1265 - Die heilende Gottin

er war ihr zu ähnlich, um ihr mit seinen Kräften schaden zu können. Ihr Unterbewußtsein sorgte dafür, daß es bei ihr nicht zu unkontrollierten Zellwucherungen kommen konnte.
    Zelle für Zelle durchleuchtete sie das fremde Wesen aus der sicheren Distanz ihres Virenschiffes heraus mit der OUD-Einrichtung. Sie hoffte, irgendwann auf einen gesunden Zellstamm zu stoßen.
    Diese Arbeit war zeitraubend und erforderte höchste Konzentration. Sie kam dennoch schneller voran, als wenn sie nur ihre Para-Fähigkeiten eingesetzt hätte.
    Am vierten Tag hatte sie Erfolg. Sie entdeckte eine Zellgruppe, die für ihren Plan geeignet war, weil sie nicht die geringste pathologische Veränderung zeigte. Sie war tief eingebettet in krankhaft verändertem Zellgewebe und stand kurz vor dem Zusammenbruch. Wenn dieser erfolgte, war nichts mehr zu retten, und ihr blieb nichts anderes übrig, als Kido zu töten, denn dann hatte er sich in ein Ungeheuer verwandelt, das allein durch seine Anwesenheit auf diesem Planeten alles organische Leben verseuchte und das die Maghalaer in wenigen Monaten ausgerottet haben würde.
    Sie regte die Zellgruppe mit Hilfe ihrer Metabio-Fähigkeit zur Teilung und somit zum Wachstum an, um ihre Position gegenüber dem kranken Gewebe zu verstärken. Danach schnitt sie mit einem Laserstrahl die Hülle des Wracks auf. Große Teile des Kidokörpers quollen heraus. Es waren verseuchte Teile, die sie mit Desintegratprstrahlen schichtweise abtrug. Weitere Teile drängten aus dem Wrack heraus, so daß Irmina sich langsam an das gesunde Gewebe herantasten konnte.
    Schließlich gelang es ihr, dieses mit einem energetischen Feld zu isolieren und mit einem Traktorfeld herauszuheben. Danach holte sie das gesunde Zellgewebe zu sich ins Virenschiff und vernichtete das Wrack mit allem, was darin war. Danach existierte der Kido, den Ksoundoksä gekannt und angebetet hatte, nicht mehr.
    Doch der wahre Kido war nicht tot.
    Er existierte noch immer in Form einer Zellgruppe, die alle Information über ihn enthielt. Diese Zellen regte die Mutantin nun weiterhin zur Zellteilung an.
    Wiederum vergingen mehrere Tage, dann war aus der Zellgruppe ein Wesen entstanden, das etwa einen Meter groß war und das Stalkers Animateur Skorsh verblüffend ähnlich war. Es hatte einen knöchernen Schädel mit schräg stehenden Augenwülsten, schrägen Augen, einem Vförmigen Mund unter einer schnabelartig vorspringenden Schnauze und ein spitz zulaufendes Kinn.
    Kido hatte dünne Arme und Beine und einen schmächtig wirkenden Körper mit einer - im Gegensatz zu Skorsh - aschgrauen Haut. Er hatte keinen Schwanz, nicht einmal einen Stummel, und er war geschlechtslos.
    Irmina ließ das Schiff eine graue Kombination für ihn anfertigen. Sie sprach mit ihm, während er auf einer weichen Unterlage im Labor ruhte. Unverwandt blickte er sie an und folgte jeder ihrer Bewegungen.
    Schon bald wiederholte er einige ihrer Worte. Er schien außerordentlich schnell zu begreifen. Er hatte nun seine ursprüngliche Gestalt wieder, aber er war nicht mehr diejenige Persönlichkeit, die er vorher gewesen war. Sobald er über ein ausreichend großes Vokabular verfügte, um sich mit ihr unterhalten zu können, wurde deutlich, daß er sich an nichts aus seiner Vergangenheit erinnerte.
    Er konnte nichts über seine Herkunft sagen, denn durch die Zellerneuerung wurde er praktisch wiedergeboren. Er hatte das Wissen eines Neugeborenen. Sicherlich fand sich irgendwo in seinem Unterbewußtsein so etwas wie eine Rassenerinnerung, aber daran wollte Irmina gar nicht rühren, weil sie fürchtete, seine entarteten Psi-Fähigkeiten wieder zu wecken - denn von diesen war nun nichts mehr zu spüren. Kido hatte seine Metabio-Fähigkeiten verloren, und das war gut so, denn nun konnte er nicht mehr in negativem Sinne auf andere Lebewesen einwirken.
    Alles schien in Ordnung zu sein -und doch hatte die Terranerin ein unbehagliches Gefühl. Es wollte nicht weichen. Sie wurde den Verdacht nicht los, daß sich das Virenschiff während der Rettungsaktion eingeschaltet und etwas unternommen hatte, um den Rückverwandlungsprozeß zu beeinflussen.
    Hatte das Virenschiff insgeheim mitgeholfen, um ihr vielleicht nur einen Begleiter zuzuschanzen - und sei es nur darum, daß sie nicht allein durch das All reisen mußte?
    Hatte das Virenschiff dafür gesorgt, daß Kido eine ähnliche Gestalt erhielt wie Stalkers Animateur Skorsh?
    Vorläufig gab es keine Möglichkeit für Irmina, die Frage abzuklären,