Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1307 - Die toten Frauen von Berlin

1307 - Die toten Frauen von Berlin

Titel: 1307 - Die toten Frauen von Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
viereckige Theke, an der ein einsamer Trinker saß und seinem Weltschmerz nachhing, und hinter der Theke eine dralle Person mit hochgesteckten blonden Haaren, die fleißig Gläser wienerte.
    Sie schaute uns etwas befremdet an, als wir auf die beiden Hocker rutschten.
    »Was darf es denn sein, die Herren?«
    »Zwei Wasser!«, bestellte Harry.
    Die Wirtin mit dem runden Gesicht, den Pausbacken und der kleinen Nase wiederholte die Bestellung wie Gott ergeben, holte aber dann zwei Flaschen und zwei Gläser hervor. Sie zog die Kronkorken ab und fragte: »Wirklich Wasser?«
    »Klar.«
    »Und das am frühen Abend.«
    »Mit Bier fangen wir erst später an«, sagte Harry. »Dann kommen wir wieder mit dem Mann zurück, den wir suchen.«
    Die Bemerkung hatte die Frau neugierig gemacht. Während wir das Wasser in die Gläser kippten, fragte sie: »Wen sucht ihr denn?«
    »Gideon Schwarz.«
    Sie hob beide Arme. »Ach ja, den Verrückten.«
    »Ist er denn verrückt?«, murmelte ich.
    »Sind das nicht viele Künstler?«
    »Dann kennen Sie ihn.«
    »Klar. Wer kennt ihn nicht? Trinkt hier manchmal sein Bier. Und jetzt, wo der Absinth wieder frei gegeben ist, kippt er sich das Zeug auch hinter die Binde. Aber das Wort verrückt habe ich natürlich nicht so gemeint, sondern anders.«
    »Wie denn?«
    Blaue Augen schauten mich an. »Wer als Künstler nicht irgendeine kleine Macke hat, kann in dem Job nichts werden. So etwas weiß man schließlich.«
    »Ich finde seine Bilder gut.«
    »Dann kennen Sie welche?«
    »Aus dem Internet. Er hat auch eine Homepage. Auf ihr stellt er seine Werke vor.«
    »Ha, das wusste ich nicht.«
    »Sie interessieren sich auch nicht dafür.«
    Die dralle Frau nickte heftig. »Da haben Sie Recht. Mir ist der röhrende Hirsch lieber.«
    »Geschmackssache.«
    »Eben.«
    »Und jetzt möchte mein Freund wissen, ob der gute Gideon zu Hause ist. Er lebt doch hier, nicht?«
    »Klar. Im nächsten Hinterhof. Sie müssen in den Anbau rein, eine Treppe hochgehen, dann gelangen sie in seine Bude oder sein Atelier, sagt man ja wohl.«
    »Waren Sie schon mal bei ihm?«
    Die Frau zuckte zurück. »Nee, auf keinen Fall. Schwarz ist nicht mein Typ. Der heißt nicht nur so, der sieht auch so aus. Er läuft immer in dunklen Klamotten herum, und eigentlich habe ich ihn noch nie ohne Hut gesehen. Wie bei Udo Lindenberg, aber die kann man nicht miteinander vergleichen. Dabei ist er noch recht jung. Keine dreißig, würde ich sagen, und er hat ein Gesicht, da kann man das Gefühl haben, als hätte er es mit Kreide geschminkt.«
    »Sonst haben Sie über ihn nichts zu sagen?«
    »Nein. Außerdem rede ich nicht gern über andere Menschen, wenn sie nicht dabei sind.«
    »Das kann ich verstehen.«
    Die Wirtin wandte sich an mich. Ihr Gesicht hatte irgendwie einen verschwörerischen Ausdruck bekommen. »Wenn Sie ein Bild gekauft haben, würden Sie dann noch mal zu mir kommen und mir sagen, was Sie dafür bezahlt haben?«
    »Klar, das mache ich gern. Aber warum wollen Sie das wissen?«
    »Es ist wegen der Preise. Außerdem sind die Mieten hier nicht eben billig. Da muss man schon gute Geschäfte machen, um überleben zu können.«
    »Ich werde daran denken. Aber Sie meinen, dass wir ihn in seinem Atelier finden?«
    »Bestimmt.«
    »Dann sehen wir uns.« Diesmal legte ich Geld auf den Tresen und rutschte vom Hocker. Der einsame Trinker saß noch immer an seinem Platz. Das Licht einer Lampe gab seinem Haar einen gelben Glanz.
    Draußen hatte sich nichts verändert. Noch immer lag eine gewisse Düsternis zwischen den Häusern, und ich hatte das Gefühl, dass die Wolken noch tiefer gesackt waren. Aber es standen auch Bäume in der Nähe, die bald ein grünes Kleid tragen würden, und dann sah die Welt schon wieder anders aus.
    Bis zum Eingang der Einfahrt waren es nur wenige Schritte. Ein Bogentor nahm uns auf. Es gibt Hinterhöfe in Berlin, die in den letzten Jahren zu wirklichen Kleinoden geworden sind. Da brauchte ich nur an die Hackeschen Höfe zu denken, in denen es Kneipen und Restaurants gab, aber das war hier nicht der Fall. Uns empfing ein trübes Gelände mit Hausfronten und Anbauten. Angestellte Fahrund Motorräder waren ebenso zu sehen wie Mülltonnen.
    Es gab Feuerleitern, die an den Rückseiten hochkrochen, kleine Anbauten in verschiedenen Höhen, Hintereingänge zu den Häusern mit recht kleinen Fenstern, von denen nicht alle erleuchtet waren.
    Und dann gab es noch das Atelier des Malers. Es war einfach nicht zu übersehen. An

Weitere Kostenlose Bücher