1309 - Drei Leichen bis zum Teufel
ersten Tropfen fielen. Wir zogen uns bis unter das Dach der Eingangstür zurück. Dort wollten wir uns von Tanner verabschieden.
»Wohin geht euer Weg?«
»Ins Büro«, sagte ich.
»Nicht mehr ins Bett?«
»Sehen wir so aus?«
»Ihr seid heiß auf den Fall geworden, nicht wahr?«
»Darauf kannst du dich verlassen. Und wir werden alles daransetzen, um diesen Dario zu fangen.«
»Ich drücke euch die Daumen…«
***
Der Kaffee war stark, ein doppelter Espresso. Der Dampf stieg aus der kleinen Tasse hoch und verteilte sich vor dem Gesicht des Mannes, der in die Tasse hineinschaute und seine dünnen Lippen zu einem nachdenklichen Lächeln verzogen hatte.
Er hatte es geschafft. Er war den Bullen entkommen. Er hatte sich auf seinen neuen Freund verlassen und war von ihm nicht im Stich gelassen worden. Der Teufel hielt seine Versprechen ein. Genau das machte ihm Mut für die Zukunft, in der Großes geplant war. Es würde Veränderungen geben, die die Welt erschüttern konnten, doch darüber wollte Dario Silva jetzt nicht nachdenken. Er hatte andere Probleme zu lösen, denn auch er musste sein Versprechen halten, das er dem Teufel gegeben hatte.
Nachdenklich hob er die Tasse an und leerte sie bis zur Hälfte. Er stellte sie wieder an ihren Platz und schaute sich dabei um.
Er war der einzige Gast in der kleinen Cafeteria. Er war an ihr vorbeigekommen, als sie geöffnet worden war. Kaffee gab es schon, nur noch nichts zu essen. Das war nicht tragisch. Der Mann hinter der schwarzen Theke hatte ihm versprochen, dass bald frisches Brot geliefert und belegt werden würde, doch so lange wollte Dario Silva nicht bleiben. Wenn er seine Gedanken geordnet und seinen Plan gefasst hatte, würde er sich sofort auf den Weg machen.
Für ihn stand allerdings auch fest, dass die Bullen ihn weiterhin jagen würden. Dass sie ihn überhaupt gefunden hatten, daran hatte er schwer zu knacken.
Jemand musste ihn verraten haben. Aber wer?
Er konnte es sich nicht vorstellen. Er hatte wenig Kontakt gehabt während seiner Zeit hier auf der Insel. Eigentlich nur mit drei Frauen. Sich selbst gegenüber gab er zu, dass die Frauen seine Schwäche waren. Aber was sollte er machen? Er kam nicht dagegen an. Oft genug wurde es ihm auch leicht gemacht, weil er ein Typ war, auf den manche Frauen flogen. Das hatte er drei Mal erlebt.
Sollte eine von ihnen eine Verräterin sein?
Das konnte er sich nicht vorstellen. Die Frauen wussten nichts von ihm. Er war für sie der Lover ohne Vergangenheit gewesen. Er war gekommen und gegangen, wann er wollte. Hatte mal bei der einen, mal bei der anderen gewohnt und hatte ihnen erklärt, dass er in einem italienischen Konsulat arbeitet, das war alles.
Wer dann?
Er kam auf keine Lösung, und so wollten ihm seine Freundinnen nicht aus dem Kopf. Er würde sie noch besuchen, er musste es tun, denn sein Versprechen gegenüber dem Teufel musste einfach eingehalten werden. Etwas anderes kam für ihn nicht in Frage. Daran verschwendete er überhaupt keinen Gedanken.
Der Killer blickte auf.
Das Lokal war sehr klein. Um es größer wirken zu lassen, hatte der Besitzer an den Wänden einige Spiegel anbringen lassen. In einem von ihnen sah sich Silva selbst.
Sein Gesicht war nicht unbedingt schön. Bei ihm fiel nur die olivfarbene Haut auf, auch die ebenfalls dunklen Augen und die dünnen Lippen in einem breiten Mund. Sein kleines Kinn stand vor wie ein winziger Felsblock. Darüber die gebogene, leicht gekrümmte Nase, die an ihrer Wurzel direkt in die Stirn überlief. Jemand hatte mal gesagt, dass sein Gesicht etwas Rattenhaftes besaß. Er hatte es hingenommen und nur gelächelt. Für ihn war es keine Beleidigung, denn Ratten gehörten zu den Tieren, die ihm gefielen.
Er konnte sich auch bewegen wie eine Ratte. Er war schnell, geschmeidig und instinktsicher. Um ihn fassen zu können, musste man schon sehr früh aufstehen.
Trotzdem wäre es den Bullen bald gelungen, hätte er nicht diesen großen Helfer bekommen, und wenn er an sie dachte, dann besonders an die beiden auf dem Dach.
Das waren keine Uniformierten gewesen, sondern Spezialisten.
Wahrscheinlich irgendwelche geheimen Agenten von Scotland Yard. Er wollte sich nicht weiterhin den Kopf darüber zerbrechen, denn andere Aufgaben waren wichtiger.
Der Teufel musste zufrieden gestellt werden. Er brauchte Seelen, und die wollte ihm Silva besorgen. Ein Versprechen musste gehalten werden. Wer versuchte, den Teufel zu hintergehen, würde diesen Versuch mit seinem
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