1281 - Der dreifache Tod
andere?
Darüber machte er sich Gedanken. Da war plötzlich ein Riss in seinem genau ausgetüftelten Plan erschienen. Und dieser Riss war verdammt breit. Er konnte ihn nicht mehr hinnehmen. Wen immer sich der Alte auch als Helfer besorgt hatte, er musste so schnell wie möglich aus der Welt geschafft werden.
Dafür reichte einer aus. Kuan hatte schon bei Mr. Wash sein Zeichen gesetzt. Jetzt sollte er das Gleiche bei diesem Unbekannten übernehmen. Ihm allerdings sollte nicht die Hand abgeschlagen werden, sondern der Kopf. Danach sollte er eine Beute für die Koi-Karpfen werden.
Noch immer wütend verließ Tiger sein Büro durch eine zweite Tür. Er geriet in den Anbau, der mal ein Lager gewesen war. Das ganze Zeug hatte er rausgeworfen, um Platz für seine drei Freunde zu schaffen, die auf ihn warteten.
Leuchten, die wie halbe Bananen aussahen, hingen unter der Decke und gaben ihr gelbes Licht ab.
Der Raum war anders eingerichtet worden. Es gab Tische, auch Stühle und alte Liegen.
Fast wäre er zu Eis geworden, als etwas an seinem Kopf haarscharf vorbeipfiff. Es war ein von der Frau geschleuderter Wurfpfeil, der jetzt mit einem dumpfen Geräusch in die Wand knallte.
»Hör auf damit!«
Amira lachte nur und schaute auf ihre restlichen Pfeile, die auf dem linken Handteller lagen.
Lu Shing saß vor einem Tisch. Er bewegte sich nicht. Durch seinen haarlosen Kopf und auch durch das glatte Gesicht sah er aus wie eine Schaufensterpuppe, die jemand vergessen hatte, mitzunehmen.
Er starrte ins Leere und hatte seinen Dolch dabei quer zwischen die Lippen geklemmt.
Kuan, der Meister mit dem Schwert, lag auf einer der Liegen. Er sah aus, als würde er schlafen, aber er hielt die Augen offen und starrte gegen die Decke.
Um Tiger hatte sich niemand gekümmert. Er kannte das. Die Drei aus der Vergangenheit blieben lieber für sich. Sie schienen nur auf Befehle zu warten, und dafür war Tiger auch hergekommen.
Neben der Liege blieb er stehen.
Kuan bewegte sich noch immer nicht.
»Ich will etwas von dir. Komm hoch!«
Der Kämpfer gehorchte aufs Wort. Er schnellte fast in die Höhe und blieb sitzen.
»Gut, Kuan, gut. Du wirst wieder dort hingehen, wo du schon mal gewesen bist. Da findest du den Alten ohne linke Hand. Aber es ist noch jemand da. Ein Weißer, der Ärger macht. Ich will nur, dass du hingehst und ihm den Kopf abschlägst. Danach kannst du den Alten auch töten, und du kannst beide den Fischen zum Fraß vorwerfen.«
»Ja.«
»Wenn das vorbei ist, kommst du wieder zurück.«
»Ich werde gehorchen.«
Tiger lachte geifernd. »Das wusste ich doch, mein Guter. Ich weiß ja, auf wen ich mich verlassen kann und auf wen nicht.«
Tiger trat zur Seite, damit Kuan die Liege verlassen konnte. Die anderen beiden hatten sich nicht bewegt. Es war allein Kuans Sache, den Kristall vom Bett zu holen und ihn zwischen seine Hände zu klemmen.
Tiger Dschingis lächelte. In seinem Innern stieg ein gutes Gefühl hoch. Er freute sich darüber, Macht über derartige Wesen zu besitzen, die zwar wie Menschen aussahen, aber keine waren. In der Vergangenheit hatte man sie als Dämonenmeister bezeichnet, und Tiger wusste nicht, wie sie zu diesen Titeln gekommen waren. Wahrscheinlich hatten sie Kontakt zu den finsteren Göttern gepflegt, etwas anderes war eigentlich nicht möglich. Nur die Mächte der Finsternis oder die der Hölle konnten ihnen eine derartige Macht gegeben haben.
Tiger wollte auf Nummer Sicher gehen und fragte: »Du kennst den Weg zu ihm noch?«
»Ja.«
»Und du wirst erfolgreich zurückkehren?«
»Ich komme wieder.«
»Dann wünsche ich dir die Kraft von tausend Drachen.«
Es waren die letzten Worte, die Tiger sagte. Ab nun überließ er dem anderen das Feld.
Der Kristall, das eingefangene Chi, die Energie, die Geist in Materie verwandelte, geriet nun in den Umkehrschluss. Materie wurde in Geist verwandelt. Der Kristall veränderte sich. Er wurde zu einer Säule, die sehr bald die Gestalt des Schwertkämpfers umschlang. Sein Körper schien sich aufzulösen, ein kalter Luftstrom wehte durch den Raum, und es klang so etwas wie ein saugendes Geräusch auf.
Dann war Kuan verschwunden!
Von einer Sekunde zur anderen war er nicht mehr da. Nur der grüne Nebel schwebte noch zittrig in der Luft, bevor auch er vertrieben wurde und nicht mehr zurückkehrte.
Tiger war zufrieden. Er hatte den Schwertkämpfer auf die Reise geschickt, und er war sicher, dass er seinen Job erledigen würde. So musste das einfach
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