1297 - Das Blutsee-Quartett
Man hat ihn vorn Dienst suspendiert. Man hat ihn auch für übergeschnappt erklärt, aber daran glaube nun ich wieder nicht. Sonst säßen Sie auch nicht hier.«
Dagegen war nichts zu sagen. Ich trank meinen Milchkaffee in kleinen Schlucken und überlegte mir dabei die nächste Frage. »Haben sich noch irgendwelche Personen um diesen Blutsee gekümmert? Oder nach ihm gefragt?«
»Mich nicht.«
»Und den Piloten?«
Anselmo winkte ab. »Nein, nein, das auf keinen Fall. Das hätte er mir gesagt. Er stand ziemlich allein auf weiter Flur und ist froh gewesen, hier den nötigen Schutz zu bekommen.«
»Wo wurde er untergebracht?«
»Oben, in unseren Gästezellen.«
Ich musste lächeln. »Zellen ist gut gesagt.«
»Nun ja, meine Mitbrüder leben oft sehr spartanisch. Sie werden in der oberen Region auch kein elektrisches Licht finden, und das gilt auch für die Zellen meiner Mitbrüder. Hier unten wird gearbeitet und dem Tageswerk nachgegangen, oben wird geschlafen oder gelesen. Das allerdings im Licht der Ölleuchten.«
»Wem es gefällt«, sagte ich. »Für mich wäre das nichts.«
»Ich habe noch nie Beschwerden gehört.«
Mit der rechten Hand klopfte ich auf die Lehne. »Ich nehme an, wir sollten uns oben mal umschauen und mit Paolo Cotta reden. Je früher - desto besser.«
Anselmo erhob sich noch nicht. »Moment, John, haben Sie vor, den Blutsee noch in der Nacht zu besuchen?«
»Erst müssen wir ihn finden.«
»Das würde mit meiner Hilfe schon klappen. Ich dachte nur, dass wir ihn uns bei Tageslicht ansehen. Da sehen wir viel mehr.«
»Auch. Es kommt darauf an, was uns der Pilot zu sagen hat. Danach sollten wir uns entscheiden.«
»Gut, das sehe ich ein.« Anselmo lächelte. »Meine Sicht der Dinge ist eine etwas andere, das werden Sie verstehen. Ich bin weniger Polizist und mehr Mönch.«
»Ja, ja, offiziell. Im Prinzip jedoch kommt Ihre Arbeit der unsrigen schon nahe.«
Anselmo hob bescheiden die Schultern. »Man tut, was man kann, sage ich dazu nur.«
»Alles klar.« Ich stand als Erster auf. »Wollen wir zu Cotta gehen oder holen Sie ihn?«
»Nein, wir gehen zu ihm in die Zelle. Ich kann ihn dort oben ja nicht durch einen Anruf erreichen.«
»Das stimmt auch wieder.«
Wir verließen den gemütlichen Raum. Es war komisch, aber mir ging die Aussage des kleinen Mönchs nicht aus dem Kopf. Er hatte von einer blonden Frau gesprochen. Da gab es natürlich viele, aber ich musste an eine bestimmte denken.
Da Father Anselmo vor uns herging, konnte Suko an meiner Seite bleiben, und ich hörte auch seine geflüsterte Frage. »Wenn ich dich so sehe, könnte ich glatt auf den Gedanken kommen, dass du über das nachdenkst, was auch mir durch den Kopf geht.«
»Ach ja?«
»Du denkst an sie, nicht?«
Ja », gab ich leise zu.« Das Blut würde zu ihr passen. Eben zu Justine Cavallo…
***
Das Fenster war zerstört. Das Glas lag als glitzernde Scherben auf dem Boden, und auf der Fensterbank hockte mit angezogenen Knien eine blonde Frau.
Paolo Cotta sah sie. Diese Person war kein Traum, doch er konnte es noch immer nicht fassen, dass sie in die Wirklichkeit gehörte. Zu fremd war ihm alles. Auch wie sie an der Außenseite in die Höhe geklettert war, das brachte kaum ein Mensch fertig. Dazu gehörte schon mehr als das. Und sie hatte zudem das Fenster so locker eingeschlagen, als wäre es nichts anderes als ein Stück Pappe. Dabei hätten ihr die scharfen Seiten der Scherben in die Hand schneiden müssen, auch das war nicht der Fall gewesen und erweiterte die Rätsel nur noch mehr.
Jetzt hockte sie da, ohne sich zu bewegen, und Cotta überkam der Eindruck, dass sie es bewusst tat.
Sie wollte gesehen und angestarrt werden, denn sie war wirklich etwas Außergewöhnliches. Paolo Cotta kannte sich schon mit Frauen aus, doch so eine wie sie hatte er noch nie im Leben gesehen.
Das war schon ein Schuss. Ein Volltreffer im Bett, davon war er überzeugt. Eine hellblonde Mähne, die ein Gesicht umrahmte, das auch einer Puppe hätte gehören können. Alles war eben, nichts war schief, und sie wusste auch genau, wie sie sich kleiden musste, um noch mehr aufzufallen, um ihre Reize auszuspielen.
Dunkle Kleidung aus weichem Leder umspannte ihren Körper, der perfekt war. Zumindest für jemanden, der auf Kurven stand. Draußen war es nicht eben kühl. Trotzdem trug sie unter der Lederjacke nur so etwas wie ein Top oder auch ein Bustier, wobei der Busen noch in die Höhe gedrückt wurde.
Sie war perfekt. Von ihr
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