1246 - Die Opfergrotte
zugeworfen bekommen. Auch seinen Weg verfolgte Godwin, und er sah, dass alles so geschah, wie er es sich vorgestellt hatte.
Die Klappe schwang hoch, und Jorge blieb wie ein Wächter daneben stehen.
»Jetzt gehen wir!«
Utrac machte keine Schwierigkeiten. Er hatte erkannt, dass es für ihn keine Chance zur Umkehr gab, und so wartete er auf bessere Zeiten. Auch de Salier war nicht dumm. Er wusste, dass sie noch nicht gewonnen hatten, auch wenn drei Tote hier oben in der Station zurückblieben. Er wunderte sich auch darüber, wie schnell er die Antworten bekommen hatte. Trotz der Niederlage musste Utrac sich seiner Sache sehr sicher sein.
Das würde Godwin nicht vergessen.
Am Heck des Wagens blieben sie stehen. De Salier gab Jorge die nächste Anweisung.
»Du findest dort einen Strick. Er ist sehr dünn und besteht aus Nylon.«
»Den habe ich schon gesehen.«
»Gut. Gib ihn mir.«
Jorge hielt die Maschinenpistole noch immer fest. Er bekam die Anweisung, Utrac zu bewachen und auf keinen Fall aus den Augen zu lassen. »Schieß sofort, sollte er sich…«
»Ja, ich weiß Bescheid.«
De Salier fesselte den Mann, der alles widerstandslos über sich ergehen ließ. Die Hände und Füße wurden so verschnürt, dass sich Utrac nicht mehr aus freien Stücken bewegte. Er musste schon zum Wagen hintransportiert werden.
De Salier schleifte ihn durch den Schnee. Er öffnete eine Fondtür und stopfte den Gefesselten in den Wagen. Halb sitzend, halb liegend ließ er ihn dort zurück.
»Wo geht es denn hin?«, fragte Jorge, der ihm gefolgt war.
»Das wird er uns sagen.«
»Na ja. Aber wer soll fahren?«
»Du!«
»Was?« Jorge bekam den Mund kaum noch zu.
»Ja, du kennst dich aus.«
»Ich weiß nicht, wo diese Blutquelle liegt und…«
»Das wird er uns sagen, keine Angst.«
Der Schmuggler holte tief Luft. »Wenn du meinst.«
»Ich glaube auch nicht, dass sie unbedingt so weit von hier entfernt liegt. Die Vier sind zu Fuß gekommen. Jedenfalls habe ich kein zweites Fahrzeug gesehen.«
Jorge ließ seinen Blick über die eingeschneite Umgebung schweifen und zuckte mit den Schultern. »Ein toller Anblick. Ich kann mich gar nicht daran satt sehen. Ich liebe die Berge. Egal, ob es nun Sommer oder Winter ist. Aber von einer Blutquelle habe ich noch nichts gehört, obwohl ich mich hier auskenne.«
»Wir werden sie finden.«
Jorge hielt den Templer noch zurück und zog ihn so herum, dass de Salier ihn anschauen musste. »Ich möchte deine ehrliche Meinung wissen, Godwin.«
»Bitte?«
»Hast du Angst? Hast du Angst vor dieser Fahrt und vor dem, was noch folgen könnte?«
»Ich will dir eine ehrliche Antwort geben. Ja, ich habe Angst davor. Und ich sage dir ehrlich, dass es die Hölle sein kann, mein Freund. Die wahre Hölle.«
»Und du fährst trotzdem?«
»Ich muss es. Es ist so etwas wie meine Bestimmung. Aber darüber können wir vielleicht später mal reden. Ich will auch nicht, dass du mich bis an die Quelle begleitest. Du kannst mich dort oder in der Nähe zurücklassen und deinen Weg gehen.«
Jorge schüttelte langsam den Kopf. »Nein, Godwin, das werde ich auf keinen Fall tun.«
»Warum nicht?«
»Erstens denke ich an diejenigen, die meinen Bruder umgebracht haben. Es hat mich eine verdammte Beherrschung gekostet, diesen Hundesohn nicht mit Kugeln zu füllen. Weißt du, ob nicht er der Mörder meines Bruders ist? Weißt du das?«
»Nein.«
»Eben. Und genau das ist mein Motiv.«
»Du hast noch von einem zweiten gesprochen, Jorge.«
»Ja, ich weiß. Das zweite Motiv ist ebenso leicht zu begreifen. Noch vor einem Tag ist mein Bruder Sandro mein Partner gewesen. Jetzt habe ich in dir einen neuen gefunden. Und ich bin es so gewohnt, dass man seinen Partner nicht im Stich lässt. Würde ich das tun, würde ich mir wie ein Verräter vorkommen. So sieht es aus, und deshalb bleibe ich bei dir.«
»Danke«, sagte der Templer. »Ich danke dir, und ich kann dir versprechen, dass ich dich auch als Partner betrachte.«
»Zwei Partner für die Hölle!«
»Irrtum, Jorge! Zwei Partner gegen die Hölle!«
»Hört sich an wie ein Filmtitel.«
»Stimmt. Nur ist das leider keiner.«
Die Männer stiegen ein. Jorge übernahm das Steuer. De Salier setzte sich neben Utrac in den Fond.
Der Satansdiener schaute gegen die Decke. Auf seinem Mund lag das Lächeln wie eingekerbt, und de Salier wusste, dass dieser Mann noch längst nicht aufgegeben hatte…
***
Sie kamen recht gut weg. Die Reifen drehten nicht durch und
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