1366 - Die Freiheit des Bewußtseins
auch nicht vorauszusehen. Und das Archiv der Porleyter, das Barkon aufsuchen wollte? Die für ihn verbotene Zone?
Ist es das, wo wir sind?"
Die Echse Testare stieß einen grunzenden Seufzer aus. „Fragen über Fragen, Ernst. Die bringen uns auch nicht weiter. Und Antworten bekommen wir nur dann, wenn wir uns umsehen. Hast du schon mal versucht, deinen Gastkörper zu verlassen?"
„Es geht nicht. Da muß eine Art Sperre sein. Vorerst also sind wir Gefangene. Da war mir der Virenkörper fast noch lieber, der fiel nicht so auf."
„Und hier fallen vielleicht Echsen nicht so auf", versuchte es der Cappin mit einem vagen Trost. „Machen wir uns auf die Suche nach einem Hinweis. An das Dämmerlicht haben wir uns nun gewöhnt."
Ernst kam gut mit dem Echsenkörper zurecht. Er hatte in seinem langen Leben schon unzählige fremde Körper übernehmen müssen, auch die von Echsen. Oft war es schwierig gewesen, andere ebenfalls intelligente Bewußtseine zu verdrängen oder gar völlig zu übernehmen.
Das war diesmal nicht der Fall. Die Echse, in die er rätselhafterweise geraten war, besaß nicht die Spur eines eigenen Bewußtseins. Der Körper gehorchte willig jeder Anordnung. Wahrscheinlich hätte sie sich widerstandslos selbst vernichtet, wenn Ellert es ihr befohlen hätte.
Sie gingen aufrecht und erkundeten mehrere Gänge und breitere Korridore. Mehrmals gelangten sie in größere Räume, die nichts von ihrem Zweck verrieten. Dann aber wurden sie fündig, wenn sie auch nichts damit anzufangen wußten.
Der Raum, in den der Nebengang mündete, war nicht so leer wie die anderen. Lediglich der türlose Eingang war frei, ansonsten verdeckten bis an die Decke reichende stählerne und an Tresore erinnernde Ungetüme die Wände. Ritzen ließen Türen mit elektronischen Schlössern vermuten, vielleicht beruhten ihre Funktionen aber auch auf einer anderen technischen Basis. „Wie in der Bank von Terrania", spottete Ellert verärgert. „Ob hier das von Barkon gesuchte Archiv ist?"
„Vielleicht, aber ich hätte es mir anders vorgestellt. Für ein Archiv, das wahrhaft kosmische Geheimnisse enthält, scheint mir dies hier zu primitiv zu sein. Die Tresore ließen sich schon mit einem Handstrahler öffnen und ..."
„... und ihr Inhalt wäre vernichtet. Du hast recht. Wir werden weitersuchen müssen."
„Noch etwas, Testare: Wir folgten Barkon, und er ist es, den wir finden müssen. Wir wissen ja nicht einmal, wo wir sind. Barkon erwähnte etwas von einer >Zone<. Ob nur für ihn verboten oder generell verboten - das ist die Frage."
Die Beleuchtung veränderte sich nicht. Sie blieb gleichmäßig schwach, aber die Augen der Echsen hatten sich schnell daran gewöhnt, außerdem schienen sie besonders lichtempfindlich zu sein. Da sie keinerlei Waffen besaßen, wenn man von ihren scharfen Krallenhänden absah, blieben sie dicht beisammen, um sich im Fall eines Angriffs gegenseitig beistehen zu können.
Es wurde ihnen bald klar, daß sie sich in einem gigantischen System von endlosen Korridoren, Tunneln und Gängen befanden, die meist leere Räume miteinander verbanden. Wie tief dieses Labyrinth unter der Oberfläche der unbekannten Welt lag, vermochten sie nicht abzuschätzen, da es keinerlei Hinweis gab. „Es muß viel Zeit vergangen sein, seit Barkon hier anlangte", sagte Ellert. „Viele Monate sind es her, seit du mich befreitest. Vielleicht ist Barkon schon lange wieder unterwegs. Dann werden wir seine Spur endgültig verloren haben."
„Oder auch nicht. Er war hier, das steht fest, und vielleicht ist er noch immer hier. Irgendwo hier unten oder oben."
„Oben? Was ist oben? Wenn wir einen Weg hinauf fänden, kämen wir ein Stück weiter. Aber die Echsenkörper sind lästig. Wären wir sie nur schon wieder los."
Außer ihren Schritten herrschte in dem Labyrinth absolute Stille. Kein Geräusch war zu vernehmen.
Selbst in der riesigen Halle, die sie gerade betraten, war es ruhig wie in einem Grab.
Die Halle unterschied sich von den anderen, die sie gesehen hatten. Sie war angefüllt mit Metallblöcken unterschiedlichen Aussehens, langen Kontrollanlagen und toten Bildschirmen, die aussahen wie dunkle Löcher in den Felswänden.
Die gesamte Anlage mußte schon seit langem stillgelegt worden sein, auch wenn kein einziges Staubkorn auf den schimmernden Flächen zu erkennen war. „Ein Kontrollzentrum?" flüsterte Testare unwillkürlich. „Wer weiß?"
Und dann hauchte Testare fast unhörbar: „Pst!"
Ellert wagte kaum zu
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