1367 - Brennpunkt Pinwheel
hatte aber nicht desaktiviert werden dürfen, denn die Rückführung eines komplizierten und empfindlichen „tierischen" Organismus aus dem Unterkühlungs-Tiefschlaf in normale Lebensfunktionen erforderte nun einmal trotz modernster technischer und medizinischer Hilfsmittel eine bestimmte Menge Energie und Zeit. Andernfalls waren irreversible Schädigungen vor allem des Zentralnervensystems nicht zu vermeiden.
Der Kamashite rechnete sich dennoch eine gute Chance aus, unbemerkt zu bleiben, denn erstens drang nur ein Bruchteil der Emissionen des Überlebenstanks bis zum Weltraum vor und zweitens lag die große Masse des Planeten noch für fast eine ganze Stunde zwischen dem Landeplatz der BANSHEE und den anfliegenden Schiffen der Hauri.
Tovari Lokoshan atmete auf, als die Außenmikrophone seines SERUNS ihm ein immer stärker abklingendes Gurgeln der Wassermassen vermittelten. Anscheinend war der Flutungsvorgang so gut wie abgeschlossen.
Er stemmte sich hoch, um sich von dem auf ihm lastenden Pflanzenmaterial zu befreien. Aber es gelang ihm erst, als David zu ihm kam und ihn mit seinen robotischen Kräften unterstützte. „Danke!" sagte Tovari über die auf geringste Reichweite geschaltete Helmfunkverbindung. „Dann wollen wir uns mal die Kontrollen des Tanks ansehen."
Der Roboter nahm ihn kurzerhand auf die Arme und trug ihn zum Überlebenstank, obwohl der Kamashite durchaus hätte hinschwimmen können.
Das ins Schiff eingedrungene Wasser war noch trübe von mitgeführten Schwebeteilchen, so daß Tovari ziemlich dicht an die Kontrollanzeigen herangehen mußte, um etwas zu erkennen.
Aufatmend stellte er fest, daß die letzte Auftau und Erweckungsphase angebrochen war. Für sie würde erheblich weniger Energie benötigt als für die Anlauf und Steigerungsphase. Dazu würde die in den Speichern des Tanks enthaltene Energie genügen, so daß der Tank von der bordeigenen Energieversorgung abgekoppelt werden konnte.
Das verminderte die Ortungsgefahr weiter bis auf eine Ebene, auf der die Hauri nur durch das Zusammenwirken mehrerer besonderer Umstände diese schwache Emissionsquelle aus dem Weltraum zu orten vermochten. „Wir müssen den Tank hinausbringen, David!" sagte der Kamashite.
Sie lösten die Verzurrungen, was wiederum sehr mühsam war, weil sie kein energetisches Schneidwerkzeug dazu einsetzen durften. Ohne die tatkräftige Hilfe des physisch haushoch überlegenen Roboters hätte Tovari diese Arbeit niemals geschafft.
Anschließend bugsierten sie den Überlebenstank durch die Öffnung, die eine Explosion in die Außenwandung des Lagerraums gerissen hatte. Das ging relativ leicht, weil der Tank wegen seiner luftgefüllten Hohlräume einen statischen Auftrieb besaß, der die Gewichtskraft des Objekts geringfügig überstieg. Dadurch schwebte der Tank nicht nur, sondern stieg sehr langsam nach oben. Wenn David mit seinem Gewicht den Überschuß des Auftriebs nicht hätte ausgleichen können, hätte der Tank bald an der Decke des Lagerraums festgehangen.
Außerhalb des Schiffes schalteten der Roboter und Tovari ihre starken Helmscheinwerfer ein und sahen sich um.
Die Lichtkegel enthüllten eine nicht gerade vielversprechende Umgebung. Das Wrack der BANSHEE hatte die Insel Raft durch sein ungleichmäßig verteiltes Gewicht und durch die von den eindringenden Wassermassen hervorgerufenen Schaukelbewegungen zerdrückt und war auf den Grund des Sumpfmeers gesunken. Die zerrissenen Pflanzenmassen hatten sich über dem Schiff danach wieder zusammengeschoben, so daß Tovari und David eine schwimmende Insel von rund 250 Quadratkilometern über sich hatten, die durchschnittlich 15 Meter dick war und mit physischer Kraft nicht durchstoßen werden konnte. „Es hilft nichts, wir müssen zum Rand von Raft und durch den Spalt zwischen ihr und der benachbarten Insel nach oben", stellte Tovari Lokoshan fest. „Hilda, kannst du etwas von den Hauri-Schiffen orten?
Aber nur Passiv-Ortung einsetzen!"
„Wofür hältst du mich, Shaggy?" entgegnete die SERUN-Positronik in gekränktem Tonfall. „Nein, ich kann sie nicht orten."
„Gut, dann sag mir, in welche Richtung wir schwimmen müssen, um am wenigsten Zeit zu verbrauchen!"
„Nach Osten", antwortete Hilda. „Dort ist der Rand von Raft nur knapp fünf Kilometer entfernt."
„Immer noch mehr als genug", meinte der Kamashite, dem die bisherigen Anstrengungen schon gereicht hatten. „Wir riskieren es, die Pulsationstriebwerke unserer Aggregatepacks zu
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