1349 - Lilians tödlicher Blumenzauber
ist es schon ein Fall?«
Die Tierärztin ballte die Hände zu Fäusten. »Was du immer hast? Warte es ab. Ich rede nicht gern über ungelegte Eier. Du wirst heute noch alles erfahren.«
»Okay, dann sage ich dir auch, was mir passiert ist.«
Jetzt war Maxines Neugier angestachelt. »Was Schlimmes?«, fragte sie.
»Nö… ganz und gar nicht«, erklärte Carlotta und drehte sich dabei zur Seite.
»Komm, sag schon, was es ist.«
»Du redest ja auch nicht über dein Ding.«
»Weil ich keine Pferde scheu machen will. Es kann sich daraus etwas Schlimmes entwickeln, und ich möchte nicht, dass du dir schon vorher Gedanken machst.«
»Bei mir war es nicht so schlimm.«
»Toll, dann kannst du es auch sagen.«
»Ich habe unterwegs eine Frau getroffen, und die hat mir etwas geschenkt.«
Jetzt war es heraus, und Carlotta war auch irgendwie froh darüber. Maxine wusste jedoch nicht, was sie mit dieser Erklärung anfangen sollte. »Was denn geschenkt?«
»Eine Blume.«
»Und wo war das?«
»Im Wald. Ich habe die Abkürzung genommen. Plötzlich stand eine Frau vor mir, die fast so aussah wie diese Märchengestalt Schneewittchen. Ja, ob du es glaubst oder nicht.«
»Das erzähle mal genauer.« Die Tierärztin hatte ihre Probleme für den Moment vergessen. Sie wollte genau wissen, was Carlotta erlebt hatte, und hörte gebannt zu.
Viel sagen konnte sie nicht. Sie spürte allerdings den Schauer auf ihrem Rücken und fragte dann mit leiser Stimme: »Hast du die Blume wirklich hier?«
»Ja, ich habe sie mitgebracht. Sie steht in meinem Zimmer. Du kannst sie dir anschauen.«
»Gut, das mache ich auch.«
Beide gingen hin. Maxine ließ Carlotta den Vortritt. Das ungute Gefühl konnte sie einfach nicht unterdrücken.
Blumen!, dachte sie. Zum einen sind sie aus dem Mund einer Toten gewachsen, zum anderen hat Carlotta von einer unbekannten Frau eine Blume geschenkt bekommen. Da brauchte man wirklich kein Hellseher zu sein, um gewisse Zusammenhänge zu erkennen.
Die Tierärztin ahnte, dass etwas Böses auf sie zukommen konnte.
Carlotta hatte es eilig. Sie huschte schnell in ihr Zimmer hinein.
Nach zwei Schritten blieb sie stehen, drehte sich um und deutete mit dem rechten Zeigefinger auf den kleinen Tisch, wo die Blume ihren Platz gefunden hatte.
Maxine trat näher heran. Ihr Herz klopfte stärker. Auf ihrem Nacken lag eine Eisschicht. Carlotta hatte ihr Platz gemacht. Sie wollte etwas fragen, doch als sie in das Gesicht ihrer Ziehmutter schaute, hielt sie lieber den Mund.
Vor dem Tisch blieb Maxine Wells stehen. Sie bückte sich so weit, dass sie die Blume genau anschauen konnte. Plötzlich schlug ihr Herz rasend schnell. Sie hatte es sich schon gedacht, doch als sie jetzt den Beweis bekam, wurde alles anders.
»Sie ist es«, flüsterte sie. »Ja, das ist eine Lilie. Genau die Blume, die aus dem Gesicht der toten Daisy Corner gewachsen ist. Mein Gott, was steht uns da nur bevor…«
***
Das Vogelmädchen wunderte sich über die Reaktion der Tierärztin, die noch für wenige Sekunden Dauer in ihrer gebückten Haltung blieb und sich dann langsam aufrichtete.
Das Blut war ihr in den Kopf geschossen. Dazu passten auch der unruhige Blick und das Kopfschütteln.
»Was hast du?«
Maxine Wells trat zurück. »Die Blume«, sagte sie mit leiser und krächzender Stimme. »Mein Gott, das ist eine Lilie. Furchtbar, kann ich dazu nur sagen.«
»Warum denn?«
Maxine antwortete mit einer Frage. »Wie hat die Frau ausgesehen, die du im Wald getroffen hast?«
Carlotta beschrieb sie noch mal. »Kannst du etwas damit anfangen, Max? Ist sie von hier?«
»Nein, ich glaube nicht. Ich kann damit wirklich nichts anfangen. Das geht alles so an mir vorbei, verdammt. Ich bin überfragt, aber ich sehe Verbindungen.«
»Welche?«
»Es ist nicht zu fassen, Carlotta, aber du musst mir glauben, dass alles, was ich dir jetzt sage, der Wahrheit entspricht. Auch wenn es unglaublich klingt.«
Mit tonloser Stimme berichtete Maxine, was ihr widerfahren war.
Sie schüttelte zwischendurch immer wieder den Kopf, als zweifelte sie an ihren eigenen Worten.
Auch Carlotta sank in sich zusammen. Sie ging ein Stück zurück und ließ sich in ihren Sessel fallen.
»Was kommt da auf uns zu, Max?«
»Ich kann es dir nicht sagen.«
»Aber die beiden Fälle hängen doch bestimmt zusammen?«
»Das muss man so sehen.« Maxine schüttelte den Kopf. »Es nutzt alles nichts, wenn wir uns darüber jetzt den Kopf zerbrechen. Was geschehen ist, ist geschehen,
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