1292 - Die Blutbrücke
befinden.
Justine spielte mit mir. Hier kannte sie sich aus. Sie benutzte diese Dimension. Sie konnte Stärke beweisen, aber sie hatte mich bisher nicht angegriffen, obwohl es ihr ein Leichtes gewesen wäre. Es gab für mich nur eine Lösung.
Sie hatte noch weitere Dinge mit mir vor. So war diese Reise nicht mehr als der Anfang.
Da von Justine nichts zu sehen war, drehte ich mich um. Es brachte nichts ein. Auch dort wallten die Nebelfetzen wie große Tücher. Sie verwehrten mir den Blick in die normale Welt und auf die Brücke, auf der ich möglicherweise noch stand, obwohl ich unter meinen Füßen auch jetzt keinen Widerstand spürte. Ich stand auch dort praktisch im Nebel.
»Noch immer überrascht, John?«
Ihre Stimme war da. Ich zuckte leicht zusammen, gab mir sofort danach einen sehr gelassenen Ausdruck und hob die Schultern. »Nicht über dich, Justine, mehr über die Umstände.«
»Das dachte ich mir. Ich will es genau und klar ausdrücken. Du kommst mit der neuen Lage nicht zurecht.«
»Nur schwer.«
»Du hinterfragst!«
»Das ist klar. Das würde jeder an meiner Stelle tun. So etwas ist nichts Besonderes.«
»Gut, aber du kennst die Antworten nicht.«
»Das stimmt auch, Justine. Dabei hoffe ich, dass du sie mir geben wirst. Oder weshalb bist du sonst erschienen?«
»Siehst du mich denn?«
»Ich höre dich. Das reicht.«
Dann hörte ich ihr Lachen, bevor sie sagte: »Noch immer so arrogant, Sinclair.«
»Irrtum. Ich bin Realist!«
»Auch die können sterben«, drang die Stimme irgendwo aus dem Nebel.
»Das ist wahr. Wenn du es versuchen willst, dann zeig dich. Wir können es hier austragen.«
»Ah, Sinclair, nicht so. Du weißt, dass du gegen mich verlieren würdest.«
»Gegenfrage. Hast du denn je gewonnen? Dein letzter großer Coup ist dir misslungen. Selbst als du Glenda Perkins als Geisel genommen hast, ist es dir nicht gelungen. Auch du hast Feinde, Justine. Ich brauche da nur an Assunga zu denken. Aber um sie geht es ja hier wohl nicht, oder?«
»Nein, nicht um sie. Nur um dich. Und diesmal läuft es anders, das kann ich dir versprechen. Die Brücke ist wichtig für mich. Ich habe auch erst vor kurzem erfahren, dass es sie gibt. Und ich erfuhr auch einiges über ihre Vergangenheit. Etwas, das die Menschen hier nicht wissen. Sie denken nur an die Schlacht, die hier in der Nähe stattgefunden hat. Nicht grundlos wird eine Gegend hier das Blutfeld genannt. Es ist viel Blut geflossen, und das haben auch meine Freunde erfahren. Schon in früheren Zeiten sind sie hier aufgetaucht, um sich zu sättigen. Sie haben hier auf der Brücke ihre Zeichen gesetzt. Sie haben getötet, sie haben sich mit Waffen versorgt und konnten sich am sprudelnden Blut der Menschen erfreuen. Das ist vorbei. Es gibt keine großen Schlachten mehr, aber es gibt die kleinen, und es ist eine Tatsache, dass die Kraft der Blutbrücke nach wie vor existiert.«
»Das habe ich erlebt. Sie kann also in zwei verschiedenen Ebenen vorhanden sein. Für mich ist sie ein transzendentales Tor hinein in die Vergangenheit…«
»Doch nicht das, Sinclair. Oder nicht nur das. Nein, sie ist der Weg in eine wichtige Dimension. Die Brücke ist so etwas wie ein Türöffner, auch für dich.«
»Und was bedeutet das genau?«
»Du bist einen großen Schritt gegangen, und das reicht. Ich habe die Probe mit Casey Jordan gemacht und ihn auf deine Spur gesetzt. Ich wollte sehen, ob es klappt und ob er die Kräfte dieser Welt für sich übernommen hat und einsetzen konnte. Er schaffte es. Du hast es erlebt. Du hast sogar seine Gedanken sehen können.«
»Ja, das war schlimm genug.«
»Aber für dich kommt es noch härter, Sinclair. Viel härter. Denn wo du dich befindest, da hat auch Casey Jordan gestanden. Er hat sich ebenfalls mit dieser Dimension auseinander setzen müssen. Es blieb ihm keine andere Möglichkeit. Ich habe es nicht zugelassen, und er war auch nicht in der Lage, sich zu wehren. Genau das wirst du auch nicht sein, John Sinclair. Glaube es mir.«
»Ja, ich habe genug gehört. Nur möchte ich, dass du endlich zur Sache kommst.«
»Keine Sorge, das wird passieren. Es wird nur mit dir etwas geschehen, darauf solltest du dich schon vorbereiten, John.«
Mir gefiel es nicht, was die für mich unsichtbare Justine Cavallo hier abzog. Sie gab sich so verdammt sicher, und wenn ich an den Kollegen Casey Jordan dachte, bekam ich schon Magendrücken. Sein Verhalten war völlig irrational gewesen, ebenso wie seine besonderen
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