1287 - In der Kalmenzone von Siom Som
aber wir müssen sie erfüllen, sonst ergeht es Ronald Tekener und Roi Danton verdammt schlecht. Sieh doch wenigstens diese Pflicht, wenn du schon nicht mit mir reden willst. Bitte!"
„Ähem", machte Susa Ail, mehr nicht.
„Was habe ich falsch gemacht, Geliebte? War ich zu schnell? Zu langsam? Zu aufmerksam? Zu unaufmerksam? Zu egoistisch? Zu einfallslos? Zu grob? Zu weich? Zu stark? Zu schwach? Was machst du da eigentlich?"
Luzian Bidpott war am Ende.
„Ich schreibe einen ganz persönlichen Liebesroman", antwortete Susa. „Es ist die Geschichte unserer Liebe. Leider habe ich einen Partner, der auf derartige sehr persönliche Wünsche keine Rücksicht nimmt. Aber damit kann eine Frau leben. Es ist ja keiner perfekt."
Sie stand auf und tippelte zu ihm hin. Luzian war so verdutzt, daß er den heißen Kuß auf seinen Lippen gar nicht spürte.
„Es wird ein phantastischer Roman", fuhr Susa fort. „Mit Sicherheit ein Bestseller, der von der Eastside bis zur Westside, von der Northside bis zur Southside, ja, die Kugelsternhaufen darf ich nicht vergessen - die auch -, die ganze Milchstraße erobern wird. Mich hat die Muse geküßt, Luzian."
„Aufs Gehirn oder ins Gehirn?" fragte der muskulöse Siganese, der mit seinen 11,4 Zentimetern seine Partnerin im Innern des Androiden-Cyborgs um ein gutes Stück überragte.
Susa Ail hörte ihn nicht. Sie schwebte durch den kleinen Raum, den sie in der mittleren Etage des metallenen Ellipsoids zu ihrem täglichen Domizil gemacht hatten.
Luzian Bidpott war der Tiefenpsychologe des Androiden. Damit war er für dessen Geisteszustand verantwortlich. Daß ihn seine Partnerin jetzt so in die Enge getrieben hatte (nur, weil er nach ein bißchen Zärtlichkeit verlangte), hatte ihn in einem Maß irritiert, das ihn sogar seine eigenen Fähigkeiten, sein Wissen und sein Können vergessen ließ.
Er nannte sich selbst das Unterbewußtsein Jo Polynaises. Aber wenn es um seine tiefe Zuneigung zu Susa ging, setzte sein Verstand aus. Und sein wirkliches Unterbewußtsein führte eine harte Regie.
„Können wir nicht wieder vernünftig miteinander sprechen?" Seine Frage war ein Flehen, das ganz tief aus seinem Innern kam. Er legte sein ganzes Gefühl für Susa in diese Worte. „Bully und Irmina haben uns auf diese Mission geschickt. Es geht um Tek und Roi.
Die beiden Ampullen mit dem Anti-Kodex-Zeug, hast du das vergessen?"
„KM-Anti-Virus", verbesserte sie ihn. „Eine wundervolle Erfindung, die Irmina da gemacht hat. Leider läßt sie sich in meinem Liebesroman gar nicht verwenden."
„Wundervolle Erfindung!" Luzian stieß die Worte heftig aus. „Sie hat Irmina das Toshin-Mal eingebracht. Was ist daran wundervoll?"
„Jetzt habe ich eine Idee." Susa hatte schon wieder nicht zugehört. Und die Zornesadern ihres Partners schwollen an. „Ich habe einen Titel für meinen Roman: Echte Liebe im falschen Bauch."
„Du bist verrückt geworden!"
„Natürlich nicht, Luzian. Genies wirken immer ein bißchen verrückt. Das ist es. Ich sagte dir doch, ich schreibe die Geschichte unserer Liebe. Da gibt es doch keinen passenderen Titel."
„Ich verstehe immer nur Transmitterbahnhof." Luzian Bidpott ließ sich in seinen Sessel fallen und setzte eine Miene auf, die sehr deutlich unterstrich, daß er das Gespräch als beendet betrachtete.
„Meine Liebe ist echt", säuselte Susa. „Und wenn ich einmal annehme, daß deine auch echt ist - obwohl mir im Moment leise Zweifel kommen - dann ist immer noch der Bauch, in dem wir leben, falsch. Es ist nämlich Jo Polynaises Bauch."
„Und was ist daran falsch?" Luzian biß sich auf die Lippen, weil er seinen inneren Schwur, nichts mehr zu sagen, bis Susa sich wieder normal gebärdete, so schnell wieder vergessen hatte.
„Es handelt sich um einen künstlichen Bauch", dozierte die Frau. „Es handelt sich um den Wanst eines androiden Cyborgs. Vielleicht sollte ich die Handlung meines Romans doch an einen anderen Ort verlegen. Irgendwie ist es doch pietätlos, sich im Bauch eines Cyborgs zu lieben."
„Ich habe da keine Probleme." Luzian lachte ironisch. „Aber du, denn du bist schon übergeschnappt. An deiner Stelle wäre ich froh, daß Jo überhaupt eingewilligt hat, daß wir uns wieder in seinem Innern aufhalten dürfen. Hast du Edym Varuson vergessen? Oder unsere Bloßstellung durch Cornelius? Es gibt keine Heimlichkeiten mehr zwischen Jo und uns."
„Aber zwischen dir und mir!" Sie griff wieder nach ihrem altmodischen Schreibgerät und
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