1356
«Die Zeit verfliegt», sagte er.
«Habt Ihr etwas gesagt, Sire?», rief ein Mann.
«Ich sagte, die Zeit verfliegt!»
«Gott im Himmel», sagte der Mann. Er beobachtete den Prince of Wales, der in anmaßender Pose über den Männern stand, die er mit seiner blutverschmierten Axt niedergemacht hatte.
Der Prinz schüttelte die Axt in Richtung des Gegners auf dem Rückzug. «Komm zurück!», brüllte er.
«Er ist ein Narr», sagte der Dauphin erstaunt.
«Sire?»
«Ich sagte, er ist ein Narr.»
«Ein Narr, der kämpft», sagte der Mann mit widerwilliger Bewunderung.
«Er genießt es», sagte der Dauphin.
«Warum sollte er nicht, Sire?»
«Nur ein Narr kann so etwas genießen. Für einen Narren ist das hier das Paradies, und er suhlt sich in seiner Torheit.»
Der Mann, der mit der Bewachung des Dauphin betraut war, glaubte, der achtzehnjährige Prinz sei nicht ganz bei Trost, und mit einem Mal brandete Wut in ihm auf, weil er die Verantwortung für sein Leben trug, für das Leben dieses blassen, hühnerbrüstigen Schwächlings mit den kurzen Beinen und den langen Armen und, wie es nun schien, mit einem Gehirn aus Weichkäse. Ein Prinz sollte wie ein Prinz aussehen, wie der Prince of Wales. Der Franzose verabscheute es, sich dieses Eingeständnis machen zu müssen, aber der gegnerische Prinz sah wie ein wahrer Herrscher aus in all seiner breitbrüstigen, blutbespritzten Pracht. Er sah aus wie ein echter Krieger, nicht wie dieser bleiche Abklatsch eines Mannes. Aber der bleiche Abklatsch war der Dauphin, und deshalb wahrte der Mann den Respekt. «Wir müssen einen Boten zu Eurem Vater schicken», sagte er, «zum König.»
«Ich weiß, wer mein Vater ist.»
«Wir müssen ihn bitten, mehr Männer zu schicken, Sire.»
«Dann tut es», sagte der Dauphin, «aber sorgt dafür, dass er seine närrischsten Narren schickt.»
«Narren, Sire?»
«Schickt die Boten los! Sofort!»
Und so schickten die Franzosen nach Hilfe.
Der große Mann mit dem Morgenstern stürzte auf Thomas zu, und seine beiden Gefährten, der eine mit dem Flegel und der andere mit einer Axt, griffen gemeinsam mit ihm an. Sie brüllten ihre Herausforderung, als sie herankamen. Thomas wurde von Karyl und Arnaldus flankiert, beide hartgesottene Männer, einer Deutscher, einer Gascogner, und Karyl stellte sich dem Mann mit der Streitaxt entgegen, während Arnaldus von dem behelmten Mann mit dem Kriegsflegel herausgefordert wurde.
Thomas trug immer noch die gekürzte Lanze. Er ließ sie fallen.
Der Morgenstern wurde geschwungen. Als Thomas aufblickte, sah er Blutstropfen von den Spitzen wegfliegen, als die Waffe durch die Luft fegte. Er hatte nun keine Waffe mehr, also trat er vor, während der Mann noch ausholte, legte dem großen Mann seine Bogenschützenarme um die Mitte, drückte sie zusammen und hob den Mann hoch.
Arnaldus hatte den Hieb des Flegels mit seinem Schild abgefangen. Nun ließ er mit der Rechten die Axt auf das Bein seines Angreifers niederfahren. Karyl war Thomas’ Beispiel gefolgt und vorgetreten, während sein Gegner mit der Streitaxt ausholte, und nun rammte er ihm seine Keule in den Schritt. Dann schlug er noch einmal zu. Thomas hörte ein Kreischen. Er umklammerte seinen Feind. Der Flegel kratzte über seinen Rücken, riss an seinem Kettenhemd und seinem Lederwams. Noch mehr Franzosen kamen, aber auch mehr Hellequin. Der Mann mit der Streitaxt war nach vorn gekippt, und das war eine Einladung für Karyl, die er gern annahm. Er hielt die Keule dicht an seinen Kopf, verkürzte so den Schlag und hieb dem Franzosen die Keule in den Nacken. Einmal, zweimal, dann ging der Mann still zu Boden, und Karyl zog einen Dolch und bohrte ihn unter den Rand des Brustpanzers, den der große Mann trug, den Thomas umklammert hielt. Karyl stieß mit dem Dolch aufwärts unter die Rippen des Mannes.
«Gott! Gott!», schrie der Mann. Thomas erhöhte den Druck seiner Umklammerung. Der große Mann hätte den Morgenstern loslassen sollen, aber er hielt die Waffe eigensinnig weiter im Griff, und als Karyl seine lange, schmale Klinge in ihm drehte, schrie der Mann noch lauter. Thomas roch Kot. Er drückte, so fest er konnte, und Karyl rammte den Dolch erneut in den Körper, aufwärts unter den Rand des Brustpanzers, sodass sein blutiger Panzerhandschuh unter dem Stahl und in dem Gemisch aus zerborstener Kettenrüstung und Wolle verschwand.
«Ihr könnt ihn jetzt fallen lassen», sagte Karyl.
Der Mann stürzte schwer zu Boden. Er zuckte und
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