1313 - Der falsche Engel
stehen wir auf seiner Seite.«
»Das würde ich mir an Ihrer Stelle noch genau überlegen«, erwiderte der Reporter trocken.
Griffin schwieg. Er beschäftigte sich bestimmt mit seiner gedanklichen Kehrtwendung. Das, wonach er gestrebt hatte, war zerbrochen. Er und die Mitglieder des Clubs hatten eben auf das falsche Pferd gesetzt und mussten sich jetzt von den Engeln im Stich gelassen fühlen.
Bill dachte über die Engel nach. War Lucio ein Engel? Auch er kannte die Geschöpfe in verschiedenen Arten und mit ihrem unterschiedlichen Aussehen. Trotzdem glaubte er nicht, dass er in Lucio einen Engel vor sich hatte. Zumindest keinen, wie ihn die Menschen sahen. Es konnte durchaus sein, dass er sich so sah und sich auch mit den Engeln beschäftigt hatte und bestimmt nicht nur mit den positiven. Er war jemand, den man eher als Höllenengel ansehen konnte und der trotzdem keine Ähnlichkeit mit Belial, dem Lügenengel, besaß.
Er war ein Medium. Ein sensitiv begabter Mensch, der seinen eigenen Weg gegangen war, und möglicherweise sogar einen Kontakt zu den Engeln geschafft hatte und ihnen recht nahe gekommen war. Nur waren das diejenigen, die auf die dunkle Seite gehörten und die mit den von vielen Menschen verehrten Lichtwesen nichts zu tun hatten.
Eine Frau, die zu jammern begann, wollte aufstehen. Sie kam nur halb hoch, als der Befehl sie erreichte.
»Bleib sitzen!«, schrie Lucio sie an.
Die Frau sackte sofort wieder zurück.
Mit einer wütenden Bewegung fegte Lucio seine veränderte Pyramide vom Tisch. Er wandte sich an die Teilnehmer der Seance.
»Glaubt nur nicht, dass es schon zu Ende ist«, flüsterte er ihnen mit scharfer Stimme zu. »Denkt nur nicht daran. Ich bin nicht besiegt. Ich werde auch nicht besiegt werden. Ich mache weiter. Und ihr werdet sehen, wozu ich fähig bin.« Er lachte gellend auf. »Ihr seid doch die Freunde der Engel, und jetzt könnt ihr beweisen, wie sehr ihr euch mit ihnen angefreundet habt und wie nahe ihr ihnen steht. Ab jetzt bin ich euer Engel, denn mich habt ihr geholt, um den Kontakt zu bekommen.«
Griffin stieß Bill an. Der Medien-Mensch hatte einen Teil seiner Fassung verloren. »Glauben Sie das? Glauben Sie, was Sie hören?«
»Sicher.«
»Was hat er… ich meine … schafft er es?«
»Ich hoffe nicht.«
Phil Griffin atmete schwer. »Verdammt noch mal, das habe ich nicht gewollt. Ich… ich … Sie müssen es mir glauben, Bill. Das wollte ich wirklich nicht.«
»Das weiß ich doch. Ihre Absichten waren lauter. Sie wollten etwas Besonderes in die Welt setzen und haben Lucio deshalb kommen lassen. Jetzt sehen Sie, dass diese Wesen sich nicht von irgendwelchen Menschen führen lassen.«
»Ja, leider…«
Bill Conolly verstand den Zorn des Brasilianers. Er hatte sich sicher gefühlt und sich darauf verlassen, die Menschen unter seinen Bann zwingen zu können. Bill glaubte ihm auch die Verbindung zur Welt der Engel. Die war jetzt zumindest eingeschränkt, denn was er mal als Katalysator benutzt hatte, lag wie ein verformtes Stück Metall auf dem Boden und würde ihm nichts mehr bringen.
Lucio hatte sich wieder gefangen und gab dies deutlich zum Ausdruck. »Man hat mich zerstören wollen«, erklärte er mit rauer Stimme. »Ja, man wollte mich vernichten. Aber es ist der anderen Seite nicht gelungen. Ich bin noch da, und ich werde immer da sein. So leicht lasse ich mich nicht vertreiben, denn ich weiß, wer mich schützt.« Er musste wieder lachen, schlug mit den flachen Händen auf den Tisch und stoppte sein Gelächter.
Dann bewegte er nur seinen Kopf. Jeder am Tisch fühlte sich, als würde gerade nur er angeschaut. »Ich sage euch«, flüsterte Lucio.
»Ihr seid nicht umsonst gekommen. Ihr werdet noch erleben, wozu Engel fähig sind. Ich werde es euch vorführen, und ich werde dafür sorgen, dass ihr sie in der Zukunft noch mehr verehrt.«
»Er will was?«, fragte Griffin leise. »Was hat er vor?«
»Lassen Sie es ihn demonstrieren.«
»Ha, Sie haben Nerven, Bill.«
»Die muss man haben.«
Griffin sagte etwas, von dem Bill nichts verstand. Außerdem hatte der Mann mehr gestöhnt. Wichtig war für ihn der Brasilianer.
Er hatte sich von seiner Niederlage erholt, wobei Bill sich fragte, wie sie zu Stande gekommen war?
Nicht hier. Nicht durch die Anwesenden, sondern aus einer anderen Position. Wahrscheinlich aus einer entfernten, und da gab es für ihn nur eine Lösung.
John Sinclair!
Er wusste nicht, wieso, aber er konnte es drehen und wenden wie er wollte,
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