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1269 - Julie

1269 - Julie

Titel: 1269 - Julie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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feucht war und meine Schuhe Abdrücke hinterließen.
    Ich hörte das Gurgeln und Murmeln des Wassers lauter als sonst. Der Bach meldete sich. Er sprudelte, tanzte, warf schimmernde Reflexe. Er war schnell und brachte etwas in unsere Nähe.
    Es war noch nicht genau zu erkennen. Nach wie vor schwebte der helle Glanz auf dem Wasser, der auch begrenzt war. Er wurde näher an uns herangetrieben, und trotz der zuckenden Wellen erkannte ich schließlich den Umriss eines Körpers.
    Also war es der Engel!
    Belial?
    Die Frage schoss mir durch den Kopf. Er log. Er versteckte sich. Er täuschte, und diesmal würde er sich nicht so zeigen, wie ich ihn kannte.
    Das war auch für mich eine Premiere. Denn ich kannte ihn als eine unheimliche, düstere und graue Gestalt, die in den Tiefen der Zeiten geboren war und sie überdauert hatte.
    Die Gestalt trieb auf das Mädchen und mich zu. Bisher hatte sich Julie sehr ruhig verhalten. Das änderte sich jetzt, denn sie stand mit einer schwungvollen Bewegung auf, weil sie das heranfließende Wesen besser erkennen wollte. Es besaß keinen direkten Körper, der fest gewesen wäre. Für meinen Teil bestand es nur aus Umrissen.
    Ich war trotzdem gespannt, welches Motiv dieses Wesen trieb, und lauerte darauf, dass es in unsere Nähe kam.
    Julie hielt den Kopf gesenkt. Sie atmete heftig und rieb ihre kleinen Hände gegeneinander, so nervös war sie geworden. Genau darauf hatte sie gewartet. Dass es an diesem Abend passieren würde, war für mich ein Glücksfall. Vor Belial fürchtete ich mich nicht. Ich hatte ihm schon einige Male gegenübergestanden und ihn mit seinen eigenen Waffen geschlagen.
    Das Wasser hatte sich nicht verändert. Es floss schnell und auch normal weiter. Es hüpfte über die Steine hinweg. Die Wellen bildeten helle Kämme, aber diese andere Helligkeit passte einfach nicht dazu.
    »Jetzt ist er da!«
    Julie Wilson hatte mit ihrer Behauptung völlig Recht. Er war da, und er blieb.
    Es war ein Phänomen, denn er stemmte sich gegen die Strömung.
    Eigentlich hätte der helle Körper schon an uns vorbeitreiben müssen, aber das war nicht geschehen. Er blieb stehen. Er setzte der Fließgeschwindigkeit des Wassers eine Gegenkraft entgegen.
    Er war gekommen. Er wollte gesehen werden, und deshalb blieb er auch. Ob er Gefühle besaß, ob er in der Lage war, uns zu erkennen, das alles war nicht zu erahnen. Jedenfalls lag er auf dem Rücken, und wir waren in der Lage, in sein Gesicht zu schauen.
    Es war das Gesicht, das ich von Julies Zeichnung her kannte. Ein wunderschönes, auch jetzt noch, als die Umrisse zerflossen. Ich konnte erkennen, was Julie gemalt hatte. Vom Prinzip her war das Gesicht gleich geblieben. Auch die Helligkeit stimmte. Selbst die gelbliche Farbe malte sich innerhalb der zittrigen Wellen ab.
    Ich drehte den Kopf kurz nach links. Sina Franklin stand dicht hinter ihrem Schützling und hatte ihr beide Hände auf die Schultern gelegt. Sie sprach leise auf Julie ein, aber es war nicht zu verstehen, was sie genau sagte.
    Sogar die Augen bekamen wir zu sehen. Julie hatte sie meiner Ansicht nach etwas golden gemalt, und das traf hier genau zu. Goldene Augen, die dem Fließwasser standhielten und innerhalb der Wellen nicht weggespült wurden. Sie schauten in die Höhe, weil sie entweder den dunklen Himmel oder uns anblicken wollten.
    Was hatte die Gestalt vor?
    In meinem Innern fühlte ich mich aufgewühlt. Mit diesem Anblick hatte Ich nicht gerechnet. Ich nahm meinen Blick von dem Gesicht weg und schaute über den Körper bis hin zu den Füßen.
    So schnell die Wellen auch herantrieben, sie schafften es einfach nicht, den Körper aufzulösen. Er blich im Wasser bestehen. Zwar zitterte und schwankte er hin und her, doch als Ganzes blieb er erhalten, und das war das Phänomen.
    Ein Begriff wie Zeit war in diesen Momenten unerheblich geworden Ks gab nur den seltsamen Engel und des sen zittrige Umrisse, die so stark waren. Ich wartete auf die Reaktion des Mädchens. Bisher hatte Julie sich kaum bemerkbar gemacht. Eine Reaktion war nur an ihrem Gesicht zu erkennen, denn da zog sie die Lippen etwas in die Breite und deutete dem Wasserspiegel entgegen.
    Sie war überrascht. Sie liebte den Engel, das sahen wir ihr an. Sie zwinkerte mit den Augen, und dann streckte sie dem Wasser beide Hände entgegen.
    »Bitte, mein Freund, bitte. Du bist mein Freund. Ich mag dich. Du wirst zu mir kommen, nicht wahr?«
    »Sie spricht!«, zischte mir Sina Franklin zu. »Das ist ja

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