellen. Erst recht keine, aus denen Blut fließt.«
»Das stimmt. Deine Frage ist auch berechtigt. Aber ich habe erfahren, dass sich die Bluttrinker hier oben des Öfteren getroffen haben. Es sind Menschen, die der Hölle sehr nahestehen, die an der Seite des Teufels ihr weiteres Leben fristen wollen. Die sich in seiner Nähe sicher fühlen und nie mehr von ihm lassen werden. Das alles kommt hier zusammen.«
Jorge sagte nichts. Er musste das Gehörte zunächst mal verarbeiten. Er begann zu zittern, und trotz der Kälte brach ihm der Schweiß aus allen Poren. Er war zudem wie vor den Kopf geschlagen, drehte sich aber sehr langsam um, weil er noch einen Blick auf seinen ermordeten Bruder werfen wollte.
»Er wurde getötet«, flüsterte er dabei. »Man brachte ihn brutal um. Gnadenlos. Kann man jetzt sagen, dass du den Mörder vielleicht kennst?«
»Es war einer von ihnen.«
»Verdammt!«, keuchte Jorge. Er merkte, dass Tränen in seine Augen stiegen. »Warum hat man ihn denn umgebracht? Er hat doch keinem etwas getan!«
»Sie bringen jeden um, der sie stört.«
Jorge Amado drehte sich wieder. »Aber mich nicht, verflucht. Mich haben sie am Leben gelassen. Warum?«, schrie er.
»Warum denn? Habe ich sie nicht gestört?«
Godwin de Salier blieb gelassen. »Du musst anders denken, mein Freund. Sie haben es versucht, oder nicht?«
»Weiß nicht…«
»Erinnere dich, als du auf dem Dach gewesen bist. Du hast mir davon berichtet…«
»Ja, verdammt, das habe ich. Aber… aber ich habe keinen gesehen, verstehst du?«
»Nicht?«
»Nein!«
»Denk nach.«
Das tat Jorge. Er holte sich das Erlebnis noch mal in die Erinnerung zurück. Wie er es auch drehte und wendete, er hatte keinen Angreifer direkt gesehen.
Und doch fiel ihm etwas ein, mit dem er auch nicht über dem Berg hielt. »Ja«, flüsterte er und nickte dabei. »Da ist etwas gewesen. Ich habe es mehr geahnt als gespürt. Es war kein direkter Angriff. Es hat sich auch in der Luft befunden.«
»Aha.«
»Wieso?«
»Du kannst und darfst sie nicht mit normalen Menschen gleichsetzen, Jorge. In ihnen steckt etwas anderes. Es mag die Kraft der Hölle sein, die dafür sorgt, dass sie den Menschen über sind. Sie können möglicherweise Dinge, von denen wir nur träumen. Und deshalb müssen wir verdammt auf der Hut sein.«
»Ich auch?«
»Natürlich.«
»Aber ich will es nicht…«
Jorge lächelte. »Dann hättest du zuvor fliehen müssen. Jetzt ist es zu spät. Ich glaube nämlich nicht, dass sie dich gehen lassen werden. Sie sind einfach zu sehr aufgeschreckt worden. Ich glaube, dass du ihnen die Pläne zerstört hast.«
»Welche denn?«
»Die sie mit mir gehabt haben. Ich bin ihr Feind. Sie wollen mich töten und umgekehrt wird ebenfalls ein Schuh daraus. Darauf musst du dich einstellen.«
Jorge sagte nichts. Er schaute sein Gegenüber nur an. Er richtete den Blick in dessen Gesicht und versuchte darin zu lesen. Mein Gott, die alten Leute mit ihrer Lebenserfahrung konnten so etwas, aber ihm fehlte sie. So verließ er sich auf den offenen Blick des Mannes, in dem keine Hinterlist zu lesen war, und trotzdem fühlte sich Jorge irgendwie so klein und gedemütigt.
»Tut mir
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