1293 - Halloween-Horror
und auch Harrys Sieg über sie war jetzt Vergangenheit und für die Zukunft nicht relevant. Sie würde zurückkehren, falls sie nicht schon da war. Und sie würde zuschlagen, das stand für ihn ebenfalls fest.
So viele Opfer auf einmal bekam sie nicht jeden Tag geliefert. Die jungen Menschen wollten einfach nur ihren Spaß haben und dachten im Traum nicht daran, dass sie als lebende Blutbänke für eine hungrige Vampirin die Brücke bevölkerten. Justine war stark. Sie bewegte sich in der Vergangenheit ebenso wie in der Gegenwart. Sie hatte einen neuen Weg gefunden und Harry wusste keine Lösung, um sie zu stoppen.
Angela Finkler hatte sich mit der gleichen Frage beschäftigt. »Können wir denn nichts tun, Herr Stahl?«
»Das ist so schwer.«
»Aber Sie wüssten eine Lösung.«
»Ja.« Er blickte jetzt wieder in ihre gespannten Gesichter, in denen die Furcht noch nicht verschwunden war. »Wir müssten die Party abbrechen, die Brücke räumen und dafür sorgen, dass sich die Menschen in Sicherheit bringen. Einen anderen Vorschlag habe ich nicht. Doch ich weiß auch, dass er nicht durchführbar ist. Das ist eben unser Problem. Niemand würde uns glauben. Man würde uns davonjagen und…«
»Was ist denn, wenn wir die Polizei alarmieren?«, fragte Jens.
Harry Stahl lächelte etwas spöttisch. »Nein, Herr Rückert, nur das nicht. Was wollen Sie den Beamten denn sagen? Dass wir es hier mit einer Vampirin zu tun haben? Würde man uns das abnehmen? Seien Sie ehrlich. Wie würden Sie sich als Polizist verhalten, wenn Ihnen jemand diesen Vorschlag unterbreiten würde?«
»Das kann ich nicht sagen. Und glauben…?« er blickte seine Kollegin an, die nur den Kopf schüttelte.
»Wenn ich als Polizistin so etwas hören würde, dann würde ich die Zeugen allesamt für verrückt halten.«
»Eben«, sagte Harry.
»Dann weiß ich auch nicht mehr weiter«, flüsterte Jens. »Ich hatte ja voll und ganz auf John Sinclair gesetzt. Ich habe ihn in London erlebt, wie er eingriff, aber das ist jetzt wohl vorbei.«
Harry stand seinem Freund bei. »Im Normalfall sieht das auch anders aus«, sagte er, »und wir sollten die Hoffnung auch nicht aufgeben, im Moment hängen wir zwischen Stamm und Borke. Wir wissen nicht, wie es weitergeht und können selbst nichts in die Wege leiten. Das muss man leider so deutlich sagen.«
»Aber Sie glauben nicht, dass John völlig außer Gefecht gesetzt worden ist?«
»Nein, auf keinen Fall. Der fängt sich wieder. Darauf könnt ihr euch verlassen.«
Jens Rückert trat dicht an Harry heran. »Glauben Sie an das, was sie da gesagt haben?«
»Zumindest traue ich es ihm zu. Er gibt nicht so schnell auf. Darauf können Sie sich verlassen.«
»Auf uns hat er einen anderen Eindruck gemacht.« Rückert winkte ab. »Es ist müßig, sich darüber Gedanken zu machen.«
»Das sollten Sie nicht mehr.«
»Was meinen Sie?«
»Ganz einfach. Ziehen Sie sich zurück. Verlassen Sie die Brücke. Es ist ja nicht Ihr Fall.«
»Nein, das werden wir nicht tun!«, erklärte der Journalist. »Wir bleiben. Das verlangt allein die Berufsehre schon von uns, und deshalb werden Sie uns auch nicht los.«
»Okay. Aber haben Sie auch an die Gefahren gedacht?«
»Das habe ich. Sie waren auch in London vorhanden. Da sind wir auch ungeschoren davongekommen.«
»Es ist Ihre Entscheidung.« Harry lächelte ihnen zu und winkte dann mit beiden Händen einer Person entgegen, die mit schnellen Schritten auf sie zulief. Es war Heiko Fischer, den Harry kurz vorstellte.
Angela musste lachen. »Nein, nein, das ist nicht nötig. Ich kenne Heiko von früher. Er hat uns den Tipp gegeben, wo wir die Blutbrücke finden können.«
»Dann ist alles klar.«
Wegen der Kälte trat Heiko von einem Bein auf das andere. Er zog auch einige Male die Nase hoch.
»Am anderen Ende der Brücke ist auch nichts weiter passiert«, erklärte er. »Jedenfalls ist mir nichts aufgefallen. Das wollte ich nur melden.«
»Danke.«
»Bleiben wir hier?«
Harry schüttelte den Kopf. »Nein, ich denke nicht. Denn bei der Cavallo spielt die Musik immer dort, wo sich Menschen aufhalten. Ich will einfach nicht glauben, dass sie hungrig verschwindet. Das kann sie sich nicht leisten. Sie muss einfach das Blut der Menschen trinken, um zu existieren. So sind nun mal die verdammten Gesetze, denen auch sie sich unterwerfen muss.«
Angela tippte Harry Stahl an. »Mal ehrlich, hoffen Sie denn, dass sie wieder erscheint?«
Stahl zuckte die Achseln. »Zunächst hoffe
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