1300 - Die Templerin
in die Tiefen der Zeiten…
***
Vergangenheit
Der Großinquisitor konnte nicht mehr anders. Er musste aufstöhnen, denn er schaute zu, wie die Gefangene ihr schlichtes Kleid immer höher streifte. Von unten nach oben zog sie es, und sie ging dabei sehr langsam vor, sodass der Gierige in den vollen Genuss dieser Vorführung kam.
Bernado kannte die nackten Körper der Frauen aus den Verliesen und Folterkammern. Das war hier zwar auch ein Verlies, aber diese Frau war mit den anderen nicht zu vergleichen. Man hatte sie gewaschen und gepudert, sodass er jetzt in der Lage war, einen gewissen Duft wahrzunehmen, doch den bekam er nur am Rande mit, denn er hatte ausschließlich Augen für die Frauenbeine, die er jetzt bis zum Oberschenkel hin sah.
Nacktes Fleisch gab es auch auf den versteckt gehaltenen Bildern in den Klöstern. Nur wurden sie nicht als Frauen angesehen, sondern als Göttinnen, denn man musste dem Kind ja einen Namen geben. Da griff man zurück auf die griechische Mythologie. Aber sie unterschieden sich nicht von einer Erdenfrau, wie Bernado wusste.
Er hatte viele Bilder gesehen. Keine der Frauen war so schön wie Konstanza. Sie zeigte ihm ihre Scham. Er sah das dunkle Dreieck und danach den Bauch. Auch freute er sich darauf, endlich ihre Brüste anstarren zu können. Die Kette am rechten Knöchel störte ihn dabei nicht. Diese Klammer würde auch später nicht stören, wenn er sie ins Heu warf, um ihr den Teufel aus dem Leib zu treiben.
Als er daran dachte, begann er zu kichern wie ein kleiner Junge.
Er stellte das Gelächter schnell ein, denn die Frau vor ihm zog ihr Kleid immer höher.
Der Saum befand sich dicht unter den Brüsten. Er musste nur eine Idee höher gezogen werden, dann lagen sie frei.
In Bernados Mund sammelte sich der Speichel. Er schnalzte, als er ihn im Mund zusammendrückte. Er schluckte ihn, er atmete schnell und heftig – und dann sah er sie.
Prachtvoll!, schoss es ihm durch den Kopf. Sie sind zwei prächtige Paradiesäpfel. Nicht zu klein, auch nicht zu schwer. Sie hingen etwas zu den Seiten hin weg, und er sah in der Mitte die dunklen Knospen, die ziemlich weit hervorstanden.
Der Großinquisitor schluckte. Er war völlig von der Rolle und beherrschte sich nur mühsam. Immer wieder feuchtete er seine Lippen an. Wenn das hier unten die Hölle war, dann hatte sich jetzt der Himmel in Gestalt einer nackten Frau hineingedrängt.
Noch sah er ihr Gesicht nicht, weil es vom Stoff des Kleides verdeckt wurde. Momentan hatte er auch keinen Wunsch, es zu sehen, für ihn war nur der Körper wichtig.
Etwas wirbelte durch die Luft und landete am Boden. Die Bewegung lenkte den Mann ab. Er schüttelte den Kopf und konzentrierte sich jetzt wieder auf die gesamte Gestalt.
Es stimmte. Er träumte nicht. Sie war vom Kopf bis zu den Füßen nackt. Sie war auch kein Bild, wie er es aus den Klöstern her kannte, nein, sie war eine Gestalt aus Fleisch und Blut. Er würde hingehen und ihren warmen Körper anfassen können. Ihn streicheln, ihn küssen. Überall küssen. Ja, diese Frau lebte. Und er lauschte ihren Atemzügen nach, als wäre es das schönste Geräusch der Welt.
Der Himmel konnte so wunderbar und herrlich sein. Einfach göttlich.
»Jetzt hast du, was du willst!«
Konstanza hatte leise gesprochen. Dennoch hatten ihn die Worte gestört. Er fühlte sich aus seiner Betrachtung herausgerissen und war leicht irritiert.
Der Mann nickte. Er suchte nach einer Antwort. Ihm fielen keine besonderen Worte ein.
»Bin ich jetzt frei?«
Erneut echoten die Worte in seinem Kopf nach. »Frei?«, flüsterte er und schüttelte den Kopf.
»Ja, du hast gesagt, dass ich frei bin, wenn…«
Das scharfe Lachen unterbrach sie. »Nein, nein«, sagte er und lachte noch immer. »So haben wir nicht gewettet. Du kannst freikommen, aber erst später, verstehst du? Hatte ich dir nicht gesagt, was ich mit dir vorhabe, du schöne Teufelin, du?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
»Das solltest du aber«, flüsterte er. »Ich will dich nicht nur betrachten wie ein Bild. Ich will mehr, verstehst du? Ich will von dir alles, einfach alles.«
Er war froh, wieder zurück in die Wirklichkeit gefunden zu haben, und in den nächsten Minuten würde er sich all seine heimlichen Träume erfüllen, das stand fest.
Er räusperte sich, um seine Kehle wieder frei zu bekommen.
Dann ging er auf die Nackte zu. Er zitterte dabei, und seine Schritte schlurften über den rauen Boden. Die Augen blickten gierig und starr
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