13 kleine Friesenmorde
bringen.
Ihren Gesprächen fehlte oft die Logik. Ihre Gefühle gingen mit ihnen durch. Ihr Ziel war Baltrum.
Auch für Greta stand fest, dass sie in diesem Unglückshaus keine weitere Nacht verbringen wollte.
Verkaufen, das war das Fazit. Doch noch bedeckten Blutlachen die echten Perser, füllten Claas’ Wäsche, Anzüge, Jacken, Mäntel und Hosen den Kleiderschrank, lagen in den Schubladen des Eichenschranks in seinem Arbeitszimmer seine Patronen und Pistolen. An einem Wandhaken hing der Jagdmantel, seitlich standen seine abgeknickten Flinten.
Greta erwog, einen Auktionator einzuschalten und sich an ein Reinigungsunternehmen zu wenden. Später, nach der Beerdigung von Claas, der sie ins Unglück gerissen hatte, wollte sie mit Henning und Franziska van Thun das Gespräch suchen, denn, auch das stand bereits fest, Greta van Thun galt als Alleinerbin, denn nie und nimmer hatten sie und ihr Mann je daran gedacht, in einem Testament ihre letztwilligen Verfügungen kundzutun.
Sie verspürten keinen Hunger, besiegten die Müdigkeit und warteten auf Kommissar Ihben und seine Kollegen, die sich für eine weitere Inaugenscheinnahme des Wohnzimmers angesagt hatten. Von den Beamten erwarteten sie weitere sachkundige Hinweise. Auf die hilfreichen Nachbarn war Verlass, ihnen konnten sie die Hausschlüssel überlassen.
Sowohl für Hajo und Minna Roolfs als auch für Greta van Thun stand wie das Amen in der Kirche fest, dasssie nichts davon abhalten konnte, das Schiff um 14.30 Uhr zur Insel zu nehmen.
Am Samstagmorgen, nach einer schrecklichen, einsamen, nie enden wollenden Nacht ohne Schlaf, bereitete sich Teda Swyters verheult und um Jahre gealtert mit ihren Kindern, die nach ihrem Papa fragten, auf die Abreise vor. Sie hatte mit der resoluten, vergrämten Mama die Koffer und Taschen mit dem Notwendigsten für einen längeren Aufenthalt auf dem einsam gelegenen Marschhof gepackt.
Bereits am frühen Morgen, nach einer Tasse Tee, hatte die Mama mit dem Finanzbeamten Swyters und seiner Frau telefoniert, ihnen Zeit gelassen, die schreckliche Nachricht als eine Schicksalsfügung für ihr Leben hinzunehmen, mit ihrem Mann Klartext gesprochen und sich um Teda bemüht, die nicht nur ihren Mann betrauerte, sondern einsehen musste, dass Kuno sie betrogen hatte.
Während der Opa tränenreich mit belegter Stimme den Enkelkindern vom lieben Gott erzählte, von Engeln berichtete, ein Jenseits aufbaute, in dem sich der Papa jetzt nach einem Unfall befand und glücklich von oben zuschaute und sie bat, ihrer Mama liebevoll und artig zu helfen, mit ihrer Traurigkeit fertig zu werden.
Doch nicht genug. Stine Riekers sorgte noch vor dem Umzug für klare Verhältnisse. Sie wählte erneut die Telefonnummer der Swyters, setzte sich mit ihrer herben Stimme gegen das ihr verständliche Gejammer der Schwiegereltern ihrer Tochter durch. In Anbetracht der Untreue ihres Sohnes Kuno lehnte Stine eine Beteiligung an der Beisetzung ab.
Kuno, Studienrat für Sport und Englisch am Ulrichs-Gymnasium in Norden, Opfer des durchgedrehten Ingenieurs, Schwiegersohn der Riekers, so das Fazit der getroffenen Absprachen, sollte im kleinen Kreis mit einer stillen Andacht in der Kirche mit dem Störtebeker-Turm in Marienhafe verabschiedet werden und auf dem Friedhof im Familiengrab der Swyters zur letzten Ruhe beigesetzt werden.
Das war der stämmigen Landwirtsfrau, die mit ihrem Mann ohne Fremdhilfe den »Annahof« bewirtschaftete, 60 Kühe besaß, mit Raps und Kartoffeln erfolgreich ihren Wohlstand steigerte nach der Nase. Auf dem Hof gab es Platz für Teda und die Enkelkinder.
Stine Riekers hatte den gut aussehenden Lehrer und Schwiegersohn Kuno nicht sonderlich gemocht. Es war ihr zu viel gewesen, wenn er an seine schlanke Nase gegriffen hatte, spöttisch auf den Mistberg geblickt hatte und es nie unterlassen hatte, auf sie und ihren Mann von oben herabzuschauen, wenn ihnen nach der Stallarbeit beim Tee der Dunggeruch aus ihrer Wäsche und ihren Haaren entstiegen war.
Kuno war bei seinen Schülern beliebt, und erst recht mochten ihn die Mädchen.
Tochter Teda hatte blauäugig an seine Treue geglaubt und musste sich eingestehen, dass Kuno eine Mitschuld am Drama trug.
Der Schwiegersohn hinterließ eine Menge Schulden in der Form von langfristigen Hypotheken, wie Stine Riekers während der vielen Stunden der Nacht den Ordnern im Arbeitszimmer des dahingerafften Schwiegersohnes entnommen hatte, die zu tilgen ihr und ihrem Mann nicht schwer fallen
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