1302 - Die Geisterfalle
Virley, und dort werde ich hinfahren.«
Robin Dunn saß erst mal da, ohne ein Wort zu sagen. Er musste meine Antwort erst verdauen. Sicherlich hatte er nicht mit einem so schnellen Erfolg seiner Bemühungen gerechnet.
Eine gute Ahnung sagte mir, dass beide Phänomene zusammenhingen, doch Lady Sarah Bescheid geben wollte ich noch nicht. Sie sollte sich zunächst mal erholen können.
Dunn fasste es noch immer nicht. Er suchte nach Worten und fragte: »Sie glauben mir wirklich?«
»Ja, das tue ich.«
Jetzt meldete sich auch Johnny. »Super!«, rief er, »das ist klasse. Da habe ich den richtigen Riecher gehabt. Ich wusste, dass mehr dahinter steckt. Ich habe es gewusst.« Seine Augen leuchteten, aber Robin Dunn blieb still. Er musste sich die Dinge noch mal durch den Kopf gehen lassen, das sahen wir ihm an.
Ich brachte seine Gedanken wieder auf den Punkt. »Gibt es sonst noch etwas, das Sie mir sagen sollten?«
»Das weiß ich nicht, Mr. Sinclair. Eigentlich habe ich alles gesagt, was ich weiß. Mehr konnte ich über die Mauer nicht erfahren. Ich habe auch keine Ahnung, woher sie gekommen ist. Sie war plötzlich da. Wie aus der Luft nach unten gefallen.«
»Ich werde mich darum kümmern.«
Es war zu sehen, dass ihn die Erinnerung an die Vorgänge aufregte. »Wie ist es möglich, Mr. Sinclair? Wie kann eine Mauer entstehen? Das begreife ich nicht!«
»Bitte, Mr. Dunn, machen Sie sich darüber keine Gedanken. Ich fahre nach Virley und werde mich um das Phänomen kümmern.«
Er blickte mich beinahe dankbar an. »Werden Sie es denn schaffen?«
»Das hoffe ich. Sonst würde ich nicht fahren.«
Robin Dunn nickte. Er war beruhigter. Ich dachte wieder mal daran, dass das Leben doch immer voller Überraschungen steckte…
***
Winterreifen. Sicherheitshalber lagen auch Schneeketten im Golf der Jane Collins, denn um diese Jahreszeit musste man mit allem rechnen. Weiter im Norden hatte es stark geschneit. Da war auch der Verkehr erheblich behindert worden, und auch in London rieselte es weiß vom Himmel, doch das hörte außerhalb der Stadt auf.
Lady Sarah gehörte trotz ihres Alters zu den aktiven Menschen.
Und sie war immer froh, wenn es mal wieder auf die Piste ging, wie sie stets zu sagen pflegte. Sie wollte dabei sein. Sie wollte am Leben teilhaben, auch wenn es manchmal noch so gefährlich war.
In diesem Fall war sie sich nicht sicher. Der ging sie zu sehr persönlich an. Es tauchte wieder eine Zeit auf, mit der sie schon längst abgeschlossen hatte. Sie hatte ihr Leben in den vergangenen Jahren ohne einen Mann an ihrer Seite geführt. Als mehrfache Witwe wusste sie, wie es war, wenn man verheiratet war, nur hatte sie das Glück gehabt, dass die verstorbenen Männer ihr allesamt ein kleines Vermögen hinterlassen hatten, auch Arthur Goldwyn.
Als sie jetzt wieder an ihn dachte, da musste sie sich eingestehen, dass sie nicht allzu viel von ihm wusste. Sie hatte zwar mit ihm zusammengelebt, doch tief in seine Vergangenheit war sie nicht hineingeraten. Sie wusste kaum etwas über ihn. Es gab keine Verwandten, zumindest hatte er nie darüber gesprochen, und er war auch sonst sehr schweigsam gewesen, was seine Vergangenheit anbetraf.
Beide waren nicht lange verheiratet gewesen, gerade mal drei Jahre oder knapp vier. Da hatte es den guten Arthur Goldwyn dahingerafft, und Lady Sarah hatte diesen Namen behalten.
Sie hatte nie etwas von Erben oder Verwandten gehört. Arthur Goldwyn war gestorben und vergessen. Nicht mehr und nicht weniger.
Jane Collins fuhr. Es war eine nicht eben kurze Strecke bis an die Ostküste. Einige Stunden würden sie schon unterwegs sein. Da konnten sie nur hoffen, dass sich das Wetter hielt und sie nicht in einen Schneesturm gerieten.
Jane Collins fiel schon auf, wie wortkarg Lady Sarah war. Das kannte sie ansonsten nicht von ihr, und sie stellte ihr dann auch die Frage: »He, was hast du, Sarah? Schläfst du?«
»Bestimmt nicht.«
»Sondern?«
»Ich hänge meinen Gedanken nach.«
Jane ließ Wischwasser gegen die Scheiben sprühen, um sie zu säubern. »Die allerdings nicht eben lustig sind, kann ich mir vorstellen. Da brauche ich nur in dein Gesicht zu schauen.«
»Stimmt.«
»Bist du weitergekommen bei deinem Nachdenken?«
»Leider nicht. Ich bekomme keinen Sinn in diese verdammte Erscheinung. Ich habe sie immer vor Augen. Ich sehe vor allen Dingen das Gesicht der Gestalt und erkenne die Ähnlichkeit mit meinem letzten Gatten. Ich bin davon überzeugt, dass er es ist, und
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