1251 - Die Heilige und die Hure
richtig anzulegen.
Julie und ich brauchten uns erst gar nicht abzusprechen. Wir wussten beide, was zu tun war.
Weg!
Nicht weit von uns entfernt verbreiterte sich die schmale Straße. Dort lief auch wieder der Verkehr normal. Ich sah auch einen Platz, von dem einige Straßen abzweigten.
»Dahin!«, rief Julie nur, und wir beide rannten los, als wäre der Leibhaftige hinter uns her.
Es war zwar nicht meine Sache, vor den Gegnern zu fliehen, in diesem Fall allerdings blieb uns nichts anderes übrig…
***
Zwei kamen durch!
So hätte man unsere nächste Aktion beschreiben können. Jedenfalls waren wir in eine der zahlreichen Gassen eingetaucht, die vom Platz wegführten. Auf einem Hof und versteckt zwischen zwei Lastwagen, blieben wir stehen und kamen etwas zur Ruhe.
Zwischen den hohen Lastwagen standen wir geschützt. Julie konnte sogar wieder lachen, es klang allerdings nicht sehr überzeugend. Eher wütend. »Woher, verdammt noch mal, haben die gewusst, wo sie uns finden können? Oder glaubst du an einen Zufall, John?«
»An diesen nicht.«
»Richtig. Ich auch nicht. Wie haben sie es geschafft? Wir hatten doch gedacht, dass wir sie abgehängt hätten, aber plötzlich waren sie da. Wie Grachten-Teufel.«
»Ich kann es dir nicht sagen, Julie. Aber an einen Zufall glaube ich auch nicht.«
»Wie dann? Intuition?«
»Kann sein, Julie. Ich möchte mich nur nicht festlegen, verstehst du? Wir sind zunächst entkommen und können uns die weiteren Schritte überlegen.«
Sie wollte beim Thema bleiben. »Ich glaube daran, dass es mit mir zu tun hat, John. Ja, es liegt an mir, dass sie uns finden. Was da genau passiert ist, kann ich dir nicht sagen, auch nicht wie, aber ich bin für sie so etwas wie ein Sender, den sie aufgespürt haben. Ist egal, wohin wir uns wenden, sie werden uns immer finden. Und weil dies an mir liegt, bin ich eine Last für dich.«
»Quatsch, Julie, du redest Unsinn.«
»Nein, rede ich nicht. Das weiß ich genau. Irgendetwas habe ich an mir, dass ich sie auf meine Fersen locke. Und wenn es die Wiedergeburt der Maria Magdalena ist. Klar, das kann es sein. Sie wissen genau Bescheid, was mit mir los ist. Sie haben Maria Magdalena schon immer gejagt. Sie wollten was von ihr und…«
»Sie haben sie damals verehrt, Julie.«
»Ja, damals. Sind die Templer nicht auseinander gebrochen? Gingen sie nicht verschiedene Wege?«
»Das war später.«
Sie runzelte die Stirn. »Du findest wohl immer für alles eine Ausrede, John.«
»Nein, das nicht. Ich beschäftige mich nur mit den Realitäten und versuche, den Überblick zu behalten. Die Wahrheit ist, dass wir hier nicht bleiben können. Wie hieß noch mal deine erwähnte Freundin?«
»Sylvia Servais.«
»Ruf sie an!«
Julie zögerte noch. Sie zweifelte, das war ihr anzusehen. »Verflixt, ich weiß nicht, ob das unbedingt gut ist, John. Ich möchte sie nicht in unsere Probleme hineinreißen.«
»Hast du eine bessere Idee?«
»Bis jetzt nicht.«
»Das ist genau der Punkt. Wir brauchen einen Ort, an dem wir Ruhe haben. Es geht nicht an, dass ich versuche, dich hier zu hypnotisieren, Julie. Dazu brauchen wir Ruhe.«
»Dann willst du es also versuchen?«
»Warum nicht?«
Sie holte ihr Handy hervor.
Ich ließ Julie Ritter stehen und ging ein paar Schritte nach vorn. Die Lastwagen rahmten mich nicht mehr ein, aber besonders frei war die Sicht auch nicht. Die Rückseiten der alten Häuser rahmten den Hof ein. Manche sahen krumm und schief aus und schienen nur deshalb nicht zusammengefallen zu sein, weil sie vom Druck der anderen Bauten gehalten wurden. Auf dem Hof standen noch andere Lastwagen. Sie hatten ebenso Pause wie ihre Fahrer.
Ich richtete meinen Blick auf die Einfahrt, durch die wir gekommen waren. Dahinter tat sich nichts.
Es lief der normale Verkehr ab. Es gab keine Männer, die Hunde bei sich führten, um uns zu jagen.
Julie hatte Recht. Wie war es den Verfolgern möglich gewesen, uns zu finden? Die Polizei hatten wir abschütteln können, die Templer nicht. Lag es wirklich an Julie? Hatte sie etwas an sich, das die Baphomet-Templer auf ihre Spur brachte?
Darauf hätte ich gern die Antworten gewusst, aber es war niemand da, der sie mir hätte geben können. Selbst der geheimnisvolle Absalom nicht, der überhaupt erst alles in Bewegung gebracht hatte.
Er war gekommen, hatte mich in das kalte Wasser geworfen und war wieder verschwunden, ohne einen rettenden Balken zu hinterlassen.
Irgendwie fühlte ich mich von ihm im Stich
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