1302 - Die Geisterfalle
die Spitzen.
Auch im Ort herrschte die Einsamkeit vor. Nur einmal sahen sie ein Auto fahren. Der Mann hinter dem Lenkrad starrte den Golf an als wäre er ein Ufo.
Das Wetter trieb die Menschen nicht eben nach draußen. Die beiden Frauen sahen Geschäfte, die geschlossen hatten und deren Inhaber vom Tourismus lebten. Da mussten sie im Sommer so viel Geld machen, dass der Gewinn auch über den Winter reichte.
Aus einer Seitenstraße rumpelte ein Milchwagen. Jane konnte soeben noch stoppen, sonst wäre sie ausgerechnet hier in einen Unfall verwickelt worden.
Sie fuhren in die Straße hinein, aus der das Fahrzeug gekommen war, und sie hatten sich richtig verhalten, denn es gab hier tatsächlich ein Geschäft, das geöffnet hatte.
Die gesamte Breite des Hauses wurde von den beiden Schaufenstern eines Lebensmittelladens eingenommen. Der hatte nicht geschlossen, und die beiden Frauen nickten sich zu. Sie würden den Laden als Kontaktstelle anlaufen.
Parkplätze gab es in rauen Mengen. Als sie ausstiegen, schaute ihnen von der anderen Seite der Straße ein junger Mann zu.
Vor dem Schaufenster blieben sie stehen. Es war mit zahlreichen Waren voll gepackt. Hier gab es wirklich alles zu kaufen, was der Mensch brauchte oder auch nicht.
»Und wonach willst du fragen, Sarah?«
»Ganz einfach. Ich bin gespannt, ob man den Namen Goldwyn hier noch kennt und wie man darauf reagiert…«
***
Als erste Reaktion hörten sie das Bimmeln des Glöckchens über ihren Köpfen, als sie den Laden betraten. Er war wirklich geräumig, aber voll gestellt mit allen möglichen Waren. Zwischen den Regalen gab es Gänge. Sie sahen auch eine große Kühltheke. Dort stand eine Frau im weißen Kittel, die damit beschäftigt war, Milchtüten in die Kühltheke zu stellen. Weitere Kunden befanden sich nicht im Geschäft. Wer hier etwas einkaufte, der tat es am Morgen und nicht am hohen Nachmittag.
Die Frau hatte auch die Schritte der neuen Kunden gehört und drehte sich um, als Jane und Sarah nahe genug heran waren.
»Guten Tag«, grüßte Sarah Goldwyn freundlich und behielt das Lächeln weiterhin bei.
»Ja, gleichfalls.« Die Frau lächelte oder versuchte es. Irgendwie wurde daraus nur ein schiefes Grinsen. »Sie sind fremd hier. Ist es Zufall, dass Sie gekommen sind?«
»Nicht direkt«, erklärte Jane, »die Gegend hat auch um diese Zeit ihren Reiz.«
»Das wissen aber nur wenige Leute.«
»Stört es Sie?«
»Unser Geschäft würde besser laufen.«
»Klar.«
Die Frau wischte ihre Handflächen an der weißen Kittelschürze ab, die sie vor ihre Stoffhose gebunden hatte. Als Oberteil trug sie einen brombeerfarbenen dicken Pullover, dessen Kragen bis zum Kinn reichte.
Unter dem Stoff befand sich ein ziemlich kräftiger Körper, dessen Speckrollen sich ebenfalls abzeichneten. Das Haar der Frau war schlecht gefärbt. Die grauen Strähnen störten schon die Ansätze der rotbraunen Haare. Über der Oberlippe des runden Gesichts wuchs ein schwacher Damenbart. Das Kinn zeigte eine doppelte Größe, und der Blick der kleinen Augen huschte hin und her.
»Sie sind keine normalen Kunden«, stellte die Frau fest und nickte den beiden zu.
»Woran erkennen Sie das?«, fragte Jane.
»Ich habe einen Blick dafür.«
»Und was verstehen Sie unter normalen Kunden?«
»Die benehmen sich anders. Die sehen auch anders aus. Das weiß ich aus Erfahrung.«
»Ist das so tragisch?«
»Nein. Aber ich frage mich, was Sie hier wollen. Wenn jemand um diese Zeit hier wohnt, dann ist er anders gekleidet. Aber lassen wir das. Hier bekommen Sie alles, was Sie für den täglichen Bedarf brauchen. Bitte, schauen Sie sich um.«
Das taten Jane und Sarah nicht. Jetzt übernahm die Horror-Oma die Initiative. »Sie haben Recht, wir sind tatsächlich keine normalen Kunden. Uns geht es um etwas anderes.«
»Um was?«
»Wir haben einige Fragen.«
Mit beiden Händen winkte die Frau ab. »Ob Sie Fragen haben oder nicht, das ist mir egal. Ich weiß nur, dass ich keine beantworten werde.«
»Bitte, warum sind Sie so unkooperativ?«, fragte Sarah.
»Ich bin kein Auskunftsbüro. Merken Sie sich das. Ich wüsste auch nicht, was man hier fragen könnte.«
»Ich werde Ihnen meinen Namen nennen«, sagte die Horror-Oma.
»Das brauchen Sie nicht. Ich will gar nicht wissen…«
»Mein Name ist Sarah Goldwyn.« Sie hatte laut gesprochen, um die Frau zu übertönen, und plötzlich sah sie das Gesicht der Händlerin starr werden. »Ist was? Habe ich was Falsches gesagt?«
»Gehen
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