1287 - In der Kalmenzone von Siom Som
Vironauten war dennoch klar, daß alle drei Pailliaren nur Strohmänner sein konnten, denn die eigentliche Technik des Heraldischen Tores war ihnen zur Verfügung gestellt worden. Wahrscheinlich waren der Architekt, der technische Bauleiter und der Heraldiker nur für den Teil des Tores zuständig gewesen, der das Mauerwerk ausmachte.
Die wahren Drahtzieher, zu denen fraglos die Somer - und allen voran der Kodexwahrer Dokroed - gehörten, mußten gute Gründe haben, diese drei in den Vordergrund zu stellen, Diese Gründe waren durchschaubar. Die Einweihung des Tores sollte auf die Pailliaren einen nachhaltigen Eindruck machen.
Insofern war auch Philoberos Verärgerung verständlich, denn die entscheidende Tat der Weihe oder Inbetriebnahme sollte nun durch Fremde vollzogen werden. Dokroed, der sehr hoch in dieser Hierarchie anzusiedeln war, akzeptierte das Verlangen des Ewigen Kriegers ohne Widerspruch, was darauf hinwies, daß er für diesen Schritt Verständnis hatte.
Dem primitiveren Pailliaren fehlte offensichtlich jeglicher Sinn dafür. Er zürnte den Permitträgern und ihren Begleiterinnen. Und er zeigte seinen Unmut bei jeder Gelegenheit.
„Wo ist Dokroed geblieben?" flüsterte Demeter ihrem Mann zu, als sie auf einer Randplattform im oberen Teil des Heraldischen Tores in einen Gang schritten, der ins Innere führte.
„Keine Ahnung", antwortete Roi laut und unbekümmert auf wyngerisch.
Philobero fuhr herum.
„Entweiht meine Stätte nicht durch die Sprache der Gorims!" fauchte er wütend. Dabei blickte er über die Vironauten hinweg in den Himmel, als wollte er damit andeuten, daß sie keines Blickes würdig waren.
„Halt deine Kiefer zusammen, du Heuschreck!" Ronald Tekener ließ seiner angestauten Ungeduld freien Lauf. „Zeig uns den Weg. Sonst tust du nichts! Ist das klar?"
Philobero zitterte am ganzen Leib.
Tarspanata und Siromatur drängten sich zwischen die Vironauten.
„Bitte keine Aufregung", bat der Ingenieur. „Ihr müßt Philobero verstehen, denn schließlich war er es, der die Heraldischen Siegel angebracht hat. Er dachte natürlich..."
„Ruhe! Und weitergehen!" Roi Danton schlug in die gleiche Kerbe wie der Smiler mit den Lashat-Pocken. „Philobero kann gedacht haben, was er will. Er hat weder die Heraldischen Siegel konstruiert, noch hat er sie erbaut. Er hat sie hingehängt oder angeklebt. Ihr könnt es nennen, wie ihr wollt. Das ist kein besonderes Verdienst. So ist es, nicht wahr, meine pailliarischen Freunde?"
Philobero antwortete nichts, aber Tarspanata und Siromatur streckten die Außenscheren ihrer oberen Gliedmaßen in die Höhe. Und das bedeutete Einverständnis.
„Das Tor wird von uns geweiht und getauft werden." Ronald Tekener ergriff wieder das Wort. „Es wird TERRANER-TOR genannt werden. Wenn Philobero das nicht paßt, kann er sich von mir aus bei Dokroed oder Ijarkor oder gar beim Sotho persönlich beschweren."
„Was ist ein Sotho?" fragte Tarspanata.
Er bekam keine Antwort.
„Ihr werdet eure Frechheiten noch bereuen", zürnte der Heraldiker. „Es wäre nur richtig gewesen, wenn das Tor meinen Namen bekommen hätte, denn ich habe die Siegel nicht nur angebracht. Ich habe ihnen den Inhalt gegeben. Ihr werdet es sehen und euch schämen, weil ihr an mir gezweifelt habt."
„Da bin ich aber neugierig." Perry Rhodans Sohn verzog sein Gesicht zu einem spöttischen Lächeln.
Philobero schritt weiter, ohne seinen Begleitern noch eines Blickes zu würdigen.
Der Gang endete in einer lichterfüllten Halle. Eine Seite war von innen her halbtransparent. Draußen schimmerte das mächtige Achteck des einen der beiden Heraldischen Siegel. Beim Anflug auf das Tor war von dieser Durchsichtigkeit nichts festzustellen gewesen.
„Die Halle der Wahrheit", verkündete Philobero stolz. „Sie ist der Ort der Geschichte und der Lehre. Es ist eine besondere Ehre, diesen Platz des Philo..., häm, des Heraldischen Tores aufsuchen zu dürfen und von den glorreichen Taten der Pailliaren zu erfahren."
„Dies ist also das geistige Herz des TERRANER-TORES?" fragte Tek und schnippte dabei lässig mit den Fingern. „Hübsch gelungen, Philobero. War das deine Idee? Oder hat dir dabei auch jemand Schützenhilfe geleistet?"
Der Pailliare ging auf die Anspielung nicht ein. Er schritt auf seinen seltsam abgeknickten Beinen in der Halle auf und ab, bis ein dreifacher Gong ertönte. Da erstarrte er zur Salzsäule und blickte stumm auf die Wand, die zum Zentrum des Heraldischen Tores
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