1284 - Templerehre
war die Oberin. Sie hat uns alles gesagt, aber sie hat uns nicht richtig eingeweiht. Wir haben keinen Kontakt gehabt.«
»Zu wem nicht?«
»Zum Roten Mönch.«
Suko fragte schnell weiter. »Dann kannte sie ihn?«
»Ja.«
»Ihr nicht?«
»Nicht gut.« gab Geraldine flüsternd zu. »Oder nicht gut genug. Wir haben ihn nur gesehen, aber wir sind nicht in seine Nähe gelangt und haben uns auch nicht mit ihm verständigt. Er war für uns noch zu weit weg, aber Anna hat immer von ihm gesprochen und erklärt, dass er der richtige Weg sei, denn er hat überlebt, weil er unter dem Schutz eines sehr Mächtigen steht. Und um diesen Schutz wollte sie bitten. Wir alle sollten später davon profitieren.«
»War das schon immer so?«, fragte Suko.
»Nein. Früher war alles normal.«
»Wie normal?«
»Da haben wir das Kloster übernommen, das leer stand. Wir wollten hier unser eigenes Leben führen. Wir haben auch die Warnungen der Menschen gehört, sie jedoch zugleich überhört. Wir wollten nicht, dass uns irgend etwas von unseren Plänen ablenkt.«
»Wie lange lebt ihr hier schon?«
»Es sind zwei Jahre.«
»Und in dieser Zeit ist nichts passiert?«
Geraldine schaute ihre Mitschwestern an, weil sie von ihnen Hilfe erhoffte. Sie dachten nicht daran, ihr beizustehen. Sie hielten die Köpfe gesenkt und schauten zu Boden.
So sprach sie weiter, und das noch immer mit einer sehr leisen Stimme. »Zuerst lebten wir hier normal. Da ist nichts geschehen, aber je mehr Zeit verging, desto stärker wurde der andere Einfluss. Wir konnten uns nicht wehren. Anna sagte immer, dass in diesem Gemäuer etwas leben oder existieren würde, und sie wollte es unbedingt erfahren. Deshalb hat sie sich auf die Suche gemacht. Sie war es auch, die als Erste den Kontakt mit der anderen Seite bekam. In einem Verlies hat sie die schreckliche Entdeckung gemacht.«
»Schrecklich?«, fragte Suko.
»Damals schon.«
»Was ist es denn gewesen?«
»Ein Rest«, flüsterte Geraldine. »Der Rest, der noch von denen stammte, die hier früher lebten.«
»Die Roten Mönche also.«
»Ja. Aber nicht sie haben wir gesehen. Sondern den Kopf. Einen hässlichen Schädel mit langen Teufelshörnern und Augen, die böse leuchteten. Er war noch da. Er war auch nicht verwest, und ihn hat unsere Oberin gefunden.«
»Was passierte dann?«
»Sie war begeistert. Sie hat diesen Kopf geliebt wie die Mutter ihr eigenes Kind. Immer wieder musste sie zu ihm gehen, und sie hat uns erklärt, dass die Zeiten bald anders würden und dass die Vergangenheit nicht tot ist. Dann hat sie uns vor die Wahl gestellt, hier mitzumachen, und wir haben es getan. Wir waren einfach zu schwach und kamen nicht gegen ihre Macht und Stärke an. Was sie genau dort unten getan hat, das wissen wir nicht, aber sie sprach plötzlich davon, dass es einem gelungen war, zu überleben. Der Rote Mönch existierte noch. Alle anderen sind vernichtet worden, aber ihn gab es. Er kehrte zurück, und das konnte nur geschehen, weil sie so genau Bescheid wusste. Man hat sie in die Pläne eingeweiht, und sie hat uns erklärt, dass die Feinde vernichtet werden müssen. Dabei sind auch Namen gefallen.«
»Welche?«
»John Sinclair und Godwin de Salier. Sie sollten so schnell wie möglich sterben, erst dann wäre die Macht der anderen Seite vollkommen gewesen. Anna half mit. Sie baute die Falle auf, aber jetzt ist sie tot, und niemand weiß, wie es weitergeht.«
»Das wollen wir noch abwarten«, sagte Suko, der die Erklärungen sehr interessant fand. Er kam noch mal auf den Roten Mönch zu sprechen. »Ihr habt ihn doch gesehen - oder?«
»Ja.«
»Und habt ihr auch erkannt, wie er aussieht? Wer sich unter der Kutte und der Kapuze verbirgt?«
»Es muss schlimm gewesen sein. Schließlich hätte er längst verfault sein müssen, aber das ist wohl nicht so gewesen. Er hat in einem Versteck überlebt, und er muss auch früher das Kloster hier geleitet haben, das ja den Templern gehörte.«
»Aber den falschen Templern«, sagte Suko.
»Das hat Anna nicht so gesehen.«
Suko warf der Toten einen kalten Blick zu. »Das kann ich mir denken, aber lassen wir das. Mir geht es um etwas anderes. Wohin ist eure Oberin immer gegangen, um Kontakt aufzunehmen?«
»Es war ein Verlies.«
»Das kann ich mir denken. Egal, ob Versteck oder Verlies. Aber wo befindet es sich?«
»Wir sind nie dort gewesen.«
»Das glaube ich euch nicht…«
Eine andere Frau hob den Arm, um sich zu melden. »Es stimmt, wir durften nie mit, aber
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