1268 - Die Tiermeister von Nagath
dem Geäst und stellten sich vor Vaichath auf. Die Tiermeisterin „sprach" zu ihnen, bis sich die Schwadler in die Höhe schwangen und verschwanden.
Der eine Vogel kam schon sehr bald zurück. Er hielt zwei Blütenkelche von beträchtlicher Größe in seinem Schnabel und ließ diese vor der Nagatherin fallen.
Vaichath nahm sie in die Hand und reichte einen Path. Dann streichelte sie das Tier und verabschiedete es mit sanften Tönen.
„Unsere Becher?" fragte das Mädchen, das sich allmählich an ihre Begleiterin und deren Lebensweise zu gewöhnen schien.
„So ist es." Die Tiermeisterin nickte. „Die beiden anderen Schwadler werden etwas länger brauchen, um Wasser und Früchte zu holen. Du hast also Zeit, mir zu beweisen, daß du ein Waddeldar herbeiholen kannst."
Es war zwar schon ziemlich dunkel geworden, aber die sieben Monde, die am nächtlichen Himmel standen, erzeugten genügend Licht.
„Dort!" Das Anti-Mädchen deutete nach unten auf die Lichtung. „Möchtest du eins oder zwei oder zehn Waddeldars haben?"
„Eins würde genügen. Es wird auch wieder auf freien Fuß gesetzt, wenn ich es Oghol vorgeführt habe."
„Kann ich dabeisein, wenn das geschieht?"
„Warum nicht? Wir sind ein friedliches Volk. Ich würde Oghol schon erklären, daß wir Freunde sind."
„Dann ist alles kein Problem, liebe Vaichath."
Unten auf der Lichtung bewegte sich langsam ein Waddeldar. Es blickte einmal kurz nach oben.
Die Tiermeisterin geriet in helle Aufregung.
„Ich muß sofort hinunter und es in meinen Bann zwingen", erklärte sie.
Path hielt sie fest.
„Das hat Zeit bis morgen oder übermorgen. Ich kann jederzeit dafür sorgen, daß das Waddeldar wieder erscheint. Und ich brauche dazu keine Stimmen nachzuahmen."
Die Nagatherin sank auf ihr Lager zurück. „Ich glaube dir, Path. Du bist ein mächtiges Wesen. Wir werden den morgigen Tag abwarten, wie du es wünschst."
Das Waddeldar verschwand irgendwo zwischen dem hohen Gras in der Dunkelheit. Die beiden Schwadler kamen zurück und brachten Früchte und das Wasser. Letzteres trug der pelikanähnliche Vogel in seinem Schnabel. Er leerte es in die beiden festen Blütenkelche, ohne einen Tropfen zu verschütten.
Während Vaichath und Path aßen und tranken, dachten beide an das Waddeldar. Die Tiermeisterin in dem Sinn, daß sie sich kurz vor dem Ziel ihrer Wünsche sah. Und Path in dem Sinn, daß es ihr einen Heidenspaß gemacht hatte, ein Hologramm ihres nackten Vaters zu erzeugen.
Wenn Pholo Baal das gesehen hätte, wäre er bestimmt vor Wut in seinen heißgeliebten 3-D-Kubus gesprungen!
„Kannst du mir sagen", fragte Path nach dem Mahl, „auf welche Farben deine Tiere reagieren, wenn sie etwas suchen sollen?"
„Was sollen sie denn suchen?"
„Meine Freunde Falco und Longasc."
„Longasc?" Plump, der Distelfrosch, der in der Kombination des Mädchens ein Nickerchen gemacht hatte, wagte sich wieder heraus. Die Erwähnung des Namens seines Herrn hatte ihn geweckt. Und die Scheu vor der Nagatherin hatte er offensichtlich abgelegt.
Vaichath begann die Farben zu erklären, während Path diese in holografische Farbmuster umsetzte, die das Staunen der Tiermeisterin weckten.
Und als Path sich sicher war, die wesentlichsten Dinge verstanden zu haben, malte sie die Bilder hoch oben in den nächtlichen Himmel.
Die Suche der Tierwelt Nagaths nach Falco Hoelzel und dem Shabaren Longasc hatte begonnen. Sie würde nach Vaichaths Meinung bis zum Morgen dauern, so daß sich die beiden dann erst einmal zur Ruhe begeben konnten.
Die Insekten unten am Baum wachten über sie.
5.
Falco Hoelzel hatte sich seit der höchst merkwürdigen Landung mit Hilfe eines Fallschirms, der sich kurz nach der ersten Bodenberührung in nichts aufgelöst hatte, am Rand einer kargen Steppengegend aufgehalten. In den nahen Wald hatte er sich nicht gewagt, denn sein SERUN hatte buchstäblich den Geist aufgegeben, und aus dem Dschungel klang nicht gerade verlockendes Tiergeheul.
Der Vironaut rechnete fest damit, daß man nach ihm suchen würde. Daher hatte er beschlossen, sich vom Ort seiner Landung nicht unnötig weit zu entfernen.
Die Tagzeit hatte er dazu benutzt, um Steine zusammenzutragen, die er zu einem großen Kreuz auf einer freien Fläche formiert hatte. Das regelmäßige Muster würde man auch aus großer Höhe erkennen. Er dachte zwar auch daran, daß die Beiboote der LASHAT ebenso gestört sein konnten wie sein SERUN, aber eine andere Möglichkeit, um auf sich
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