13 kleine Friesenmorde
»Was?«, fragte er. »Das Mädchen hatte . . . ?« Entschlossen wandte er sich an den Kapitän. »Ich muss sofort Peter Malzer haben. Sofort!«, rief er wütend.
Die Kriminalbeamten horchten auf.
Peter Malzer! Das »P« auf der Einladung! Die Aktennotiz!
Sie schwiegen, während Dr. Mann nervös mit den Händen auf der Tischplatte trommelte.
Der Sanitätsoffizier erschien. Er rang nach Luft vom eiligen Lauf. Mit bleichem Gesicht blickte er sich um.
»Herr Malzer, haben Sie am Abend, als Iris Melchior ermordet wurde, ihr vorher Medikamente aus unserer Apotheke ausgehändigt?«, fragte Dr. Mann. Seine Stimme klang durchdringend.
Aus Malzers Gesicht wich Farbe. Unsicher blickte er seinen Vorgesetzten an.
»Ja«, sagte er und fast stotternd fügte er hinzu: »Sie war bei mir, als wir ablegten, und klagte über Kopfschmerzen. Sie sprach von Migräne und bat um Medikamente gegen die Seekrankheit. Ich habe mich mit ihr unterhalten. Sie war dankbar, als ich ihr die Medikamente versprach.«
Dr. Mann war wütend. »Wie konnten Sie, ich hatte doch den Schlüssel?«
Der Sanitätsoffizier schüttelte den Kopf. »Ich hatte den Schlüssel. Sie hatten ihn mir gegeben, da Sie befürchteten, dass wir wegen des Sturmtiefs viel Arbeit bekommen würden.«
Dr. Mann setzte sich.
Knutsen fragte den Sanitätsoffizier: »Herr Malzer, haben Sie versucht, mit dem Mädchen irgendwie weiter in ein Gespräch zu kommen?«
Malzer nickte verlegen. »Ich habe sie in Begleitung zweier Männer angetroffen und ihr das Medikament ausgehändigt.«
»Was waren das für Männer?«, fragte Nordmann.
»Ich glaube Fernfahrer.«
Knutsen fragte weiter: »Haben Sie Iris Melchior an dem Abend noch einmal getroffen?«
Peter Malzer stand bleich vor dem Schreibtisch. »Nein, ich hatte ihr einen Zettel in die Medikamententüte gesteckt. Sie ist aber nicht zum Treffen erschienen.«
»Und Sie haben mit ?P? unterschrieben?«
Malzer nickte.
»Herr Malzer, waren Sie am Abend oder in der Nacht noch einmal auf dem A-Deck?«
Malzer schaute verlegen auf Dr. Mann. »Ja, um die verabredete Zeit. Ich bin nur einmal kurz für einen Rundgang auf dem Deck gewesen, habe Iris Melchior aber nicht angetroffen.«
Nordmann erhob sich, öffnete die Tasche und sagte: »Herr Malzer, das Protokoll schreiben wir später, aber ich benötige Ihre Fingerabdrücke, zum eventuellen Beweis Ihrer Unschuld.«
Die Obduktion der Leiche hatte ergeben, dass Iris Melchior kurz vor ihrem Tode neben einer hohen Menge Alkohol auch Koffein und ein beruhigendes Medikament zu sich genommen hatte. Dabei bestätigte das medizinische Gutachten, dass sie frei von Rauschgifteinnahmen war. Zu einem Beischlaf mit einem Mann an Bord war es ebenfalls nicht gekommen.
Der Fernfahrer Taden war in der Dienststelle erschienen. Er hatte das Protokoll unterschrieben und hatte Torfner bereitwillig seine Fingerabdrücke hinterlassen.
Der Seemann Fredo Wattnor saß in Untersuchungshaft, er ließ seine Interessen von einem Rechtsanwalt vertreten und setzte seine Hoffnung auf den Lehrer Karski.
In den norwegischen Zeitungen erregte das Foto derdeutschen Studentin die Aufmerksamkeit der Leser. Ihren Blick aus dunklen Kulleraugen, die verträumte Mundpartie und die für die Skandinavier besonders faszinierende schwarze Haarpracht veranlassten sie, das Mädchen in Filmnähe zu rücken, um danach betreten den Text zu lesen. Die Suchmeldung nach Zeugen und Koffer hatte einen ernsten Hintergrund, denn diese Schönheit war in ihrem Lande zu Gast gewesen und auf dem Fährschiff brutal ermordet worden. Die norwegische Polizei in Oslo bat um Hinweise.
Am Nachmittag steuerte Kapitän Terborg Kroen seinen Trawler »Golfstrum«, von den Gewässern um Spitzbergen kommend, mit vollem Fang in den Heimathafen von Ålesund.
Die Besatzungsmitglieder, die nicht unabdingbar waren, standen an der Reling und schauten auf die noch mit Schnee bedeckten Felsen, die als Fortsetzung des Geiranger Fjords den Hintergrund ihrer Heimatstadt bildeten.
Terborg Kroen hielt die Maschinen im Leerlauf, um der kleinen Fähre, die auf offenem Deck Menschen und Autos zu der vorgelagerten Insel Vigra transportierte, die Vorfahrt einzuräumen.
Auch der Postdampfer der Hurtig-Linie musste gleich aus der Hafenbucht kommen.
Die Stimmung unter den Seeleuten war gut, denn ihr Fang lag über dem Durchschnitt. Sie standen im eisigen Wind und blickten auf das Café des Stadtberges, das auf einem Felsplateau in 300 Metern Höhe das Wahrzeichen von
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