1323 - Vampir-Monster
nach einer Stelle, an der er anhalten und telefonieren konnte. Im Moment sah er die Chance nicht. Glatt und ohne Einbuchtung führte das graue Band der Autobahn weiter.
»Johnny…?«
»Ja, was ist?«
»Ist alles wieder okay?«
Er hätte Hado gern eine perfekte Antwort gegeben. Dann aber hätte er lügen müssen, und das wollte er nicht.
»Ganz okay ist nichts. Aber es sieht so aus, als hätten wir es geschafft.« Da hatte er nicht mal gelogen, denn Blicke in den Spiegel hatten ihm klar gemacht, dass sie nicht verfolgt wurden. Zumindest nicht so offen, als dass die Verfolger hätten schnell entdeckt werden können.
»Ich blute.«
»Stimmt.«
»Das ist doch Scheiße!«, schrie Hado los. »Das ist nicht zu begreifen!«
»Hör auf zu schreien.«
»Aber es ist so.«
»Ich weiß. Wir kommen auch weg, verlass dich drauf.«
Hado war noch nicht fertig. »Aber so was kann es doch nicht geben. Nein, das ist… ich werde noch verrückt. Das fasse ich nicht. So was kann man keinem erzählen.«
»Sollst du auch nicht.«
»Und was machen wir?«
»Abhauen.«
Die Antworten hatten Hado keine Sicherheit gegeben. Er schaute auf seinen blutverschmierten Arm und sah auch die Bisswunden.
Es schüttelte ihn, er musste schlucken, aber er presste die Lippen zusammen und stöhnte nicht.
Johnny hatte sich voll und ganz auf die Fahrt und auf die Suche nach einem geeigneten Halteplatz konzentriert. Er musste einfach in London Bescheid geben. Zudem ging er davon aus, dass diese Angriffe bestimmt nicht beendet waren.
»Wenn ich das alles erzähle, hält man mich für verrückt!«, flüsterte Hado.
»Du brauchst ja nichts zu erzählen.«
»Das kann ich nicht.«
»Wieso?«
»Man wird mich fragen, woher ich die Wunde habe. Meine Mutter ist sowieso neugierig. Und sie war dagegen, dass ich zum Rockkonzert fahre. Das kommt auch noch hinzu. Nein, nein, so super ist das alles wirklich nicht.«
»Aber du lebst.«
Hado sagte zunächst mal nichts. Dann musste er Johnny Recht geben. »Ja, wir leben beide. Und mein Leben habe ich wohl dir zu verdanken, wie?«
Johnny winkte ab. »Nein, wir haben einfach nur Glück gehabt. Glaub mir das.«
»Ich allein wäre untergegangen.«
»Wenn du das meinst, okay.«
Johnny hatte keine Lust mehr, sich noch länger über die Dinge zu unterhalten. Er musste sich auf das Fahren konzentrieren. Zwar war die Dunkelheit noch nicht hereingebrochen, aber der Regen war zu einem Niesel geworden und hatte als Sprüh die Fahrbahn genässt, was sie leicht rutschig machte. Aus diesem Grund fuhr Johnny langsamer, als er eigentlich hätte fahren wollen. Im Graben wollte er nicht landen, sondern heil und gesund zu Hause eintreffen.
»Ich rufe zu Hause nicht an«, sagte Hado.
»Ist auch gut so. Einer reicht.«
»Meine Mutter würde durchdrehen. Manchmal ist sie hysterisch, wenn sie mit irgendwelchen Dingen nicht zurechtkommt. Einfach schrecklich, die Frau.« Er winkte mit dem gesunden Arm ab.
»Außerdem würde sie mir kein Wort glauben.«
»Du musst es wissen.«
Mehr sagte Johnny nicht, denn er hatte eine Haltebucht entdeckt, die ihm ideal erschien. Er setzte den Blinker, das Wohnmobil rollte von der glatten Bahn ab. Er hielt an.
Hado schaute Johnny fragend an. »Was soll das denn? Was willst du? Wir wollten doch so schnell wie möglich nach London.«
»Werden wir auch hinkommen. Aber zunächst muss ich telefonieren.«
»Ach. Mit wem denn?«
»Mit zu Hause.«
»Die lachen dich aus.«
»Bestimmt nicht.«
Johnny hatte sein Handy ausgeschaltet. Er machte es betriebsbereit. Die Nummer war einprogrammiert. Er hoffte nur, dass einer seiner Elternteile im Haus war. Am liebsten wäre ihm sein Vater gewesen und noch lieber natürlich John Sinclair.
Er hatte Pech. Seine Mutter meldete sich.
Zuerst hatte ihre Stimme noch ruhig geklungen, als sie allerdings den Namen ihres Sohnes hörte, bekam sie einen leicht schrillen Klang.
»Johnny, gut, dass du anrufst…«
»Wieso? Was ist denn?«
»Ich kann es dir nicht sagen. Aber irgendetwas liegt in der Luft. Das spüre ich. John Sinclair hat auch schon angerufen und gefragt, ob alles in Ordnung ist.«
»Sollte es denn Ärger geben?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Wo ist Dad?«
»Noch unterwegs. Er wird bald kommen, hoffe ich. Aber was ist mit dir? Wo steckst du? Ich wollte dich erreichen, doch…«
»Mir geht es gut.«
Sheila besaß einen Sinn für Zwischentöne. »Das hörte sich aber für mich nicht so an.«
»Na ja, es ist auch etwas übertrieben. Ich
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