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136 - Im Schloss der Daa'muren

136 - Im Schloss der Daa'muren

Titel: 136 - Im Schloss der Daa'muren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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sie über dem Abgrund und klammerte sich am Rand einer Steinleiste fest, die den Turm umlief. Den Wetterriss auf der Oberseite hatte Jenny nicht sehen können. Er vergrößerte sich unter ihrem Gewicht.
    Langsam und knisternd begann der Stein zu brechen. Jenny keuchte.
    »Ganz ruhig!«, sagte Matt leise, während erden Erker verließ. »Keine Angst!«
    Schritt für Schritt ging er auf Jenny zu; seitwärts, den Rücken an die Wand gedrückt. Wind kam in Böen vorbei gefegt, als wollte er versuchen, Matt von den glatten Steinen zu stoßen. Und noch etwas anderes kam heran. Man sah es nicht, doch man hörte es.
    Tack. Tack. Tack.
    Matt rutschte an der Wand herunter in die Hocke. »Gib mir deine Hand!«, befahl er Jenny.
    Aber die junge Frau hatte zu viel Angst, das sah man ihr an.
    Wieder und wieder versuchte sie die Steinkante loszulassen, doch es gelang einfach nicht. Jenny begann zu schwitzen, und sie merkte, wie ihre Finger allmählich abglitten. Sie warf einen gehetzten Blick über die Schulter. Unter ihr gähnte die schwarze Tiefe. Mauerreste ragten heraus.
    Tack. Tack. Tack.
    »Komm schon, Canucklehead, du schaffst das!«
    (Canucklehead: umgangsspr. für: Kanadier) Matts Stimme war unverändert ruhig. Jenny lachte schluchzend. Er hatte ihren alten Spitznamen benutzt, ohne nachzudenken, und irgendwie gab ihr das den verlorenen Mut zurück. Sie löste ihren Griff, streckte die Hand aus – und der Stein brach. Über die volle Breite. Ein gut siebzig Zentimeter langes Stück stürzte in die Tiefe, und fast wäre Jenny ihm gefolgt.
    Matt schoss vor. Er bekam Jennys Handgelenk zu fassen und stemmte sich zurück. Er stöhnte, als das plötzliche Gewicht an seiner Schulter zerrte. Tack, Tack.
    Das dritte Tack blieb aus. Matt sah sich gehetzt um. Eine Hand kam um die Turmecke, dann ein schwerer Stiefel, dann ein kahlköpfiger Mann. Sein Schwert schimmerte aus der Dämmerung, und seine Absicht war unmissverständlich.
    Ruckelnd wie ein Zombie schob sich der Scherge näher.
    »Cooles Timing!«, keuchte Matt erbittert zwischen den Zähnen hervor und tastete nach dem Driller. Sein Herz pochte ihm hart gegen die Rippen. Jenny schien mit jedem Schlag schwerer zu werden. Er schwankte.
    »Matt? Matt!«, hörte er Jenny alarmiert rufen. Matt dachte, es sei eine Aufforderung, den Schergen zu erschießen. Er zögerte, obwohl seine Waffenhand schon zu zittern begann und die andere allmählich feucht wurde. Was sollte er tun? Es gab keinen Schalldämpfer für den Driller. Den Knall würde man bis nach Schäßburg hören! Einen Überraschungsangriff auf Anns Bewacher konnte Matt dann vergessen.
    »Scheiß drauf!«, sagte er und drückte ab. Der Knall war tatsächlich sehr laut. Als er verhallte, war der Scherge fort.
    Matt legte den Driller beiseite, beugte sich vor und griff nach Jenny. Sie sah ihn an. Panik stand in ihren Augen.
    »Über dir!«, flüsterte sie, und Matt wusste im selben Moment: Er hatte verloren. Was immer sich in seinem Rücken befand, es zielte auf einen hilflosen Mann, der das Leben von Jenny Jensen in den Händen hielt. Matt hätte loslassen müssen, um sein eigenes zu retten, und das konnte er nicht.
    Plötzlich erscholl ein dumpfes Geräusch, gefolgt von Aruulas Stimme.
    »Tombaa, sa nac!«, zischte die Barbarin – und der Pfeil, der Matt treffen sollte, schoss an ihm vorbei. (Tombaa, sa nac: Sprache der Wandernden Völker: »Fall um und sei tot!«) Eine Armbrust polterte herunter.
    Matt half Jenny auf die rettende Mauer und sah sich um.
    Über ihm hing ein toter Scherge aus dem Fenster. Aruula zog ihn fort. Sie war noch immer außer Atem von ihrem Lauf durch den Turm.
    »Bist du okee, Maddrax?«
    »Das weiß ich noch nicht. Hilf ihr mal!« Matt bugsierte Jenny unter das Fenster, den ausgestreckten Händen der Barbarin entgegen. Dann machte er sich erneut auf den Weg zum Erker.
    Die drei Gefährten trafen sich im selben Raum. Eigentlich waren es mehrere Räume, ineinander verschachtelt und verwinkelt; mit Mauerbögen, kleinen Treppen und einer Menge Unrat. Jemand hatte hier bis vor kurzem gehaust, kein Zweifel.
    Das Feuer im Kamin glomm noch. Jenny rannte suchend umher. Matt fragte Aruula im Vorbeigehen: »Was ist mit den Leuten vom Burgtor?«
    »Da war ein Schafstall. Ich habe sie dort eingesperrt. Die Frau ist wie eine Verrückte auf mich losgegangen – als würde eine fremde Macht ihren Geist beherrschen!«
    »Hmm-m!« Matt bückte sich nach der Fackel, die neben dem toten Schergenlag. Dabei streifte sein

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