1292 - Die Blutbrücke
und auch an einigen Stellen dunkle Schauerwolken.
Über die A 5 ging es in Richtung Karlsruhe. Ich nahm mir natürlich vor, bei der erstbesten Gelegenheit eine Currywurst zu essen, aber die musste noch warten. Zuerst kam der Dienst an die Reihe.
Nachdem die Hänge des Odenwalds an der linken Seite an mir vorbeigehuscht waren und ich daran dachte, dass mein damaliger Freund Will Mallmann dort in der Nähe geheiratet hatte und seine Frau beim Verlassen der Kirche von der Sense des Schwarzen Tods umgebracht worden war, suchte ich eine Raststätte auf und besorgte mir einen Stadtplan von Baden-Baden. Ein Satellitenleitsystem besaß der Golf nicht, aber der gute alte Stadtplan tat es auch.
Ich suchte den Fluss Oos heraus, verfolgte seinen Lauf mit dem Finger und stellte fest, dass es mehrere Brücken gab, die darüber hinwegführten. Namen der Brücken waren nicht angegeben. Da würde man mir sicherlich in der Stadt selbst nachhelfen.
Staulos ging die Fahrt weiter, und eine Stunde später hatte ich Baden-Baden erreicht. Jetzt wäre es an der Zeit gewesen, meinen Freund Harry Stahl anzurufen. Das verschob ich, denn ich wollte mir zuerst die Brücke anschauen. Auf ein paar Minuten mehr oder weniger kam es in diesem Fall bestimmt nicht an.
Auskunftsorte sind immer wieder Tankstellen. Ich ließ Sprit nachlaufen und erkundigte mich nach dem Bezahlen bei dem jungen Mann hinter dem Tresen nach der Blutbrücke.
Er schaute mich forschend an und kratzte mit dem Fingernagel an seiner Nase herum.
»Ja, die gibt es.«
»Super.«
»Aber die ist nichts Besonderes. Nur der Name ist so komisch.«
»Ich möchte sie mir trotzdem ansehen.«
Plötzlich riss er seine Augen weit auf. »Ach, dann… dann wollen Sie auch an der Fete teilnehmen oder?«
»Welche Fete?«
»Die Halloween-Fete. Das geht los, wenn es richtig dunkel geworden ist. Da wird die Straße für eine gewisse Zeit abgesperrt. Sogar bis zum frühen Morgen, denke ich. Die Leute können dort richtig feiern und den Bär rauslassen.«
»Das habe ich nicht gewusst. Es wohnt ein Bekannter von mir in der Nähe der Brücke.«
»Ach so ist das.«
Da kein weiterer Kunde erschien, um zu bezahlen, hatte der junge Mann Zeit genug. Er gab mir eine recht genaue Beschreibung und kam noch mal auf die Geisterfete zu sprechen.
»Sie sind doch nicht von hier. Sollten Sie sich ansehen. Da wird zum ersten Mal die Blutbrücke ihrem Namen gerecht.«
»Ich hab's nicht so mit Halloween.«
»Ich schon.« Sein Gesicht verschloss sich. »Aber ich habe leider Dienst. Wir haben auch in der Nacht geöffnet.«
»Tja, es trifft immer die Falschen.«
»Da sagen Sie was.«
Ich bedankte mich bei ihm noch mal für die Auskünfte und machte mich auf den Weg zur Blutbrücke.
Bisher hatte ich nur von ihr gehört. Nun war ich begierig darauf, sie kennen zu lernen. Was mir nur etwas sauer aufstieß, war die nächtliche Party, die dort ablaufen sollte. Das war nicht in meinem Sinne.
Wenn wirklich eine dämonische Kraft hinter der Blutbrücke steckte, konnte sich diese sehr schnell ausbreiten und würde auch vor den Menschen nicht Halt machen und sie möglicherweise in den Strudel mit hineinziehen.
Die Gegend, in der sie lag, war völlig normal. Häuser, Bäume, große Rabatten mit Blumen, die inzwischen verblüht waren. Fallendes Laub in seiner bunten, herbstlichen Vielfalt und erste leichte Dunstschwaden, die in der Nähe des kleinen Flusses Oos aufstiegen.
Vor der Brücke teilte er sich. Das hatte ich auf dem Stadtplan gesehen. Als Oosbach führte er unter der Brücke hindurch.
Ich überlegte, ob ich sie einmal überfahren sollte, dann drehen und wieder zurückfahren. Das brachte nichts. Es war besser, wenn ich sie zu Fuß durchmaß.
Eine Parklücke fand ich, stieg aus und stellte fest, dass noch nichts auf die nächtliche Halloween-Party hinwies, denn weder an meiner Seite noch an der anderen sah ich eine Absperrung.
Am Anfang der Brücke blieb ich stehen. Ein Beobachter hätte mich für einen unschlüssigen Typ halten können, der sich nicht entscheiden konnte, ob er nun gehen sollte oder nicht.
Ich wartete noch. Suchte nach irgendwelchen Hinweisen, die meinen Verdacht bestätigten.
Aber es gab nichts. Es gab nur die Straße mit dem Mittelstreifen und rechts und links von ihr die beiden Gehsteige für die Fußgänger. Das war alles.
Es fuhren kaum Autos über die Brücke hinweg, und als Fußgänger hatte sich ebenfalls noch keine andere Person zu mir gesellt.
So blieb ich weiterhin
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