1360 - Die Seuche namens Saladin
zurückholen. Oder zumindest den Teil, in dem er sich wohl gefühlt hat. Das kann Myxin und Kara, aber auch dem Eisernen Engel nicht egal sein.«
Bill, der ein Häppchen gegessen hatte und mit Wein nachspülte, nickte mir zu. »Ja, ich denke ebenso. Es kann ihnen nicht egal sein.«
»Und warum greifen sie dann nicht ein und verhindern es?«
»Frage nicht mich, John.«
Wütend winkte ich ab. »Inzwischen habe ich schon den Eindruck, dass sie sich ausgeklinkt haben. Sie wollen nicht mehr mitmachen. Sie ziehen es durch. Sie lassen die andere Seite schalten und walten wie sie will. Genau das verstehe ich nicht.«
»Da kann ich dir leider auch nicht helfen, John.« Bill stand auf.
»Trotzdem mache ich dir einen Vorschlag.«
»Danke.«
»Vergiss Myxin, Kara und den Eisernen Engel. Vorerst, meine ich.« Das sagte er, als er meinen verneinenden Blick sah. »Wir sollten uns um das kümmern, was Saladin gesagt hat.«
»Sehr gut, Bill. Und was hat er gesagt? Wenn du ehrlich bist, bestimmt nichts Konkretes. Er hat allgemein gesprochen. Damit kannst du nichts anfangen und ich auch nicht. Drohungen«, sprach ich in einer anderen Tonlage weiter, »kennt man genug. Davon können wir ganze Balladen aufsagen. Nein, mich ärgert es, dass wir nichts von den nächsten konkreten Plänen wissen.«
»Davon werden wir schon früh genug erfahren.«
»Ja, wenn es die ersten Opfer gegeben hat. Ohne dass Menschen sterben, werden diese Pläne nicht in die Tat umgesetzt. Das sage ich dir, obwohl ich sie noch gar nicht kenne.«
»Klar, du setzt auf deine Erfahrungen mit der anderen Seite.«
»Aber du würdest gern verhindern, dass aus der Vampirwelt ein neues Atlantis entsteht, nicht wahr?«
»Genau, das würde ich gern.«
Der Reporter lächelte mich an. »Lass sie doch, John. Lass sie einfach in Ruhe. Sieh es einfach mit anderen Augen an. Solange sie damit beschäftigt sind, ein neues Atlantis zu bauen, haben sie für andere Dinge keine Zeit. Wir könnten in Ruhe forschen…«
»In Ruhe? Dass ich nicht lache. Nein, nein, Ruhe werden wir niemals finden. Es gibt ja nicht nur sie, um die wir uns kümmern müssen. Andere mischen ebenfalls mit, wobei selbst unser alter Freund Asmodis in den Hintergrund getreten ist. Er scheint die andere Seite schalten und walten zu lassen.«
»Das ist eben seine Art, John. Hauptsache, es liegt irgendwie auf seiner Linie.«
»Klar. Das ist auch möglich. Ich streite zunächst generell nichts mehr ab. Aber eines versichere ich dir. Ich kann mich nicht daran erinnern, mich in der letzten Zeit so unwohl gefühlt zu haben. Dass die Karre in diese Richtung rollte, damit habe ich nicht gerechnet.«
Ich wies auf das Telefon. »Mich stört zudem, dass Saladin weiß, wo er mich finden kann. Auch jetzt wusste er Bescheid, aber ich schwöre dir eines. Van Akkeren ist erledigt worden, und für Saladin gibt es auch keine andere Lösung. Irgendwann kriege ich ihn.«
»Vorausgesetzt, es gibt ihn nicht noch mal.«
»Hör auf, Bill.«
Mein Freund kam zu mir und schlug mir auf die Schulter. »Setz dich, Alter. Es ist noch Wein da, und wenn wir die nächsten Flaschen öffnen, ist das auch nicht schlimm.«
»Du willst…«
»Ja, verdammt. Ich will mal wieder mit dir zusammen sitzen und den einen oder anderen Schluck trinken.«
Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Es war echt gemeint und nicht gespielt. Bill und ich waren alte Freunde. Wir hatten so manche Sause hinter uns. In der letzten Zeit allerdings nicht. Da war einfach keine Zeit für gewisse Dinge des privaten Lebens geblieben. Und die spontanen Feste sind immer die besten.
Als hätte Sheila etwas gehört, erschien sie im Büro. Nur hatte sie einen senfgelben Wollmantel übergestreift.
»He, du willst weg?«
Sie nickte ihrem Mann zu. »Ja, ich muss. Es hat einige Probleme gegeben.«
»Schlimme?«
Sheila winkte ab. »Nichts, was wir nicht lösen könnten.«
»Du schaffst das schon«, sagte Bill lächelnd und sprach dann ein anderes Thema an. »Übrigens, John hat sich gerade dazu entschlossen, noch etwas zu bleiben. Vielleicht sogar bis morgen.«
Ich wollte protestieren, aber Sheila kam mir zuvor. »He, das finde ich super. Das hatten wir lange nicht mehr.«
»Stimmt.«
»Würde mich freuen.« Sie lachte uns an. »Und viel Spaß bei eurer frauenlosen Sause.«
Sheila war nicht dumm. Sie wusste schon, wie solche Treffen zwischen uns ausgingen. Irgendwann kam die Müdigkeit, und dann hingen wir in den Seilen.
Als Sheila das Haus verlassen
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