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1313 - Der falsche Engel

1313 - Der falsche Engel

Titel: 1313 - Der falsche Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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etwas anderes kam ihm nicht in den Sinn. Es gab keinen weiteren Feind, der Lucio gefährlich hätte werden können. Zumindest keinen, der sich in der Nähe befand.
    Lucio hatte sich erhoben.
    Bills Gedanken wurden wieder zu ihm hingeleitet und auch seine Blicke. Er wollte anschauen, was nun passierte, aber Lucio tat noch nichts. Er blieb an seinem Platz wie ein Feldherr stehen und ließ sich vom Licht der Kerzen bescheinen.
    Erst in diesem Augenblick nahm ihn der Reporter so deutlich wahr wie nie zuvor. Lucio war von seiner Gestalt her kein Siegertyp. Er war nicht überdurchschnittlich groß. Er war nicht kräftig.
    Man konnte ihn eher als schmal bezeichnen, und sein Körper besaß mehr weibliche Formen als männliche. Er besaß keine Brüste, aber der Schwung der Schultern und auch der Hüften wies darauf hin.
    Zu seiner Gestalt gehörte auch das Gesicht. Im Profil präsentierte er es den beiden Zuschauern an der Tür. Auch dieser Gesichtsschnitt glich in seiner Weichheit eher der einer Frau als einem Mann. Lange Haare, zurückgekämmt, dabei flach auf dem Kopf liegend, den weichen Schwung des Kinns und die kleinen Ohren.
    »Wer bist du?«, murmelte Bill.
    »Was haben Sie gesagt?«, fragte Griffin verständnislos.
    Der Reporter winkte ab. »Schon gut.«
    Der Brasilianer stand noch immer vor seinem Stuhl. Wieder schaute er sich die Teilnehmer der Sitzung an. Und wieder legte sich ein wissendes Lächeln auf seine Lippen. Die Augen gaben einen gewissen Glanz ab, was nicht an ihnen allein liegen musste.
    Es fing sich in ihnen auch das Licht der zahlreichen Kerzen.
    »Ich werde euch den Beweis antreten, dass ich nicht besiegt worden bin. Wer sich jetzt freut, der hat es zu früh getan. Ich bin einfach zu mächtig, und das sollt ihr sehen. Ihr werdet erkennen, zu wem ihr aufzuschauen habt. Ihr habt die Engel gesucht, ihr habt euch nach ihnen gesehnt, und jetzt werdet ihr erleben, wozu Engel fähig sind.«
    »Also doch!«, stöhnte Griffin. »Ich habe es schon geahnt. Ich…«
    »Ruhe!«, flüsterte Bill.
    »Ist ja schon gut.«
    Plötzlich bewegte sich Lucio wieder. Mit einer glatten Bewegung stieg er auf den Stuhl. So konnte er alles überblicken. Eben wie ein Engel, der sich in einer bestimmten Höhe aufhielt.
    Bill überlegte, was der Typ im Schilde führen könnte. Irgendetwas Spektakuläres, doch was es genau war, dazu reichte seine Fantasie nicht aus.
    »Komm her zu mir!«
    Der scharfe Befehl unterbrach Bills Gedankengang. Schon zuvor war ihm das Drehen des Kopfes aufgefallen. Seit einigen Sekunden schaute der Brasilianer zur Tür, und Bill sah seine hellen Augen, deren Blick zwingend und hypnotisch war.
    Es gab für Bill keinen Zweifel, dass er gemeint war. Nur kam er der Aufforderung nicht nach.
    »Her zu mir!«
    »Ich?« Bill tippte gegen seine Brust.
    »Ja, du!«
    »Und dann?«
    »Du sollst kommen.« Der drohende Unterton in der Stimme war nicht zu überhören. Bill sah ein, dass es besser war, wenn er gehorchte. Tat er es nicht, würde sich Lucio möglicherweise an den anderen rächen, und das wollte er nicht.
    »Himmel, Sie gehen wirklich zu ihm?«, fragte Griffin entgeistert.
    »Ich muss es tun, Bill.«
    »Aber…«
    »Keine Sorge, ich weiß mich zu wehren.«
    Ob das tatsächlich der Fall war, würde sich noch herausstellen.
    Wohl war dem Reporter jedenfalls nicht.
    Die Strecke war nur kurz, und Bill ging mit besonders kleinen Schritten. Wieder betrat er den mit einer anderen Atmosphäre angefüllten Raum. Die Kühle der Diele war verschwunden. Das Licht der Kerzen störte ihn etwas. Er zwinkerte, er saugte durch die Nase diesen anderen Geruch auf, der sich so schwer über den Raum gelegt hatte.
    Die Gesichter der meisten Teilnehmer waren ihm zugedreht. Bill konnte sie jetzt aus der Nähe anschauen, und es gab keines, das auf ihn entspannt gewirkt hätte. Die Menschen standen unter einem Druck, den sie nicht ausgleichen konnten. Aus diesem Grunde sahen sie auch so hart und zugleich ängstlich aus, als erwarteten sie das große Grauen. Sie konnten auch froh darüber sein, dass es nicht sie erwischt hatte, sondern diesen Fremden. Daraus schöpften sie Hoffnung, dass der Kelch an ihnen vorbeiging.
    »Stell dich dort hin!« Lucio deutete auf eine bestimmte Stelle an seiner rechten Seite.
    Bill gehorchte auch diesmal. Er wollte auf keinen Fall etwas verkehrt machen.
    Das Medium war zufrieden. Bill hätte nur den Arm lang zu machen brauchen, um Lucio anzufassen. Davor hütete er sich allerdings. Seine Zeit, um

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