131 - Pakt mit Luzifer
Jahre fleckigen Fenster drang nur das schwache Licht
einer Straßenlaterne.
Petra Gerlach griff nach dem Lichtschalter.
Schwach glühte die Birne in dem dunkelroten Schirm und spendete nur einen
armseligen Schein.
Der alte Korridor war ungepflegt. An einer
Vitrine fehlten die gedrechselten Griffe.
Ein altmodischer Garderobenständer paßte in
diese Umgebung. Auf der Hutablage thronten ein Hut, ein Schal und zwei Paar
Handschuhe. Alles war dick verstaubt.
»Wann bist du das letzte Mal hiergewesen ?« fragte die Boutique-Inhaberin.
»Vor fünf Jahren.«
»Aber in der Zwischenzeit war noch jemand
anders hier«, stellte Michaela May sofort fest. »Es ist nicht gerade gründlich
gesäubert worden, aber nach fünf Jahren müßte es logischerweise noch schlimmer
aussehen .«
Sie passierten den Korridor. Im stillen gab
Petra ihrer Freundin recht, und ein eigenartiges Gefühl beschlich sie. War
Klaus Bender schon eine geraume Zeit wieder hier in Frankfurt und hatte es nur
unterlassen, sich bei ihr zu melden und somit jede Möglichkeit einer
eventuellen Wiederbegegnung geschickt ausgeschaltet?
Der Flur war wie ein langer, schmaler
Schlauch. Darin mündeten die Türen. Eine zur Küche, die andere in eine winzige
Toilette, die nächste ganz vorn ins Wohnzimmer. Von dort aus gab es eine Verbindungstür
zum Schlafzimmer. .
Petra wollte etwas sagen, aber die Worte
blieben ihr in der Kehle stecken.
Da war doch etwas.
Ein leises Vibrieren, das aus der Wand oder
dem Boden unter ihren Füßen zu kommen schien ... Ein herzzerreißendes
Stöhnen...
Die beiden Frauen hielten den Atem an und
wurden blaß.
Sie waren nicht allein!
Es war außer ihnen noch jemand in der
Wohnung!
*
Die Geräusche kamen aus dem Schlafzimmer. Das
Vibrieren durch die Wand verstärkte sich, ein Bettgestell knarrte so heftig,
als würde es durchgeschüttelt.
»Micha«, wisperte Petra Gerlach entsetzt.
»Was ist das ?«
Am liebsten hätte sie auf der Stelle kehrtgemacht
und die unheimlich wirkende Wohnung verlassen.
Neugierde und Angst erfüllten sie. Die
Neugierde aber war stärker.
Sie gingen ins Wohnzimmer und öffneten
vorsichtig die Verbindungstür zum Schlafraum.
Eiskalte Luft schlug ihnen entgegen. Die
beiden Frauen glaubten, in einen stinkenden Stall zu geraten. Die Bilder, die
sich ihren Augen boten, verschlugen ihnen den Atem.
*
»Ziemlich ruhig hier«, bemerkte Larry Brent,
als sie den großen, kühlen Raum durchquerten.
»Tote machen keinen Lärm«, erwiderte
Kommissar Schneider trocken.
Zahllose Bahren standen vor hellgekachelten
Wänden. Deutlich zeichneten sich unter den Laken die starren Körper ab. Braune
Zettel, die an Paketanhänger erinnerten, waren an den Füßen der hier
versammelten Leichen befestigt. Name, Todesart und Fundort der Leiche standen
darauf vermerkt.
Kommissar Schneider und Larry Brent voran
schritt ein gebeugt gehender Mann mit wächserner Gesichtshaut und
dunkelumrandeten Augen. Er tat um diese Zeit seinen Dienst hier. Nach der
Statistik würde heute nacht mindestens wieder eine Leiche unbekannter Herkunft
eingeliefert werden oder ein Toter für die gerichtsmedizinische Untersuchung
präpariert.
Die Leiche, für die Larry Brent alias X-RAY-3
sich interessierte, lag in der hintersten Ecke.
Der weißbekittelte Angestellte des
Schauhauses zog mit einem beinahe eleganten Schwung das Laken von dem Toten.
Vor ihnen lag Dr. Prühning.
»Die Todesursache ist inzwischen klar«, sagte
Kommissar Schneider, seinen Hut mechanisch ein wenig zurück in den Nacken
schiebend. »Man hat ihm Luft in die Vene injiziert .«
Larry nickte wortlos. Aufmerksam begutachtete
er das geheimnisvolle Zeichen, das inzwischen bei vier Toten an verschiedenen
Orten der Welt aufgetaucht war.
»Er hat Phantasie«, murmelte Larry Brent
schließlich, auf den unheimlichen Mörder anspielend. »Jedes Opfer verliert
durch eine andere Todesart sein Leben .«
Schneider musterte den jungenhaft wirkenden
Besucher, der von schier Unerschöpflicher Energie geladen schien und seit
vierundzwanzig Stunden auf den Beinen war. X-RAY-3 traf verspätet ein, weil
eine Bombendrohung den Abflug der Linienmaschine in Montpellier um zweieinhalb
Stunden verzögerte. Brent hatte in Südfrankreich recherchiert und Unterlagen,
die ihm auf dem Flughafen von einem Nachrichtenagenten der PSA übergeben
wurden, Wort für Wort studiert. Nicht mal im Flugzeug hatte er geschlafen.
Obwohl er spät auf dem Rhein-Main-Flughafen
eintraf, hatte er nicht
Weitere Kostenlose Bücher