1316 - Vampirhölle
gehabt, und in diesem Zeitraum war die Verwandlung eingetreten und hatte tief gegriffen.
Er lag noch immer im Sessel!
Das Zeitgefühl war ihm verloren gegangen. Allerdings spürte er mit einem sicheren Instinkt, dass sich etwas verändert hatte. Nicht in seiner unmittelbaren Umgebung, sondern draußen vor den Mauern. Da war es passiert. Da hatte die Dunkelheit den Tag abgelöst.
Und jetzt war seine Zeit gekommen.
Er bewegte sich etwas zu forsch und rutschte vom Sessel auf den Boden. Den Aufprall spürte er nicht, denn Schmerzen kannte er nicht mehr. Auch das war ihm neu. Er rollte sich herum und blieb nicht auf dem Bauch liegen, sondern stand auf. Dabei benutzte er die Sessellehne als Stütze.
Noch etwas schwankend und breitbeinig blieb er stehen. Der Sir stierte nach vorn und versuchte dabei, seine eigenen Gedanken zu fassen. Es gelang ihm nicht, weil das Denken von einem anderen Gefühl völlig überdeckt wurde.
Das war die Gier!
Zum ersten Mal merkte er, wie gierig er sein konnte. Ein wahnsinniger Hunger quälte ihn, doch es war nicht der Hunger nach einer normalen Nahrung. Etwas anderes toste durch seinen Kopf, und ein Gedanke breitete sich besonders stark aus.
Blut!
Der Saft der Menschen. Die Flüssigkeit, die er benötigte, um am Leben zu bleiben. Er wollte existieren. Er wollte trinken, sich laben, um dann stark zu werden.
Mit gesenktem Kopf blieb er für eine gewisse Zeit stehen und achtete auf den Druck an seinem Oberkiefer. Dort hatte sich das gebildet, was für ihn und seine Zukunft so prägnant war.
Das Zeichen.
Der Vampir!
Die Person, die lange und spitze Zähne besaß, die es schaffte, Wunden zu reißen.
Aus seiner Kehle strömte ein heiseres Geräusch. Dass er nicht mehr zu atmen brauchte und trotzdem existierte, das störte ihn nicht weiter. So etwas nahm er hin. Mit jeder Sekunde, die verrann, fühlte er sich besser. Der Strom der Kraft reichte bis in seinen Kopf hinein. Er richtete ruckartig seinen Oberkörper auf und breitete die Arme aus.
Cecil Banks fühlte sich stark!
Es war eine ganz besondere Stärke, die durch seinen Körper rann. Sie durchfloss ihn wie ein Strom, und er hatte das Gefühl, auf den Zehenspitzen zu schweben. Seinen Mund hielt er offen. Er fühlte nach seinen Zähnen und strich mit der Kuppe des Zeigefingers über die Spitzen hinweg. Ja, so musste es sein. Die beiden Zähne waren der Beweis für das neue, herrliche Leben, das ihm bevorstand.
Er stand auf und ließ seinen Blick durch die abgedunkelte Wohnung gleiten. Alles war noch an seinem Platz, nur etwas hatte sich verändert.
Die blonde Bestie war nicht mehr da!
Dass Justine Cavallo ihn im Stich gelassen hatte, nahm er in diesem Fall als nicht besonders tragisch hin. Er war zu einem anderen geworden und fühlte sich stark genug, um allein seinen Weg weiterzugehen. Niemand sollte ihn stören, niemand würde ihn aufhalten. Wer es trotzdem versuchen wollte, bekam Probleme.
Er ging zum Fenster. Jeder Schritt war für ihn wie eine Pumpe, die immer mehr Kraft in seinen Körper hineindrückte. Er fühlte sich besser. Die Kraft war da. Es gab die erste Unsicherheit nach dem Erwachen nicht mehr. Und es gab die Gier. Die Sucht, Blut trinken zu müssen. Er stellte sich vor, wie es aus einer Quelle in seinen Mund sprudelte und von ihm geschluckt wurde.
Der Sir hörte sich selbst schmatzen. Wäre jetzt ein Mensch in der Nähe gewesen, er hätte sich auf ihn gestürzt und zugebissen. Stattdessen zog er den Vorhang ein Stück zur Seite und warf einen Blick aus dem Fenster.
Er schaute nur eine Etage nach unten und überblickte den Platz vor dem Stigmata. Ein leichter Blutschleier aus Licht breitete sich dort aus, der immer wieder zuckte, was an den Augen des Totenschädels lag, der die Ankömmlinge begrüßte.
Der Sir musste sich weiter nach vorn beugen, um einen besseren Sichtwinkel zu bekommen. Er beobachtete die Menschen vor dem Eingang. Es waren nicht viele. Die meisten Gäste hielten sich im Lokal auf, was ihn freute.
Gäste – Menschen – Blut!
Dieses Dreieck bildete sich in seinem Kopf. Es würde nie mehr verschwinden, solange er existierte. Und er hoffte, sein »Leben« so lange wie möglich führen zu können.
Nach gut einer Minute des Schauens wandte er sich vom Fenster ab. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sein Hemd völlig zerfetzt war. Als Mensch hätte er es ausgezogen und ein anderes übergestreift. Als Vampir verzichtete er darauf, aber er griff zu seiner Jacke, in die er schlüpfte. Er hatte sie von
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