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1255 - Böser schöner Engel

1255 - Böser schöner Engel

Titel: 1255 - Böser schöner Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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entlang - und wunderte sich. Die Haut war längst nicht mehr so heiß wie noch vor Stunden. Und auch nicht so kalt, wie sie es schon bei Jamina erlebt hatte, denn die Zustände wechselten bei ihr ständig ab.
    Die Finger rutschten hinab bis zu den blassen Lippen, und auch nach der Berührung war Svetlana zufrieden. Keine Kälte auf den Lippen, kein leichtes Zucken mehr, sie waren wieder normal geworden, und zum ersten Mal durchströmte die Frau ein gutes Gefühl.
    »Was fühlst du?«, fragte die Ärztin.
    »So etwas wie ein Wunder.« Ein heftiger Atemzug folgte. Dann die Frage: »Ist sie wirklich gesund?«
    »Ja, ja, ich denke es. Sie ist gesund.«
    »Sie muss einfach gesund sein, verstehst du?«
    »Ja, das glaube ich auch.«
    »Es ist herrlich, sie so zu sehen. Ich… ich… kann es kaum fassen. Sie fühlt sich an wie immer. Ich glaube, es ist geschafft. Jetzt schläft sie. Davon bin ich überzeugt.«
    Eine Hand legte sich auf die Schulter der jungen Witwe. »Dann ist ja alles in Ordnung«, sagte die Ärztin, »und du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Es hat also geholfen, dass wir die Heilerin geholt haben. Es war genau das Richtige.«
    Svetlana wollte durch ein Nicken zustimmen. Aber sie schaffte es nicht. Es blieb im Ansatz stecken, denn es fiel ihr schwer, mit dieser unnormalen Normalität zurechtzukommen.
    Sie hatte ja nichts gegen die Menschen mit den heilenden Händen, aber sie hatte etwas gegen diejenigen, die mit ihren Händen heilten und sich dann auflösten. Damit hatte sie ihre großen Probleme, und da gab es auch keine Erklärung dafür.
    Die alte Ärztin übernahm wieder das Wort. »Ich denke, es ist besser, wenn wir uns zurückziehen und deine Tochter in Ruhe lassen. Ich habe auch noch zu tun, und bei mir drängt etwas die Zeit. Wir sollten die nächsten Stunden abwarten. Du kannst mich ja telefonisch erreichen, wenn sich bei Jamina etwas verändert.«
    Es war ein recht vernünftiger Vorschlag, doch die Mutter konnte sich damit nicht anfreunden. »Ich weiß nicht«, sagte sie mit leiser Stimme, »ob das richtig ist.«
    »Wieso?«
    »Sie jetzt allein zu lassen.«
    »Aber ihr tut niemand etwas.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher, denn ich weiß nicht, was mit Tamara los ist. Ob der Geist noch in ihr steckt oder nicht, das ist mir gar nicht klar. Ich will aber wissen, was passiert ist. Du hast Recht, wenn du sagst, dass es Jamina wieder besser geht, aber warum geht es ihr besser? Weil etwas… etwas…«, sie suchte nach den richtigen Worten, »weil etwas anderes in ihr steckt?«
    »Hm.« Die Ärztin legte ihr Gesicht in noch tiefere Falten. »Das ist so gewesen.«
    »Eben.«
    »Aber es muss nicht so geblieben sein, denke ich.«
    Svetlana schaute überrascht zu ihr hoch. »Was meinst du damit?«
    »Bitte, ich weiß es nicht genau, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass der Geist den Körper bereits wieder verlassen hat, ohne dass wir es bemerkt haben.«
    Svetlana Tomkin staunte zunächst mal. »Das… das… sagst du doch nur einfach so - oder?«
    »Nein, das ist meine Meinung. Ich kann zwar nichts beschwören, aber so denke ich.«
    »Da sind wir wohl anders gepolt. Ich muss immer an diesen Geist denken. Überhaupt an sie. Ich denke auch an die Gegenstände auf ihrem Rücken. Sie waren dunkel, sie waren kantig, und ich dachte, dass es Fächer sind, die man ausfahren muss. Aber es kam mir auch ein anderer Gedanke. Da fielen mir die Flügel ein. Man sagt ja, dass Engel Flügel haben. Du verstehst, nicht wahr?«
    »Ja, das ist schon klar.«
    »Eben. Und deshalb gehe ich davon aus, dass wir es unter Umständen bei Tamara nicht mit einem normalen Menschen zu tun haben, sondern mit einem Engel.«
    Die Ärztin sagte zunächst nichts. Sie versuchte es dann mit einem Lächeln und nickte dabei. »Das ist gar nicht mal so schlecht gedacht«, gab sie zu. »Wenn wir den Faden weiterspinnen, dann kommen wir zu dem Schluss, dass uns der Himmel einen Engel geschickt hat, damit er den Menschen Gutes tut.«
    »So könnte man es auch sagen.«
    »Aber du glaubst nicht daran?«
    »Genau, ich glaube nicht daran. Das ist für mich kein Engel gewesen. Oder ein Engel in anderer Form. Ich halte ihn für gefährlich. Er geht seinen eigenen Weg und macht mit den Menschen, was er will. Und genau davor habe ich Angst, denn es geht auch um meine Tochter. Ich weiß jetzt nicht mehr, was aus ihr geworden ist. Sie fühlt sich so gut an. Aber ob sie ein Mensch ist, kann ich nicht sagen. Ich meine, ein normaler Mensch. Oder der

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