130 - Der Wahnsinnige
Spürsinn, der ihm die Nähe von Dämonen oder die eines Januskopfes verraten sollte.
Der Cro Magnon besaß viel schärfere Sinne als die Menschen des 20. Jahrhunderts. Zudem hatte Unga ungeheure Körperkräfte. Er war ein Mann aus der Steinzeit, ein wilder, der noch mit Säbelzahntigern und Höhlenbären gekämpft hatte, nur mit primitiven Waffen wie einem Steinbeil, einem Speer oder einem Faustkeil, und auch seine Reflexe waren ausgezeichnet. Der Cro Magnon konnte es mit jedem menschlichen oder tierischen Gegner aufnehmen; und auch mit fast allen Dämonen.
Er wartete geduldig neben dem offenen Fenster, durch das sich der üble Geruch allmählich verflüchtigte.
Auch Dorian stand für Chakravartins Ankunft bereit. Er wollte den Januskopf gefangennehmen, wenn es irgend ging.
Falls von Chakravartin unterjochte Dämonen ihn begleiteten, mußten sie sterben.
Es wurde Mittag, und weder von Chakravartin noch von irgendeinem Dämon war etwas zu sehen. „Inzwischen könnte der Januskopf sogar zu Fuß hier sein", sagte Dorian. „Da ist etwas passiert. Wir müssen zu den Breydurs und dort nachsehen."
Unga stimmte ihm zu.
„Wir nehmen die Islandponys", schlug er vor. „Hoffentlich hat Chakravartin nicht bereits einen Weg in den Hermes-Tempel gefunden. Die Folgen wären nicht auszudenken."
„Das kann ich mir nicht vorstellen. Bedenke, welche Schwierigkeiten wir damals hatten, in den Tempel zu gelangen, und welche Prüfungen wir bestehen mußten!"
„Freilich. Aber Chakra wendet eine außerirdische Magie an. Wenn die Sperren nun nicht darauf ansprechen oder sie dadurch ausgeschaltet werden?"
Rätselraten führte nicht weiter. Dorian und Unga mußten sich überzeugen. Längst war das Fenster im Wohnzimmer wieder geschlossen.
Dorian sagte Don, Dula und Reena, sie sollten auf dem Hof bleiben. Reena sträubte sich, aber Unga gebot ihr, zu schweigen.
„Du wirst hier gebraucht", sagte er, „falls Dämonen oder Janusköpfe doch noch herkommen sollten. Ihr müßt die Dämonenbanner wieder aufstellen."
Reena fügte sich, und Dorian und Unga zogen warme, pelzgefütterte Jacken an, die ihre Oberkörper unförmig breit erscheinen ließen, Dorian steckte zwei gnostische Gemmen und ein paar Dämonenbanner ein und schob den gekrümmten Dolch in den Gürtel unter die Jacke. Es war der Dolch eines tschechischen Hexenjägers aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Er hatte eine lange Geschichte und gehörte zu Dorians Horrorsammlung, die nun in Castillo Basajaun untergebracht war. Der Dolch besaß magische Kräfte und konnte Dämonen töten. Die Klinge war schwarz und stellenweise schartig. Der Dolch steckte in einer ziselierten Scheide.
Dorian setzte noch eine Pelzmütze auf und steckte dicke Handschuhe ein. Dann ging er zu dem gefesselten Croyd und zog ihm den Knebel aus dem Mund.
„Wir wollen zu den Breydurs, Croyd", sagte Dorian. „Willst du uns führen?"
Der Irre nickte heftig. Seine Augen glitzerten.
„Ja, ich führe euch", sagte er heiser. „Zu den Breydurs und zum Doppelgesicht Chakra." Jetzt war es ihm gelungen, sich den Namen zu merken. „Vielleicht sind sie schon aufgebrochen zum Tal Torisdalur."
Das konnte Dorian sich nicht vorstellen. Warum hätte der Chakravartin seine Meinung derart ändern sollen? Trotzdem erschrak der Dämonenkiller. Er hatte das Vermächtnis des Hermes Trismegistos angetreten; er durfte es nicht in die falschen Hände fallen lassen.
„Du wirst nichts gegen uns unternehmen, Croyd, oder? Sonst wird es dir leid tun."
Der irre Dämon schaute Dorian tückisch von unten herauf an.
Unga, der wie Dorian eine Pelzmütze aufgesetzt hatte, nahm Croyds Bowiemesser. Er hatte bemerkt, mit welch sehnsüchtigen Blicken der Dämon die Klinge angeschaut hatte. Das Messer war mehr für ihn als ein Gebrauchsgegenstand. Es war sein Lieblingsspielzeug und etwas, das zu ihm gehörte - wie ein Arm oder ein Bein. Croyds Wahn hatte die Beziehung zu seinem Bowiemesser noch verstärkt.
Unga zeigte dem Dämonen das Messer. „Wenn du dich nicht ordentlich benimmst, bekommst du es nicht wieder. Dann werfe ich es weg. In eine Gletscherspalte, damit du nie wieder herankommst." Croyd schrie auf. „Mein Messer! Du darfst es mir nicht wegnehmen! Es gehört mir!" Sein Gesichtsausdruck wechselte. Seine Zungenspitze fuhr über seine Lippen. „Soll ich euch ein Geheimnis verraten?"
„Nur zu!" sagte Dorian.
Er hatte es eilig, endlich wegzukommen, aber Croyd Breydur war mit Vorsicht zu behandeln; er war
Weitere Kostenlose Bücher