1262 - Die Sauger
schießen!«
Suko hatte sich längst von dem Gedanken befreit, hier einen normalen Menschen vor sich zu haben.
Auch wenn Justine perfekt aussah, sie war eine Bestie, und ihr Biss war absolut vernichtend.
Suko senkte den Lauf ein wenig. Er sagte jetzt nichts mehr. Dann schoss er!
Der Knall zerriss die Stille. Es war wie ein peitschender, heller Donnerschlag. Suko hatte beim Schuss nicht gezuckt und sich um keinen Millimeter von der Stelle bewegt.
Dafür Justine!
Plötzlich wurde sie zum Schatten, kaum dass Suko abgedrückt hatte. Es war unwahrscheinlich. Ihre Reaktion bestand nur aus einem Huschen.
Die Kugel verfehlte sie, und Suko senkte die Arme, um die Blutsaugerin mit dem Waffenlauf zu verfolgen. Er fühlte sich noch immer wie auf dem Schießstand stehend. Der Kampf war eröffnet worden, und er würde auf keinen Fall aufgeben.
Zu einem weiteren Schuss kam er nicht mehr, denn der Angriff von hinten erwischte ihn völlig überraschend.
Er spürte noch den Luftzug, dann jagte eine Gestalt gegen ihn, die sich in der Luft befunden hatte und der es möglich gewesen war, lautlos an ihn heranzukommen.
Der Aufprall fegte ihn nach vorn. Es war einfach zu schnell gegangen, Suko hatte nicht mehr reagieren können, und im nächsten Moment war der Sauger über ihm. Seine Krallen hatten sich in der Kleidung an seinem Rücken verhakt. Nahe seiner Ohren hörte er die fauchenden Laute, und etwas drückte sich in sein Haar hinein, drang hindurch und zwei oder mehrere Zahnspitzen ratschten über seine Kopfhaut hinweg, um dort blutige Streifen zu hinterlassen.
Suko hielt sich noch auf den Beinen, obwohl er nach vorn geschleudert worden war. Er tappte tiefer in die Halle hinein und suchte nach einer Möglichkeit den Sauger loszuwerden, bevor der seine Zähne in den Hals geschlagen hatte.
Justine Cavallo war in dieser Zeit vergessen. Er wusste, dass es ein Fehler war, aber er konnte dagegen nichts tun. Verzweifelt versuchte er, die hässliche Bestie von seinem Rücken loszuwerden, was ihm durch normale Bewegungen nicht gelang. Da konnte er sich noch so oft schütteln und drehen, es war nicht mehr möglich.
Nur eine Chance bestand noch.
Er riss den rechten Arm in die Höhe. Er drehte seine Hand. Es sah aus, als würde er auf sich selbst zielen, doch als er den leichten Widerstand des Körpers hinter ihm an der Mündung spürte, da wusste er, dass er es geschafft hatte.
Suko drückte ab.
Der Knall peitschte auch in seine Ohren hinein, aber das war ihm jetzt egal. Er musste den Sauger vernichten, und wo die Bestie durch das geweihte Silber getroffen wurde, das spielte keine Rolle.
Suko hatte getroffen. Er hörte es an dem kurzen und schrillen Schrei, der in das Schussecho hineindrang. Noch immer befand er sich in Bewegung. Er hatte sich geduckt. Er taumelte nach vorn, er drehte sich dabei, schwankte mal nach rechts, dann wieder nach links, richtete sich auf und schüttelte seinen Körper durch.
Auf seinem Rücken hing die Gestalt fest. Sie tobte. Sie merkte, dass ihr Dasein vorbei war. Sie drehte sich, sie schlug mit den Schwingen um sich, aber sie wurde schwächer.
Das geweihte Silber hatte seine Pflicht getan, und Suko merkte, wie sich der Griff der beiden Krallen lockerte.
Mit dem linken Fuß stemmte er sich ab und drehte sich dann wuchtig nach rechts.
Dieser Schwung reichte aus. Die Fliehkraft schleuderte die Bestie vom Rücken weg. Er sah sie durch die Luft fliegen, dann prallte sie gegen den Boden, und für einen Moment konnte er in ihr Gesicht schauen, das sich bereits aufzulösen begann. Am Maul rieselte das nach unten, was mal eine Haut gewesen war. Jetzt waren es nur noch weiche Fetzen, mehr Staub als Haut.
Auch die Schwingen waren eingerissen. Sie wirkten wie durchlöcherte Fahnen. Um den Sauger brauchte sich Suko nicht zu kümmern, da gab es jemanden, der wichtiger war.
Und dieser Jemand war plötzlich bei ihm. Wie ein Schatten war Justine Cavallo da, und Suko sah, wie sie mit einer drehenden Bewegung zur Seite huschte und dann mit dem Ellbogen zuschlug.
Sie traf genau, wo sie wollte.
Suko hatte für einen Moment das Gefühl, dass sein rechter Arm abgerissen worden war. Er konnte auch die Waffe nicht mehr halten. Sie rutschte ihm aus der tauben Hand, und er musste mit ansehen, wie sie vor seinen Füßen landete, aber er kickte sie in einer Reflexbewegung einige Meter in die Halle hinein.
Das kalte und schöne Gesicht der Justine Cavallo befand sich dicht vor ihm, es zeigte jetzt nur noch den Hass, den
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