1247 - Die Druiden-Maske
er nicht.«
»Dann ist ja alles klar.«
»Ich übernehme das«, bot sich Suko an. »Schau du dich mal draußen um, ob sich da was verändert hat.«
Es war ein guter Vorschlag, den ich augenblicklich in die Tat umsetzte. Ich trat bis an die Tür heran. Weiter zu öffnen brauchte ich sie nicht, und so streckte ich meinen Kopf nach draußen und merkte erst jetzt, welch eine tolle Luft hier herrschte. So rein, wie ich sie selten eingeatmet hatte.
Ich sprang in den Schnee, der mir bis zu den Schienbeinen reichte und sah, dass sich die mächtigen Wolken verzogen hatten. Der Himmel schimmerte in einem hellen Blau. Sogar der Ball einer tief stehenden Sonne malte sich wie ein großes rundes Auge am westlichen Horizont ab. Dort übergoss er die Schneefläche mit einem leicht blutigen Schein, der sich immer mehr zurückziehen würde, weil die Sonne auch verschwand.
Vor mir sah ich die lange Zugschlange. Noch immer standen einige Re isende neben den Waggons und diskutierten. Die meisten allerdings hatten sich zurück in die Abteile verzogen und warteten darauf, dass etwas passierte.
Von der Stadt sah ich noch nichts, auch wenn die Luft so klar war. Ich vergaß für den Moment alle Sorgen und hatte den Eindruck, inmitten eines Wintermärchens zu stehen. Es war ein wirklicher Genuss, die klare Luft einzuatmen.
Wege oder Straßen waren nicht zu erkennen. Ich wusste nur, aus welcher Richtung das Fuhrwerk kommen musste. So sehr ich auch Ausschau hielt, es war nichts zu sehen.
Auch der Mann, der den Waggon hier geöffnet hatte, ließ sich nicht blicken. Wahrscheinlich würde er auch nicht mehr kommen und Hella Fontaine alles Weitere überlassen.
Aus dem Wagen hinter mir hörte ich die Stimme der Frau.
Allerdings sprach Hella Fontaine nicht mit Suko, denn er gab keine Antwort. Ich glaubte nicht, dass sie Selbstgespräche führte und wollte wissen, was dort geschah.
Sehr schnell stieg ich wieder in den Waggon ein. Suko sagte tatsächlich nichts. Er hatte die Särge inzwischen wieder geschlossen und schaute mich an.
Hella Fontaine telefonierte. Sie sprach in ihr Handy, und wenn ich sie so betrachtete, sah sie nicht eben unglücklich aus.
»Wie läuft's?«, fragte ich Suko.
»Sie redet mit Blainaut.«
»Aha.«
Hella sprach sehr schnell. Wir mussten uns schon konzentrieren, um sie zu verstehen, doch das war nicht mehr nötig, denn sie klappte das obere Handydrittel nach vorn und steckte den Apparat wieder ein.
»Erfolg gehabt?«, fragte ich.
»Ja, Monsieur Sinclair, das habe ich tatsächlich. Ich kann mich auf meine Leute verlassen.«
»Dann kommt ihr Transporteur.«
Sie stemmte die Fäuste in die Hüften und nickte. »Er befindet sich bereits auf dem Weg. Manchmal sind zwei Pferdestärken besser als zweihundert.«
»Stimmt.«
»Dann werden wir warten müssen!«
Es ging ihr wieder besser, das hatte ich am Klang ihrer Stimme gehört, und ich sah auch, dass sie tief durchatmete, als wollte sie sich beruhigen. Sie hatte die Situation im Griff, aber ich war nach wie vor auf der Hut.
Ich wusste viel zu wenig über sie. So wenig, dass ich ihr nicht über den Weg traute. Sie wollte unbedingt an die Maske heran.
Um dieses Ziel zu erreichen, würde sie auch über Leichen gehen. So und nicht anders schätzte ich sie ein…
***
Es war eine knappe halbe Stunde seit dem letzten Telefongespräch vergangen, als Hella Fontaine ihr angerauchtes Zigarillo durch die offene Tür nach draußen in den Schnee warf. Sie hatte in der Zwischenzeit zwei dieser kleinen Torpedos geraucht, wenig gesprochen und sich so gegeben wie jemand, der tief in Gedanken versunken ist. Sie hatte zu Boden geschaut, geraucht und sich um uns nicht gekümmert.
Abwechselnd waren Suko und ich ins Freie gestiegen, um Ausschau zu halten.
Es gab keine Veränderung am Zug. Die Wagenschlange stand noch immer auf der Stelle. Von Limoux her war die versprochene Hilfe noch nicht eingetroffen. Zwischendurch waren die Reisenden immer wieder vertröstet worden. Einige von ihnen hatten sich darauf nicht mehr verlassen, und waren zu Fuß durch den hohen Schnee in Richtung Stadt gestapft. Sie würden sich allein durchschlagen.
Genau das hätten Suko und ich auch getan. So aber warteten wir auf die versprochene Hilfe.
Hella Fontaine war an der offenen Tür stehen geblieben.
Allerdings nicht, um die prächtige Winterlandschaft zu beobachten, sondern um Ausschau nach unserem Helfer zu halten. Mittlerweile war es dunkler geworden. Erste Schatten hatten sich über die weiße
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