1342 - Die Totmacher
Jetzt war der Blick auf ihren Mann frei und sie hatte das Gefühl, mit beiden Beinen im kalten Wasser zu stehen.
Was sie da zu sehen bekam, das war, das war…
Ethan war nicht mehr allein.
Wie ein Gespenst aus dem Nebel war eine blondhaarige Frau erschienen und hielt den Anwalt umklammert. Allerdings nur mit einer Hand. Die andere benötigte sie, um das Messer zu halten, dessen Spitze die Kehle des Anwalts berührte…
***
Jetzt ist alles aus! Jetzt ist alles aus! Einen anderen Gedanken konnte Karen Blaine nicht mehr fassen. Sie kam sich vor wie jemand, die mit beiden Beinen in die Hölle gerutscht war und dort feststeckte.
Das war kein Film. Dieses verfluchte Killerpaar gab es wirklich.
Sie konnte es nicht glauben, aber beide standen nahe genug am Honda, dass selbst der Nebel nicht mehr zu sehr störte.
Was tun?
Nichts, gar nichts. Sich den beiden Killern überlassen. Auch Ethan wusste sich keinen Rat. Selbst die Angst war für Karen zu erkennen, die sich auf seinem Gesicht abmalte. Es hatte Ethan kalt erwischt. In seiner Haltung erinnerte er an einen Menschen, der zu Stein geworden war. Er würde nicht mehr die Kraft besitzen, sich normal zu bewegen. Das Grauen hatte voll zugeschlagen.
Es waren nur Sekunden seit dem Angriff vergangen, doch sie kamen der Frau vor wie Minuten. Sie hörte das Kichern dicht an ihrem Ohr. Der Kerl erlebt eine irre Freude. Er weidete sich auch an den Gefühlen der beiden Menschen.
»Siehst du?«, flüsterte er, »so geht es. Es hat alles wunderbar geklappt, und es wird auch weiterhin so laufen. Das kann ich euch versprechen. Wir sind gekommen, um abzurechnen.«
Karen Blaine war nicht in der Lage, eine Antwort zu geben. Für sie sah alles anders aus. Ihr Leben hatte einen Riss bekommen.
Nichts passte mehr zusammen. Das Grauen hatte brutal zugeschlagen.
Die Frau mit dem Messer winkelte ihr rechtes Bein an und drückte Ethan das Knie in den Rücken. Er kannte das Zeichen und bewegte sich langsam vor.
Die Blonde hielt ihn nicht mehr fest. Sie konnte sich auf ihren Plan verlassen. Das Messer blieb mit seiner Spitze auf den Rücken des Mannes gerichtet. Wenn Ethan versuchte, zu entkommen, würde es blitzschnell nach vorn schnellen und zustoßen.
Sie zitterte um ihren Mann. Er kam auf das Heck des Hondas zu.
Er wurde mehr geschoben als er ging. Noch immer steckte die Überraschung in ihm fest. Selbst innerhalb des Nebels sah sein Gesicht so starr aus wie eine Granitmaske.
Beide erreichten den Honda.
Die Frau sagte etwas zu Ethan, der ein Nicken andeutete und leicht in die Knie ging.
Er zog jetzt die rechte Tür hinter dem Fahrersitz auf, um einsteigen zu können. Die Frau würde sich neben Karen setzen. Dann befanden sie sich beide in der Gewalt dieser Psychopathen.
Die Tür schwang auf.
Feuchte Nebelluft drang in das Innere und verteilte sich dort wie kalte Geister.
Es war der Moment, in dem die Nerven der Frau nicht mehr mitspielten. Sie riss den Mund auf und dachte nicht mehr nach. Sie wollte es auch nicht. Es gab nur eines für sie.
Schreien, schreien, schreien…!
***
Es änderte sich nichts und doch alles!
Zumindest in den ersten Sekunden blieb alles gleich. Das Schreien hatte nicht nur Ethan Blaine und selbst seine Frau überrascht, sondern auch dieses verfluchte Paar.
Beide taten nichts.
Sie vereisten. Da spielte es keine Rolle, ob der Mann im Wagen saß und seine Partnerin draußen stand. Dieser Schrei hatte das gesamte Bild aus dem Rahmen gerissen, aber er hatte nicht dazu geführt, dass das Paar reagierte.
Die Frau stach nicht zu und das Beil ihres Freundes blieb auch unbeweglich in dieser Haltung.
Fassen konnte es niemand. Selbst die Frau nicht, die geschrien hatte. Sie saß nur so auf ihrem Platz, dass sie Ethan und die Silberblonde sehen konnte.
Die Angst war noch immer ein grausames Tier, das tief in ihr steckte. Und dieses Tier brach sich freie Bahn, denn der Schrei wollte einfach nicht aufhören. Karen wusste selbst nicht, woher sie die Kraft nahm. Sie wunderte sich auch nicht darüber, dass sie keine neue Luft zu schöpfen brauchte, sie schrie einfach weiter, als wollte sie mit diesen schrillen Geräuschen den Wagen sprengen.
Das war nicht möglich, und auch der Schrei sackte langsam ab.
»Hör auf!«, keuchte der Mann mit dem Beil.
Sie konnte es nicht. Karens Schrei sackte nur ab. Er wurde leiser und veränderte zugleich seine Tonart.
Die Blonde hatte es noch immer nicht geschafft, Ethan in den Wagen zu stoßen. Sie dachte auch nicht mehr
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