1271 - Die Geister, die sie rief
das Gesicht, und im gleichen Moment hörte ich den leisen Schrei, den Mona ausgestoßen hatte.
»Das ist Frank Simpson.«
»Und?«
»Er… er… ist - nein, er war so etwas wie ein Aufpasser, ein Kalfaktor für diese Anlage. Mädchen für alles, verstehen Sie? Wenn es etwas zu reparieren gab, war Frank zur Stelle. Er kannte sich wunderbar aus, und sein Garten war immer der beste. Er war so stolz auf seine Gartenzwerge, über die andere immer gelacht haben.«
»Gut, bleibt zunächst, wo ihr seid.«
Das taten sie auch. Nur Glenda fragte: »Ist das die erste Spur zu Justine Cavallo?«
»Ich kann es mir vorstellen.«
»Aber warum hat sie das getan?«
»Sie hatte Durst, oder sie wollte Mona eine Warnung zukommen lassen, was weiß ich.«
»Ja, das kann sein.«
Es war nicht weit bis zu dieser Gestalt. Ich ließ die Lampe brennen, als ich mich ihr näherte und sah dann, was mit diesem Menschen geschehen war.
Seine Kleidung war über der Brust zerrissen. Dort hatte man ihm die schreckliche Wunde zugefügt, aus der auch das viele Blut gelaufen war. Dass er sich auf den Füßen halten konnte, lag allein an den beiden Stricken, die sich um seine Handgelenke drehten und mit zwei Haken in der Wand verbunden waren.
Der Kopf des Mannes war zur Seite gesunken. Ich schaute mir die rechte Halsseite an. Dort malten sich keine Bissstellen ab. Erst als ich den Kopf zur anderen Seite drehte, damit die linke Halsseite frei lag, sah ich die beiden Wunden.
Für mich stand jetzt fest, dass diese Hütte Besuch von einem Blutsauger bekommen hatte. Oder von einer Blutsaugerin, was viel wahrscheinlicher war.
Glenda hatte mitgedacht und fragte: »Ist er ein Vampir?«
»Er wurde gebissen und dann wohl noch mit einer Waffe traktiert. Genaues kann ich nicht sagen.«
»Justine Cavallo?«
»Inzwischen gehe ich davon aus.«
Jemand stöhnte. Es war nicht Glenda, sondern Mona, die sich anlehnen musste, um nicht zu fallen.
Sie schlug die Hände vors Gesicht. Ich konnte mir vorstellen, was in ihr vorging, und hielt mich mit Bemerkungen zurück. Es war jetzt wichtig, dass Glenda bei ihr blieb.
Es gefiel mir nicht, dass der Tote dort an der Wand stand. Vorausgesetzt er war normal tot. Das musste ich noch herausfinden. Ich näherte mich ihm so weit, dass ich ihn auch anfassen konnte, und spürte in seinem Körper keine Wärme mehr. Den Mund hielt er geschlossen. Etwas Blut war auch in seine grauen Haare gespritzt. Es konnte sein, dass er im Werden war und irgendwann bei Anbruch der Dämmerung als Vampir erwachen würde. So lange wollte ich nicht warten.
Ich holte mein Kreuz hervor und drückte es gegen seine Brust. Für einen winzigen Zeitpunkt sah ich das Licht, das sich zwischen Kreuz und seinem Körper aufgebaut hatte.
Und dann erwischte uns der Schrei!
Mich lauter als die beiden Frauen.
Ich stand zu nahe an dieser Gestalt, die schrie und dabei zuckte, als würde sie unter Stromstößen leiden. Alles passierte in sehr kurzer Zeit. Ich war einen Schritt nach hinten getreten und schaute zu, wie der Körper in seiner Fesselung zusammenbrach und sich nicht mehr bewegte.
Erst jetzt trauten sich die beiden Frauen heran. Beide hatten die gesunde Gesichtsfarbe verloren. Sie starrten auf den Toten, der endgültig erlöst war.
Glenda brauchte mich nicht zu fragen, sie wusste Bescheid. Bei Mona war das anders, und sie flüsterte mir zu: »Ist er wirklich ein Vampir gewesen, John?«
»Ja.«
»Und ich wäre hierher gekommen und hätte mich…«, sie wusste nicht mehr, was sie noch sagen sollte. Jedenfalls wäre sie auf den Vampir getroffen.
»Wann wären Sie denn wieder hier gewesen?«, fragte ich.
Mona Lucanda hatte sich in einen Sessel gesetzt und starrte ins Leere. Ich musste die Frage wiederholen, um eine Antwort zu bekommen.
»Am Abend.«
»Eine gute Zeit.«
»Warum?«
»Dann wäre der Blutsauger hier erwacht und hätte sich die Nahrung geholt.«
Mona wollte aufstehen, blieb aber sitzen und ließ die Hände flach auf den Tisch fallen. »Mein Blut?«, hauchte sie.
»Ja, Ihr Blut. Ich habe es doch gesagt, dass wir es hier mit Wiedergängern zu tun haben. Justine Cavallo hat Ihnen eine Falle gestellt, weil sie selbst sich um andere Dinge kümmert. Zumindest gehe ich mal davon aus.«
»Welche meinst du?« flüsterte Glenda.
»Denk daran, was sie an sich genommen hat. Sie wird bereits mehr über diesen Stab wissen.«
»Dann setzt sie ihn auch ein.«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
Sie deutete auf den Toten. »Was passiert mit
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