1291 - Bitte recht teuflisch!
abwegige zweite Bild auf das Foto kam. Eine normale Erklärung gibt es dafür nicht, das war auch mir klar. Also musste ich nach einer zwar nicht unnormalen suchen, aber schon nach einer, die nicht in den üblichen Denkbereich eines Menschen fällt. Ich musste herausfinden, warum das so geschehen ist. Das war mein Problem.«
»Wie schön. Haben Sie es gelöst?«
»Ich glaube.«
»Da bin ich gespannt.«
Bei seinen letzten Worten hatte seine Stimme eine gewisse Spannung bekommen, die darauf schließen ließ, dass er unter Druck stand. Obwohl er lag, wirkte er auf mich wie auf dem Sprung. Hätte er die Hände frei gehabt, wäre er mir sicherlich an die Kehle gefahren, doch ich dachte nicht daran, ihm die Handschellen abzunehmen.
»Ich kann mir vorstellen, dass Sie sich mit Mordgedanken beschäftigt haben. Sehr intensiv sogar. Diese Gedanken haben bei Ihnen alles andere überlagert. Es war Ihr größter Wunsch, mich tot zu sehen. Mir eine Messerklinge durch den Hals zu stoßen, um einen Auftrag erfüllt zu haben. Liege ich da richtig?«
»Ich habe nichts dazu zu sagen.«
»Dann will ich Ihnen mein Fazit bekannt geben, Jordan. Sie sind in der Lage, Ihre Gedanken auf ein Foto zu bannen. Ihre Wünsche, Ihre Sehnsüchte, und genau das ist des Rätsels Lösung.«
»Dann können Sie ja zufrieden sein«, erklärte er lächelnd.
»Nicht ganz.«
»Was fehlt denn noch?«, höhnte er.
»Ein zweites Experiment.«
Bisher war er recht redselig gewesen, trotz seines Zustands. Es mochte auch daran liegen, dass er sich sehr sicher fühlte, nun aber schüttelte er den Kopf.
»Ich möchte Sie fotografieren. Ich möchte erfahren, was in Ihrem Kopf vorgeht.«
Er lachte mich scharf an. »Was Sie nicht sagen, Sinclair. Nichts geht darin vor, gar nichts.«
»Das werden wir sehen.«
Angela Finkler hatte zugehört und reagierte auch. Sie kam zu mir und übergab mir die Kamera.
Casey Jordan wirkte plötzlich wie ein Tier, das in die Enge getrieben, worden war. Er presste sich gegen die Innenwand des kleinen Transporters und stieß mir scharf seinen Atem entgegen.
Ich holte ihn in den Sucher. Der Blitz war eingestellt, denn Jens Rückert hatte das Licht gelöscht. Ich selbst war auf das Experiment ebenfalls wahnsinnig gespannt und vermutete, dass Jordan versuchen würde, seine Gedanken abzustellen, um eine gewisse Leere in seinem Kopf zu erreichen. Ob das ein Mensch schaffen konnte, war durchaus fraglich, denn wer brachte es schon fertig, sein eigenes Gehirn zu beherrschen?
Ich drückte auf den Auslöser. Der Blitz zuckte auf. Casey Jordan schloss die Augen. Da reagierte er wie fast jeder von uns. Noch mal fotografierte ich ihn. Wieder schloss er die Augen, und danach ließ ich die Kamera sinken und begab mich zur Lichtquelle hin.
Ich hielt das ausgefahrene Seitenfenster gegen das Licht. So konnte ich schon jetzt sehen, was ich fotografiert hatte.
Ich sah Jordan auf dem Boden hocken. Es gab nur diesen einen schlichten Hintergrund und nicht mehr. Trotzdem war etwas auf dem Bild entstanden, das sich leicht vor dem Hintergrund abhob.
Zu erkennen war es für mich nicht. Es würde besser sein, wenn ich mir die Aufnahme auf dem Computer anschaute und bat Jens Rückert, die Kamera anzuschließen.
Angela Finkler hielt es nicht mehr aus. »Haben Sie denn etwas gesehen«, flüsterte sie mir zu.
»Ja, da ist was gewesen.«
»Und was?«
»Tut mir Leid, ich habe es nicht erkennen können. Daher hoffe ich auf das größere Computerbild.«
»Dann hat er schon an etwas gedacht.«
»Sicher.« Ich lächelte. »So leicht kann man seinen Gedankenapparat nicht abstellen. Er steht auch unter Stress. Er weiß, dass er verloren hat. Möglicherweise sucht er gedanklich nach Hilfe.«
»Es wird immer unwahrscheinlicher«, flüsterte mir die Fotografin zu.
»Sie können kommen und schauen, Mr. Sinclair.«
Jetzt hielt mich wirklich nichts mehr. Auch mein Herz klopfte schneller. Jens Rückert schuf mir Platz.
Ich erhaschte einen Blick auf sein Gesicht, das ebenfalls von der Anspannung gezeichnet war. »Da ist wirklich was«, flüsterte er.
Der niedrige Stuhl vor dem Computer war frei, sodass ich mich setzen konnte.
Ja, ich sah das Bild. Es nahm den gesamten Bildschirm ein und war trotzdem noch scharf, was wiederum auf eine perfekte Kamera schließen ließ. Sogar die Schweißtropfen auf der Stirn des Polizisten malten sich ab. Den Mund hielt er etwas geöffnet, und der Ausdruck seiner Augen kam mir irgendwie glasig vor.
Ich schaute mir die
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