13 - Der Gott der Finsternis
Detective zu knebeln und zu betäuben. In Anbetracht des mitternächtlichen Anrufs von Mr. Trick hatte ihnen diese Vorsichtsmaßnahme vermutlich eine Menge unnötigen Ärger erspart. Der Vampir hatte in der verschlagenen kleinen Buffy die Jägerin erkannt, eine notorische Unruhestifterin, die am Coyote Rock herumgeschnüffelt hatte. Unglücklicherweise war sie entkommen und hatte Rupert Giles von ihren Erkenntnissen berichten können, aber die Situation wäre weit komplizierter geworden, hätte das Mädchen herausgefunden, dass Detective Dwayne Thomas ihr Gefangener war und nicht in Los Angeles nach Dr. Baine suchte.
Bebend blieb Lucy am Rand der hell erleuchteten Wasserrinne stehen und blickte den dunklen Hang hinauf, doch ihr Schaudern war keine Folge der kalten frühmorgendlichen Luft, sondern Ausdruck einer Leidenschaft, wie sie sie noch nie zuvor erlebt hatte.
Tezcatlipoca.
Sie allein hatte sein Gesicht gesehen - das prachtvolle Antlitz einer allmächtigen Gottheit, deren menschliche Gestalt ihr den Atem geraubt hatte. Das Verlangen, das er geweckt hatte, übertraf bei weitem ihren weltlichen, wissenschaftlichen Ehrgeiz und ließ die alltäglichen Sorgen, die ihr Leben bestimmt hatten, nichtig erscheinen.
Nie zuvor hatte sie eine Beziehung geführt, die länger als ein paar
Wochen gedauert hatte, nie jemanden kennen gelernt, der ihre Intelligenz und ihren Ehrgeiz wirklich zu schätzen gewusst hätte, nie damit gerechnet, jemandem zu begegnen, der fähig wäre, die Leidenschaft zu wecken, die schon so lange in ihrem Innern geschlummert hatte.
Bis sie den rauchenden Spiegel gefunden und den finsteren aztekischen Gott erblickt hatte.
Ohne Zögern hatte sie sich ihm unterworfen, und sie hatte nicht ein einziges Mal an dieser Entscheidung gezweifelt. Nun war sie das Instrument, mit dessen Hilfe Tezcatlipoca seine Macht zurückerobern und nach Jahrhunderten der Gefangenschaft wieder in menschlicher Gestalt die Welt durchschreiten würde. Und im Gegenzug für ihre Loyalität würde sie an seiner Seite als seine Gemahlin über das Reich der Finsternis herrschen.
Lucy lachte leise, während sie auf den Felsensims am Fuß des Hügels zuging. Die Ironie der Geschichte war nicht zu übersehen, denn bevor sie Tezcatlipoca begegnet war, hätte sie sich tatsächlich zu Rupert Giles hingezogen gefühlt. Unter der scheuen und unbeholfenen Oberfläche des Akademikers hatte sie eine außergewöhnliche Kraft gefühlt. Doch da Giles nur die Hälfte seiner Schüler zu ihr bringen würde, würde auch sein Herz der Wiedergeburt Tezcatlipocas dienen müssen. Intelligent und stark wie er war, hatte der Bibliothekar diese Ehre gewiss verdient. Etwas, das sie von den Männern, derer sie sich in der letzten Nacht bemächtigt hatte, nicht behaupten konnte.
Rolf erhob sich und streckte sich, als er sah, dass sie auf ihn zukam. Carrie hatte sich am Boden zu einer Kugel zusammengerollt und schlief friedlich neben einem kleinen Lagerfeuer. Lucy machte sich in Gedanken einen Vermerk über sie, denn die fehlenden Schüler mussten aus den Reihen der Lagermitarbeiter ersetzt werden. Morgen würde sie die endgültige Auswahl treffen.
»Haben wir noch Kaffee?«, fragte Rolf.
»Ja, reichlich. Geh nur.« Lucy deutete mit einem Nicken auf das Zelt. »Aber halte dich nicht zu lange auf. Die Vorbereitungen für die Zeremonie heute früh werden einige Zeit erfordern.«
Rolf nickte, übergab ihr die Waffe des Detectives und machte sich im Laufschritt auf den Weg.
Lucy setzte sich auf den niedrigen Felsen und betrachtete die drei betäubten Gefangenen: der Detective, ein heimatloser Trinker und ein Anhalter mittleren Alters.
Sie hatte in ihrem Motelzimmer geschlafen, als ein fremder Mann, der sich Mr. Trick genannt hatte, an der Tür erschienen war. In dem Wissen, dass eine Prise des Yauhtli-Pulvers in ihrer Hand reichte, jeden Mann auf der Stelle auszuschalten, hatte sie ihn eingeladen, einzutreten.
Sie hatte ihm die Geschichte von einer Allianz zwischen ihm und Tezcatlipoca nicht abgenommen, bis er ihr sein von grotesken Wülsten entstelltes Vampirgesicht gezeigt hatte. Seltsamerweise hatte sie das nicht erschreckt, und eine Partnerschaft zwischen Tezcatlipoca und dem Untoten schien ein logischer Schritt zu sein, der sich bereits bezahlt gemacht hatte.
Wenn Mr. Tricks Untergebene den Coyote Rock nicht überwacht hätten, hätte sie nicht erfahren, dass Giles von der veränderten Situation an der Ausgrabungsstätte wusste. Nun hingegen war
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