1304 - Das Gericht der Elfahder
hinter Shematin auf. Er wandte sich um und betrachtete die Rüstung, die vor ihm stand.
„Ich habe es erfahren, Shematin", klang die Stimme auf. Sie war leicht zu verwechseln, aber er wußte, daß er Meglamath vor sich hatte. „Ich bin froh, daß es dir gut geht!"
„Danke, Meglamath. Es war ein Schock für mich. Aber ich habe ihn überwunden!"
Im selben Augenblick, als er das Wort „Schock" aussprach, verspürte er wieder in sich jenes unbestimmte Gefühl. Diesmal war es stärker als beim ersten Mal. Es war, als würden seine Sinne alles für kurze Zeit unscharf und verschwommen wahrnehmen. Er besaß kein Zeitgefühl, um sagen zu können, wie lange dieser Zustand dauerte. Ehe er sich darauf konzentrieren konnte, war er auch schon wieder vorbei.
„Was ist mit dir?" erkundigte sich der Artgenosse. Seiner Stimme war die Besorgnis anzuhören. Shematin sang eine verbindliche Antwort, und Meglamath gab sich zufrieden. Er wechselte das Thema.
„Turpol und Kwiddengel Sup Tall waren bei mir", eröffnete er. „Ich nehme an, du weißt es."
Shematin verneinte. „Was wollten sie?"
„Der Panish Panisha verlangt von uns, daß wir gegen die Azimu vorgehen sollen. Er versteht nicht, daß es Elfahder gibt, die zweifeln. Und doch ist es das Privileg eines jeden intelligenten Wesens, daß es ab und zu zweifelt. Wer nicht denkt, ist eine Maschine!"
Shematin gab eine vage Formel der Zustimmung von sich. Meglamath sagte nichts Neues. Und es war auch klar, daß kein Kodextreuer jemals etwas gegen einen Azimu unternehmen würde. Umgekehrt auch.
nicht. Das Volk von Elfahd war zu abgeklärt und zu reif, um sich gegenseitig zu bekriegen. Das war etwas, was dem Panish Panisha Kopfzerbrechen bereiten mußte.
Wieder dachte Shematin das Wort. Kopfzerbrechen gab es nur solange, wie das Exoskelett wenigstens äußerlich dokumentierte, daß ein Elfahder einen Kopf besaß, in dem auch das Gehirn und die wichtigsten Sinnesorgane untergebracht waren.
„Er wird eines Tages Ayanneh benachrichtigen müssen", fuhr Meglamath fort. „Elfahd wird Schwierigkeiten bekommen. Und wem ist das alles zu verdanken?"
„Volcayr!" bestätigte Shematin.
„Volcayr hat unsere Nachdenklichkeit ausgelöst. Er hat uns berichtet, wie es ihm ergangen ist. Er hat von vielen Dingen berichtet, die grausam sind und gegen unsere Lebensregeln verstoßen. Aber dürfen wir Elfahder uns wirklich anmaßen, über die Verhaltensweisen fremder Völker zu urteilen? Jedes Volk ist nur sich selbst verantwortlich!"
Er sagte das alles in mildem und überzeugtem Ton. Kein Kodextreuer hätte jemals ernsthaft etwas gegen Volcayr gesagt. Volcayr war der bekannteste Elfahder in ESTARTU, und sein Wort besaß Gewicht.
„Du sagst es", stimmte Shematin zu. „Aber bist du nur gekommen, um mir das zu erklären?"
„Da du das eine noch nicht gewußt hast, wirst du das andere auch nicht wissen", fuhr Meglamath fort. „Eines unserer Patrouillenschiffe hat einen Verbund Virenschiffe aufgebracht und den Toshin Bull gefangen. Da er sich gegen den Kodex und die Ewigen Krieger gestellt hat, soll ihm der Prozeß gemacht werden. Der Kodex verlangt es. Wir hätten die Möglichkeit, ihn an Ayanneh auszuliefern, aber dann würden andere uns ein unmündiges Volk nennen. Wir können uns selbst vertreten und im Sinn des Permanenten Konflikts handeln. Jedem von uns sind die Gesetze des Kodex bekannt!"
„Er ist ein Fremder, kein Angehöriger der Mächtigkeitsballung", sagte Shematin schnell.
„Wir sollten ihn seinen Weg gehen lassen. Es steht uns nicht zu, über ihn zu urteilen. Wer will diesen Prozeß?"
„Ich", erwiderte Meglamath. „Und mit mir jeder kodextreue Elfahder. Und kein Azimu kann etwas dagegen haben!"
„Wir sind gegen den Kodex. Und hast du nicht selbst gesagt, daß jedes Volk nur sich selbst verantwortlich ist? Es steht uns nicht zu, über andere zu urteilen, nur weil einer von ihnen das Toshin-Mal trägt. Vielleicht ist er dazu gekommen wie Volcayr zu seinem Schicksal!"
„Er hat sein Permit vernichtet. Das ist ein Verbrechen!"
„Baki kimya!" Shematin ließ Meglamath stehen und ging zu den beiden Azimu hinüber, die ihm ihre Bereitschaft signalisierten, ihn in ihr Gespräch einzubeziehen.
„Wir dürfen den Toshin nicht seinem Schicksal überlassen. Wir müssen uns um ihn kümmern. Wer spricht mit ihm?" erkundigten sie sich beide gleichzeitig. Shematin erstarrte.
„Ihr meint...", begann er. „Bedenkt, daß ich verwundet bin. Und ich werde mich bald..."
Er brach
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