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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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sich auf den Weg zu seiner Funkkabine begab.
    Kapitän Petersen umfuhr mit Kreide die Umrisse, die das Mädchen auf dem Boden bildete. Aber die nassen Stahlplatten nahmen die weiche Kreide nicht auf. Er drückte ein Punktraster ein und hoffte, damit der Polizei einen Dienst zu erweisen.
    »Vorsichtig!«, rief Dr. Mann, als sie die Tote auf die Trage legten.
    Der III. Offizier ging voraus und vertrieb einige Neugierige. Sie trugen Iris Melchior zur Sanitätsstation. Petersen suchte den Boden ab. Seine Bemühungen blieben nicht ohne Erfolg. Er hob mit einem Taschentuch eine leere Cola-Dose auf und sammelte einige Zigarettenkippen ein, die aufgeweicht in der Regenrinne lagen. Danach ließ er die Eingangstür zum A-Deck schließen und die windgeschützte Veranda unterhalb des Sonnendecks mit Seilen absperren. Es gelang ihnen, die tote Iris Melchior ohne nennenswerte Störungen durch Passagiere in die Krankenstation zu bringen.
     
    Der weiß gekachelte Raum glich mit den medizinischen Geräten einer Großstadtpraxis.
    »Ach, die habe ich ganz vergessen!«, stöhnte Dr. Mann und blickte auf die schlafende Frau Dr. Brittö, die den Kabinenschlüssel in ihren verkrampften Händen hielt. Auf rotem Plastik las er 382 E. Der Sanitätsoffizier, den der Tod des schönen Mädchens sehr mitnahm,sagte: »Doktor, bringen wir sie in ihre Kabine, dort kann sie sich ausschlafen.«
    Der Arzt überlegte. »Die Dosis war zu schwach. Wenn sie aus ihren Träumen erwacht, macht sie bestimmt Theater. Wir müssen sie wecken. Jetzt, im beruhigten Zustand, wird sie besser damit fertig.«
    Er schritt an die Liege, auf der Dr. Brittö lang ausgestreckt mit ruhigen Atemzügen schlief.
    Dr. Mann setzte sich auf den Rand zu ihr und redete beruhigend auf sie ein. Dabei schüttelte er leicht ihr knochiges Handgelenk.
    Das Fräulein Doktor kam langsam zu sich. Nach schreckhaften Blicken durch die Brille und hastigen Kopfbewegungen schnellte ihr Oberkörner hoch.
    »Was ist mit mir?«, fragte sie überrascht.
    Dr. Mann antwortete ganz ruhig: »Fräulein, wie war noch Ihr Name?«
    »Dr. Brittö!«, sagte sie hastig.
    »Ja, Fräulein Brittö, mit Ihnen ist alles in Ordnung, aber Ihre Vermisste ist nicht mehr in Ordnung.«
    Dr. Brittö trieb die Nachricht Sorgenfalten in das spitze Gesicht.
    »Ist sie . . . ?« Sie kam nicht weiter, denn sie hatte Iris Melchior entdeckt, die regungslos auf der Trage lag.
    »Ja«, sagte Dr. Mann, »das Mädchen ist tot.«
    Dr. Brittö besaß zu wenig Widerstandkraft. Sie ließ ihren platten Oberkörper auf die Liege fallen und heulte drauflos.
    Dr. Mann zog bereits eine Spritze auf. Er legte sie auf den Emailletisch und wartete.
    Malzer, dem es fast selbst so zumute war wie der heulenden Frau, stierte immer wieder auf das hübsche Gesicht der Leiche. Der Arzt fand die Vene. Dr. Brittöwar noch so geschockt, dass sie nicht einmal fühlte, wie er das Medikament in ihren Blutkreislauf drückte. Dabei fragte er: »Wer war sie?«
    Dr. Brittö antwortete wie in Trance. »Iris Melchior! Ich habe sie heute kennen gelernt. Wir teilten die Kabine. Schade, eine so nette Person!«
    Dr. Mann legte die Spritze weg. »Fräulein Dr. Brittö, Sie benötigen viel Schlaf. Wir bringen Sie jetzt in Ihre Kabine.« Die Spritze wirkte bereits, denn sie erhob sich matt und hängte sich müde in die Arme der Männer, die sie durch den Gang zur Kabine führten.
    Als sie zurück waren, telefonierte Dr. Mann mit dem Kapitän. »Herr Petersen, zuerst genehmige ich mir einen Schluck, dann untersuche ich die Tote. Das Mädchen heißt Iris Melchior und wurde von ihrer Kabinengenossin sozusagen bereits identifiziert. Wir haben Dr. Brittö mit einer Spritze in den Schlaf geschickt. Das war notwendig. Die Damen bewohnten die Kabine 382 E. Es wäre gut, wenn sich ein weibliches Besatzungsmitglied gelegentlich um sie kümmern würde.«
    Der Kapitän hatte geduldig zugehört. Er rührte mit einem kleinen Löffel durch die Kaffeetasse, die der Steward ihm gebracht hatte, und nickte dann.
    »Ich folge Ihrem Rat. Ich warte Ihre Untersuchungsergebnisse ab, bevor ich in Emsham Direktor Meyerfels um weitere Hinweise bitte. Hoffentlich sickert die Scheiße nicht durch!«
    Der Kapitän legte den Hörer auf die Gabel.
    »Scheußlich!«, sagte er angewidert.
    Die »Polar-Road Star« lief mit vollen Umdrehungszahlen der 18000 PS am Rande des Skagerraks, mit Kurs Süd-Süd-Ost. Der Orkan war über sie hinweggefegt, und die nachfolgenden Sturmausläufer mit Stärkenzwischen 6

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