1281 - Der dreifache Tod
auch sein Gesicht, und das war für ihn besonders schlimm. Er hatte sich nicht mehr gewehrt und aufgegeben. Möglicherweise war der Tod gar nicht so schlimm für ihn, doch das Wissen, nicht so gestorben zu sein, wie er es sich eigentlich vorgestellt hatte, das machte ihm schon zu schaffen.
Selbst die herrlich bunten Koi-Karpfen im Teich schwammen nicht mehr so locker herum. Sie hielten sich jetzt an den Rändern auf und versuchten dabei, Deckung unter einigen großen Blättern von Seerosen zu finden. Die meisten von ihnen standen auch im Wasser. Sie schienen das Böse zu ahnen und verhielten sich entsprechend.
Bei meinem heutigen Besuch in der Wohnung meiner Freunde hatten wir über den dreifachen Tod gesprochen. Er war mir auch von Shao beschrieben worden, und als ich diesen Kuan sah, da wusste ich, dass sie nicht übertrieben hatten.
War er der Stärkste oder der Gefährlichste?
Ich wagte nicht, darüber eine Aussage zu treffen. Auch die anderen beiden waren auf ihre Art und Weise stark. Wenn sie dann gemeinsam auftraten, gab es kein Entrinnen mehr.
Die Gestalt aus der Vergangenheit war groß, zumindest größer als ich. Ein mächtiger Körper, ein narbiges Gesicht, in dem sich ein finsterer Ausdruck abzeichnete. Augen, die aussahen wie kaltes Schmutzwasser, und in denen sich nichts bewegte. So sah wirklich jemand aus, der den Tod in sich trug.
Er hatte sein Schwert bereits gezogen und hielt es so schräg, dass die flache Klinge über seine Kleidung schabte. Sie sah nicht unbedingt blank aus, aber davon ließ ich mich nicht täuschen. Ich ging davon aus, dass diese Klinge einen Menschen mit einem Schlag in zwei Teile spalten konnte.
Durch die Waffe wurde ich wieder an den Henker vom letzten Fall erinnert. Bei ihm war es ein Beil gewesen, jetzt bekam ich es mit einem Schwert zu tun. Die archaischen Waffen rissen einfach nicht ab.
Wir hatten meiner Ansicht nach lange genug geschwiegen. Ich unterbrach das Schweigen, indem ich sagte: »Er ist verdammt schnell hier gewesen, Shao. Das war schon perfekt.«
»Klar, John, sein Chi. Der Kristall. Er kann ihn immer wieder einsetzen. Er lebt davon.«
»Das wollte ich nur wissen, Shao. Es gibt nicht nur das Leben, es gibt auch den Tod. Und wenn Kuan stirbt, ist es auch mit seinem Chi vorbei - oder?«
»Davon gehe ich aus.«
»Gut.« Ich holte die Beretta hervor.
Von Shao erntete ich einen skeptischen Seitenblick. »Glaubst du an die Kraft der Silberkugel?«
»Ich weiß es selbst nicht. Aber irgendwo müssen wir anfangen, ihn zu stoppen. Wir können nicht zuschauen, wie er Mr. Wash umbringt. Wobei er uns sicherlich mitnehmen will.«
»Das kann hinkommen.«
»Hast du eine andere Idee?«
»Im Moment nicht.«
Kuan blieb weiterhin bewegungslos wie eine Wachsfigur stehen. Er war sich seiner Sache wohl sicher, musste das Gelände aber erst noch sondieren und bewegte eigentlich nur die Augen. Was er sah, konnte ihn nicht stören. Es gab keine weiteren Helfer, die auf unserer Seite gestanden hätten.
Der Mann, der mir die Tür geöffnet hatte, ließ sich ebenfalls nicht blicken. Überhaupt war der alte Mann allein gelassen worden. Sicherlich hatte diese Enttäuschung auch für ein Nachlassen seiner Willenskraft gesorgt. Wenn die Ratten das sinkende Schiff verließen, hatte auch der Kapitän keine Chance mehr, an Deck zu bleiben.
Mr. Wash sprach uns an. »Sie haben es gut gemeint, denke ich. Aber jetzt ist es höchste Zeit für Sie, sich zurückzuziehen. Sie sind noch zu jung zum Sterben.«
»Davon war auch nicht die Rede«, sagte ich. »Wir sind nicht gekommen, um mit den Füßen voran hier rausgetragen zu werden. Daran sollten Sie auch denken.«
»Ich mag mutige Menschen, aber ich kann Selbstmörder wirklich nicht verstehen.«
»Wir werden nicht mehr wegkommen, Mr. Wash«, erklärte Shao. »Wir sind Zeugen. Wir haben einfach zu viel gesehen. Nein, nein, wir sitzen in einem Boot und werden zusehen müssen, dass es nicht kentert.«
Der alte Chinese riss seinen Mund auf und begann zu lachen. Dann schüttelte er den Kopf. Es war eine Geste der Verzweiflung. Seine Gestalt war mit einem alten Blatt zu vergleichen, das auf den nächsten Windstoß wartete, um vom Baum fallen zu können. Sein Blick war ins Leere gerichtet.
Was hinter seiner Stirn vorging und welche Gedanken sich dort bewegten, das teilte er uns nicht mit.
Kuan bewegte jetzt das Schwert. Er strich mit der Klinge an seiner Kleidung entlang. Shao und mir kam dies vor wie ein Startsignal, und das traf auch
Weitere Kostenlose Bücher