1332 - Die Höhlen der Ewigkeit
finsteren Nacht fand ich sie - Kera-Hua-Zatara. Ich erkannte sie nicht.
Sie hing damals in einer Felswand in den tiefsten Regionen der Höhlen der Ewigkeit, meiner Ewigkeit, in die mich Ijarkor entlassen hatte - vor Äonen. Ich hatte Hunger. Und eine so große Pflanze hatte ich noch nie gefunden. Das Leben in den Höhlen der Ewigkeit war karg.
Ich riß sie aus dem Gestein und hörte ein sanftes: „Au!" Doch eine besondere Bedeutung maß ich diesem Laut nicht bei.
In meiner Wohnhöhle in der dritten Etage der Höhlen der Ewigkeit brannte das Feuer. Der kleine Tiegel würde von der Pflanze voll werden. Ich würde satt werden. Satt!
Fragen beschäftigten mich. War das Wurzelwerk auch genießbar? Die dunkelblaue Blütenknospe mit Sicherheit. Die filigranen, aber doch sehr harten und eigentlich kümmerlichen Wurzeln mußte ich abschreiben.
Der Stamm, der sich nach oben hin in zwei Kugeln erweiterte, lockte mich mehr.
Das Feuer brannte. Das Wasser im Tiegel begann fröhlich zu sprudeln. „Guten Appetit!" sagte die Pflanze. „Und grüß mir meine Kinder. Bitte, Jeo, alter Pailliare."
Ich fuhr zusammen, als ob mich der geistige Zwang Ijarkors erneut getroffen hätte, denn nun verstand ich, daß meine Mahlzeit reden konnte.
Es bedurfte einer Handbewegung, dann war der Tiegel mit dem kochenden Wasser verschwunden. „Kaltes Wasser für Kera-Hua-Zatara", hörte ich.
Ich holte kaltes Wasser. „Kera-Hua-Zatara, das bin ich, Jeo."
Ich pflanzte sie wieder ein und begoß die Stelle mit dem Wasser. Mein Hunger war vergessen, denn Kera-Hua-Zatara faszinierte mich. Sie benötigte einige Zeit, um sich zu erholen. Dann sprach sie wieder zu mir. „Ich danke dir, Jeo, denn du hast mir das Leben geschenkt."
„Bitte", antwortete ich. „Wer bist du? Woher kommst du?"
„Ich bin Kera-Hua-Zatara. Und woher ich komme, weiß ich nicht. Ich war schon lange hier. Ich habe viel geschlafen. Ich suche meine Kinder."
Diese Informationen verwirrten mich anfangs.
Später sprach sie nie wieder von ihren Kindern. Manche Themen blieben für sie tabu. Ich fand mich damit ab, denn für mich bedeutete es schon ein großes Glück, in der Einsamkeit der Höhlen der Ewigkeit einen Gesprächspartner zu haben.
Aber auch in diesem Punkt enttäuschte mich Kera-Hua-Zatara sehr oft. Manchmal schwieg sie mehrere hundert Tage. Alle Versuche, ihr dann ein Wort zu entlocken, scheiterten in diesen Zeiten.
Meine Gedanken kehrten wieder ganz in die Gegenwart zurück, die sie nun schon so lange mit mir teilte.
Ich wußte, daß sie wahrhaftig träumen konnte. Mit ihren seltsamen Sinnen nahm sie Dinge aus der Nähe und der Ferne auf und formte sie zu Worten und Geschichten, die der Realität entsprachen. Sie hatte mir genügend Beweise dafür geliefert. Es gab keine Zweifel. Sie sprach immer die Wahrheit.
Sie hatte die Konferenz der Krieger und die Ankunft des Raumschiffs der Pterus gesehen, verfolgt und geschildert. Einige Auswirkungen davon hatte ich aus den oberen Regionen der Höhlen der Ewigkeit mit eigenen Augen verfolgen können, denn von dort besaß ich einen ausgezeichneten Überblick über den Palast des Ewigen Kriegers.
Kera-Hua-Zatara hatte diese Ereignisse aber nicht als bedeutend bezeichnet.
Sie sammelte alle Fakten, um etwas zu erreichen. Vielleicht hing das mit ihren Kindern zusammen, deren Namen ich nun endlich erfahren hatte - Comanzatara und Huakaggachua.
Seltsame Namen, in deren Klang etwas mitschwang, als würde mich der Hauch einer unendlich fernen Welt berühren.
Ich wußte nicht, warum Kera nun von bedeutenden Dingen sprach. Wahrscheinlich war, daß sie diese Formulierung gewählt hatte, weil sie ihren Tod vorhersah. Andererseits maß sie diesem Umstand keine größere Bedeutung bei. „Sie bereiten das Spiel des Lebens vor", erklärte sie plötzlich ohne erkennbaren Zusammenhang. Wer mit „sie" gemeint war, sagte Kera nicht. „Was ist ein Spiel des Lebens?" fragte ich. Irgendwann hatte ich diesen Namen wohl schon gehört. Die Bedeutung hatte ich aber vergessen.
Kera-Hua-Zatara neigte ihren Blütenkopf in meine Richtung. „Das Spiel des Lebens wird seit vielen Jahrtausenden von den Ophalern auf dem Planeten Mardakaan veranstaltet. Es dient dazu, geeignete Gefolgsleute für den Troß des Kriegers Ijarkor zu finden. Für die Ophaler ist das Spiel des Lebens eine besondere Ehre, denn diese Aufgabe wurde ihnen vom Krieger zugewiesen, als sie die Prüfung des Permanenten Konflikts bestanden hatten. Jeder Bewohner der
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