1365 - Die Astrologen von Hangay
auch die Nächte zuvor geträumt, aber es waren alles nebulose Träume, vielleicht von schwerwiegendem Inhalt, aber nicht faßbar und nicht zufriedenstellend zu deuten gewesen. „Vorträume" hatte der Attavenno sie genannt, weil er überzeugt war, daß sie die Vorboten von gewichtigen Wahrträumen waren.
Und nun schien es endlich soweit zu sein. „Was für Träume waren es?" erkundigte sich Rhodan. „Es war nur ein Traum. Der Traum!" sagte Beodu in der Überzeugung, daß Rhodan wisse, von welchem Traum er sprach. Und Rhodan wußte es. „War es eine bloße Wiederholung des Traumes, oder hat sich diesmal etwas daran verändert?" fragte Rhodan. „Woher weißt du das?" wunderte sich Beodu. Nachdem Rhodan ihm versicherte, daß er nur geraten hatte, schien Beodu erleichtert und fuhr fort: „Die Szenerie war wieder dieselbe. Und die beiden Wesen waren dieselben. Ein Juatafu und ein Benguel.
Da bin ich absolut sicher. Und ich schwebe über ihnen, schwebe auf sie hinab und töte sie. Am Ablauf hat sich nichts geändert, und es ist auch gleichgeblieben, daß ich, nachdem ich die beiden Opfer getötet habe, irgendwie Erleichterung empfinde, so als hätte ich mich eines wichtigen Auftrags entledigt."
„Was ist dann überhaupt anders als bei den vorangegangenen Träumen?"
„Ich bin gar nicht der Töter!" rief Beodu glücklich. „Ich bin nur ein Zuschauer. Mein Geist schlüpft in die Haut eines anderen, ich sehe das Geschehen mit seinen Augen und erkenne, daß dieser andere die Tat begeht. Und es ist auch der Fremde, der das Gefühl der Erleichterung und des Glücks auf mich überträgt.
Kannst du dir vorstellen, wie erleichtert ich nach dem Aufwachen war? Ich habe nichts mit diesem Doppelmord zu tun!"
„Und hast du erkannt, wer der Täter war?"
„Ein Fremder, ein Unbekannter!" platzte Beodu heraus; es kam ein wenig zu schnell aus seinem Rüssel. „Ich kann ihn nicht einmal beschreiben, aber ich weiß, daß es sich um ein mir völlig fremdes Wesen handelt."
„Ist das wahr?" fragte Rhodan. „Warum sollte ich lügen?" fragte Beodu zurück. „Nun, vielleicht hast du den Täter doch erkannt, oder er ist dir bekannt vorgekommen, und du scheust dich nur, ihn zu nennen. Ist es so, Beodu?"
Der Attavenno wirkte jetzt niedergeschlagen. „So war es nur für einen kurzen, unbedeutenden Moment", sagte er dann. „Ich kann mich auch getäuscht haben - und überhaupt, wie ich schon sagte, war das vertraute Gesicht nur eine Momenterscheinung."
„Und wen hast du gesehen?"
„Ich kann mich getäuscht haben", wollte Beodu wieder ausweichen. „Und die Traumsituation ist sofort umgekippt - ich war tatsächlich in der Haut eines Fremden."
„Wer war der Täter, Beodu?"
„Ich ... ich habe mir eingebildet, dich zu sehen. Aber wirklich nur für den Bruchteil eines Gedankens.
Dann hat dich ein anderer verdrängt. So war es wirklich, Perry. Das mußt du mir glauben!"
„Beruhige dich wieder, Beodu", redete Rhodan dem Attavenno zu. „Ich glaube dir ja. Du kannst dich wieder freuen, wenn ein Fremder dich und mich verdrängt hat. Vergiß es."
Rhodan schaffte es, Beodu wieder zu beruhigen und ihn seine ursprüngliche Fröhlichkeit zurückgewinnen zu lassen.
Er selbst war aber doch nachdenklich geworden, und er fragte sich ernsthaft, was man von Beodus Träumen halten konnte und inwieweit sie tatsächlich zukünftige Ereignisse vorwegnehmen konnten.
In diesem Zusammenhang fielen ihm wieder die Geschehnisse auf Ylon ein, dem zweiten Mond des Planeten Nuru im Anklam-System. Dort hatten ihn die Hauri mit psionischen Mitteln zu beeinflussen versucht, ihn auf diese Weise zu einem überzeugten Propheten des Hexameron machen wollen. Er hatte dieser Bewußtseinsformung widerstanden - aber hatten die Hauri nicht vielleicht auch sein Unterbewußtsein unter Druck gesetzt und damit mehr Erfolg gehabt?
Vielleicht war er zu einem ihrer Agenten geworden, ohne daß er es wußte, zu einem potentiellen Benguel-Mörder, der nur eines entsprechenden Impulses bedurfte, um dem Befehl zum vorbestimmten Amoklauf zu gehorchen.
Beodus Traum hatte Rhodan jedenfalls verunsichert.
Rhodan hatte Beodu zu Eserfim geschickt.
Eserfim war zwar der einzige Benguel, mit dem sich Rhodan vernünftig unterhalten konnte, aber Eserfim war auch der einzige Benguel, der sich verdächtig machte.
Rhodan und Beodu hatten ihn abwechselnd beobachtet, wie er sich verstohlen in den umgebauten Gebäudetrakt schlich, aber danach gefragt, was ihn dorthin ziehe, hatte er
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