1340 - Lady Sarahs teuflische Tochter
verkehrten Winkel. Außerdem brannte noch das Licht.
Sheila atmete tief durch, bevor sie flüsterte: »Aber Janes Auto stand draußen.«
»Das ist ja gerade das Problem.«
»Ob sie woanders hingegangen sind?«
»Glaube ich nicht«, murmelte Bill. »Hier stinkt es. Und zwar gewaltig. Einiges ist faul.« Er legte Sheila kurz eine Hand auf die Schulter. »Bleib du mal hier stehen, ich schaue mich hier um.«
»Gut.«
Viel umzuschauen gab es nicht, aber Bill wollte sich den Schreitisch anschauen. Er ging mit zügigen Schritten darauf zu, umrundete ihn rechts, um an die Vorderseite zu gelangen und blieb stehen, als hätte man ihn mit einem Knüppel gestoppt.
Das sah auch Sheila. »Was ist denn?«
Bill gab keine Antwort. Er schaute nur zu Boden.
Sheila merkte plötzlich, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte.
Sie wollte Klarheit haben, auch wenn sie plötzlich schreckliche Angst um Jane Collins bekam.
»Geh nicht weiter!«, rief Bill.
Sheila stoppte. »Was ist denn?«
»Hier liegt William Hobson. Er ist tot. Man hat ihm die Kehle durchgeschnitten.«
»Nein!«, keuchte Sheila, wobei ihre Hände der eigenen Kehle entgegenglitten. »Und was ist mit Jane?«
Bill hob nur die Schultern…
***
Jane Collins saß. Nur kam sie sich selbst vor wie eine Puppe, deren Mechanik nicht mehr so richtig funktionierte, denn sie schwankte von einer Seite zur anderen. Hinzu kam die Übelkeit, auch Folgen der verdammten Spritze.
Sie saß auf einer weichen Unterlage. Wie sie in diese Stellung hineingelangt war, konnte sie nicht sagen. Möglicherweise hatte sie sich selbst so hingesetzt oder war hingesetzt worden. Jedenfalls freute sie sich über die bequeme Fläche und auch darüber, dass sie keinerlei Kälte spürte, denn um sie herum war es warm und auch irgendwie gemütlich, was Jane im warmen Licht einer Deckenleuchte erkannte.
Man hatte sie nicht in der Dunkelheit allein gelassen. Das Zimmer war sogar recht groß. Mit einem Verlies konnte man es beim besten Willen nicht vergleichen. Eine Decke, unter der dunkle Balken zu sehen waren. Dazwischen sah sie die Lampe wie einen flachen Mond, der ein gelbliches warmes Licht abgab.
Jane sah das Fenster – und das Gitter davor. Die Eisenstäbe waren von innen angebracht worden und standen dicht beieinander. Da hätte sich höchstens eine Katze durchzwängen können, aber kein Mensch. Alte Möbel standen in ihrer Umgebung. Sie selbst saß auf einer Couch, die von zwei Sesseln flankiert wurde.
Zwischen ihnen hatte man einen schmalen und nicht sehr hohen Holztisch hingestellt, auf dessen heller Platte ein leichter Staubfilm lag.
Alles wirkte sehr alt und verwohnt und auch irgendwie nicht mehr benutzt, aber sie sah es als einen Vorteil für sich an, denn so konnte sie es sogar als Gefangene aushalten.
Wenn sie direkt nach vorn schaute, fiel ihr Blick auf eine Tür. Sie bestand aus dickem Holz. Zwei diagonal verlaufende Balken waren von innen dagegen genagelt worden, als wollten sie Jane davor warnen, einen Ausbruch zu versuchen.
Das hatte sie sowieso nicht vor. Sie musste sich zunächst in ihr Schicksal fügen. Es hing auch mit ihrem körperlichen Zustand zusammen. Jane Collins saß zwar auf der Couch und hätte für einen Fremden wie eine normale Frau ausgesehen, die auf einen Gesprächspartner wartete, aber dem war längst nicht so.
Sie fühlte sich kraftlos. Nur mit großer Mühe schaffte sie es, sich zu bewegen. Ihr Kopf war schwer, die Beine und die Arme waren es ebenfalls, und eigentlich hätte sie sich zur Seite kippen und hinlegen müssen.
Das tat sie nicht.
Jane saß da und dachte nach, denn ihr Gehirn hatte nicht gelitten.
Es gab das Erinnerungsvermögen noch. Alles lief wieder auf sie zu wie ein Film, der zurückgespult worden war. Die Bilder waren wieder da. Die Kanzlei, die Leere des Vorzimmers, der tote William Hobson und natürlich auch die Frau und ihr Helfer, dieser aalglatte Typ.
Die Frau!
Jane schloss die Augen und lehnte sich zurück. Sie spürte den Wulst der Rückwand in ihrem Rücken und dachte über diese Person nach. Sie hörte auf den Namen Claudine Parker, und sie hatte behauptet, Lady Sarah Goldwyns Tochter zu sein.
Ihre Tochter!
Das setzte sich in Janes Gehirn fest. Es war einfach verrückt und nicht nachvollziehbar. Wie konnte Sarah eine Tochter gehabt haben, die vom Alter her mit Jane Collins zu vergleichen war? Das konnte sie nicht fassen. Dagegen sträubte sich alles, und doch hatte diese Person es mit großer Bestimmtheit behauptet.
Jane
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