1295 - Feuerfluch
Dingen beschäftigen.«
»Es gibt eben Ausnahmen.«
»Klar, das erlebe ich jetzt.«
Ann Moore würde noch lange über das Erlebte nachdenken, das stand für mich fest. Sie hatte jetzt hinter die Kulissen geblickt und erkannt, dass es noch eine andere Welt gab, von der die überwiegende Anzahl der Menschen nichts ahnte.
Die Zeit war fortgeschritten und hatte auch vor dem kleinen Ort nicht Halt gemacht. Die Dunkelheit war da, und so waren die Menschen gezwungen, die ersten Lichter in den Häusern einzuschalten.
Fenster erhellten sich, ein paar wenige Laternen gaben ihre Helligkeit ab, und wenn jemand Romantiker war, dann hätte er Green's Hook als verzaubert ansehen können.
Auch im Haus des David Moore brannte Licht. Die Außenleuchte hatte er ebenfalls eingeschaltet, und ihr gelblicher Schein floss über die Hauswand hinweg. Er malte auch die Blätter der Gewächse an und gab ihnen einen goldenen Schein.
Moore stand vor der Haustür. Wir sahen seine Silhouette im Licht der Lampe. Er rauchte eine Zigarette. Im Ort herrschte eine seltsame Stille.
David Moore hatte uns gesehen. Er warf seine Zigarette weg und trat die Glut aus. Als wir ihn fast erreicht hatten, blieben wir stehen und seine Schwester sagte: »Da sind wir wieder.«
»Das sehe ich.«
Ann schüttelte den Kopf: »Und mehr sagst du nicht?«
»Was soll ich sonst sagen?«
Ann regte sich weiter auf. »Du könntest uns zumindest fragen, wo wir gewesen sind«, zischte sie.
»Das weiß ich doch.«
»Toll!« Sie schüttelte den Kopf. »Du bist ein Ignorant, David. Ein verfluchter Ignorant. Du willst nicht sehen. Du verschließt die Augen. Aber diese Zeiten sind jetzt vorbei. Es hat sich verdammt viel verändert, das kann ich dir schwören.«
»So…?«
Sie konnte nicht mehr an sich halten, und so brach es aus ihr hervor. »Proctor ist tot, David. Ja, er ist tot, hörst du? Er verbrannte, weil sein eigenes Blut zu kochen begann. Es wurde heiß, und so brachte es ihn um!«
Der Mann sagte nichts. Aber er hatte seine Ruhe verloren. Er stand auf der Stelle und bewegte seine Füße. Auch die Hände rieb er gegeneinander. Aus seinem Mundspalt erschien die Zunge, die mit schnellen Bewegungen die Umrisse der Lippen nachzeichnete. Er senkte den Kopf. Jeder von uns hörte sein leises Stöhnen.
»Wir sollten vielleicht ins Haus gehen und dort weitersprechen«, schlug Suko vor.
David Moore nickte. »Ja, ich habe nichts dagegen. Es ist bestimmt besser. Man kann nicht hier draußen bleiben. Nicht jetzt, und nicht in dieser Nacht.«
Ich horchte bei seinen letzten Worten auf. Sie klangen, als wüsste er mehr, und wenn das der Fall war, durfte er nicht schweigen. Nur durch ihn kamen wir weiter.
Das Haus war nicht besonders groß. Moore führte uns in einen Raum, der sehr gemütlich eingerichtet war. Bilder hingen an den Wänden, die Decke war mit hellen Holzbalken verkleidet, und die Sitzmöbel hatten ein nostalgisches Design. Hier beherrschte echtes Holz die Einrichtung. Ich konnte mir vorstellen, dass Moore vieles selbst angefertigt hatte.
Auch seine Schwester staunte. »Du hast ja nichts verändert, seit Gwen weg ist.«
»Stimmt. Ich habe es bewusst nicht getan. Ich will ja, dass sie zurückkehrt, und die Chancen stehen nicht schlecht. Noch vor Weihnachten gibt sie mir ihre Entscheidung bekannt.« Er lächelte verloren und wies gegen die Decke. »In den Kinderzimmern habe ich auch alles so gelassen. Die beiden sollen sich wie zu Hause fühlen.«
»Das werden sie auch.«
»Aber ich möchte nicht, dass sie zurück in eine Hölle kehren«, sagte David Moore. Er nickte. »Ja, ich habe Angst, große Angst, Ann. Ich weiß, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Jeder weiß es – jeder…« Er verstummte. Mit einer Handbewegung deutete er auf die Couch und die Sessel. »Bitte, setzt euch doch. Ich hole etwas zu trinken. Wasser oder ein Bier und…«
»Für mich bitte nichts«, sagte ich, »denn ich glaube, dass wir nicht viel Zeit haben.«
»Ja, wie Sie meinen.«
Die anderen wollten auch nichts trinken, und so saßen wir schließlich in der Runde, in der sich David Moore unwohl fühlte, was er auch nicht verbergen konnte.
Er schaute auf seine Knie. Es quälte ihn etwas, und er konnte die Frage schließlich nicht mehr zurückhalten. »Stimmt es wirklich, dass Proctor tot ist?«
»Leider«, erklärte Suko. »Und er ist auch keinen normalen Tod gestorben, sondern verbrannt. Innerlich, meine ich. Sein Blut hat ihn getötet. Sein heißes Blut.«
David
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