1247 - Die Druiden-Maske
Rätsel aufgab.
Wir hörten ein leises Schnacken.
Beim nächsten Sarg erklang das gleiche Geräusch. Hellas Gesicht blieb dabei bewegungslos. Wir erkannten nicht, welche Gefühle sie beherrschten. Unberührt blieb sie bestimmt nicht davon.
Sie richtete sich wieder auf. Das Licht im Wagen war nicht das beste. Dennoch erkannten wir, dass sie blass geworden war.
»Bitte«, sagte sie mit spröder Stimme. »Wenn Sie wollen, können Sie die Deckel abheben.«
Auf nichts anderes hatten wir gewartet. Suko schaute mich an, ich ihn. »Na denn…«, sagte mein Freund und bückte sich noch vor mir.
Wir fassten die beiden oberen Sarghälften in der Mitte an. Im Abheben dieser und ähnlicher Deckel hatten wir unsere Erfahrungen sammeln können und wir wussten beide, dass die Dinger alles andere als leicht waren.
In diesem Fall allerdings kamen sie uns noch schwerer vor.
Wir mussten uns verdammt anstrengen, um die beiden Oberteile in die Höhe zu wuchten und drehten uns zusammen mit ihnen weg, ohne zuvor einen Blick in die Särge geworfen zu haben.
Das taten wir, als wir die Deckel hochkant gegen die Waggonwand gelehnt hatten.
Wir schauten hinein - und erstarrten!
***
In den Särgen lagen zwei Skelette!
Da täuschte uns auch das schwache Licht nicht. Was wir sahen, das sahen wir. Skelette, die nicht normal aussahen, denn schon beim ersten Blick war zu erkennen, dass es sich nicht um menschliche handelte. Sie waren einfach zu klein, und ihre Knochen schimmerten auch nicht bleich oder blass, sondern in einer blassen grünlichen Farbe, was uns nicht weiter überraschte, denn das Paradies der Druiden wurde eben durch diese Farbe bestimmt.
Aber es gab in Aibon zwei Seiten. Eine »normale«, in der sich Elfen, Feen und andere Märchengestalten wohl fühlten, und eine zweite, die von einem brutalen Herrscher regiert wurde. Von dem grausamen Druidenfürsten Guywano, der darauf aus war, das gesamte Land unter seine Kontrolle zu bekommen, was ihm bisher noch nicht gelungen war. Aber er gab trotzdem nicht auf.
Die relativ kleinen Skelette lagen unbeweglich vor uns. Wir bekamen die Gelegenheit, sie uns genauer anzuschauen, denn beide hatten wir unsere Leuchten hervorgeholt und strahlten sie an. Das Licht wanderte von den Füßen bis hoch zu den Köpfen und zugleich machten wir eine bestimmte Entdeckung.
Die Überreste konnten nicht von Menschen stammen. Der Knochenbau war einfach zu dünn und auch zu feingliedrig.
Wessen Fleisch hier verwest war, der hatte nicht zur Spezies Mensch gehört, sondern zu einer anderen Gruppe von Lebewesen.
Ich bemerkte, dass Suko seinen Kopf drehte und schaute ihn ebenfalls an.
»Menschen, John?«
»Nein.«
»Was dann?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Du kannst es dir aussuchen, mein Freund. Wenn ich mir den Knochenbau so betrachte, dann kommt mir in den Sinn, dass es sich auch um Elfen handeln könnte.«
»Haben Elfen Knochen?«
Gute Frage, die ich aus dem Stegreif auch nicht beantworten konnte. Es war möglich, doch wenn ich mir die feingliedrigen Wesen vorstellte, die uns im Paradies der Druiden ja begegnet waren, dann stimmte die Rechnung irgendwie nicht. Dann kam noch etwas anderes hinzu, eben dieses filigrane Knochengerüst, das wir bei diesen oft durchscheinenden Gestalten nicht gesehen hatten.
Wir selbst mussten uns die Antwort schuldig bleiben, aber vielleicht konnte uns Hella Fontaine weiterhelfen, die wir gemeinsam anschauten und die sich nicht vom Fleck gerührt hatte.
»Wer ist das?«, fragte ich leise und der uns umgebenden Stille angemessen.
Auf einmal konnte sie wieder lächeln. »Warum fragen Sie mich das? Wenn Sie Aibon kennen, dann mussten Sie es wissen.«
»Wir kennen nicht alles«, erwiderte Suko, »aber wir glauben nicht, dass es sich um Elfen oder Feen handelt.«
»Nicht um Feen?« Sie legte den Kopf schief und lächelte.
»Dann muss ich mich berichtigen. Sie scheinen doch nicht so viel zu wissen. Es sind nämlich Feen.«
»Tote also?«
Sie hob die Schultern. »Was immer Sie sagen, Inspektor. Oft ist es nicht so, wie es aussieht. Was tot ist, das muss nicht immer tot sein.« Mehr sagte sie nicht.
Ich deutete auf einen der offenen Särge. »Sie haben die beiden Skelette nicht grundlos mitgenommen, nehme ich an.«
»Das ist wahr.«
»Was hatten Sie damit vor?«
»Ich wollte sie nach Limoux bringen.«
Allmählich dünnte der Faden meiner Geduld aus. Sie stand da, sie wusste Bescheid, aber ihre Antworten waren so geha lten, dass sie alles und nichts
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